Sicherlich, der Mensch ist ein Herdentier und schon immer neigte der Mensch dazu, seine eigene Herde zu bevorzugen.
Wenn mein Mann also meint, dass er sich über die Goldmedaille von Lena Schöneborn mehr freut, weil er schon mal mit ihr während eines Schwimmwettkampfes ein paar Worte gewechselt hat, dann kann ich das schon irgendwie nachvollziehen. Mitglied der Herde! Meine Herde! Mein Verdienst!
Bei Meldungen aber wie “Vier Deutsche unter den Lawinenopfern” oder “auch eine deutsche Familie kam beim Flugzeugabsturz in Madrid um’s Leben” kocht mir die Galle hoch. Das ist mir dann doch eindeutig zuviel Herdentrieb. Außerdem ist es menschenverachtend. Die nichtdeutschen Opfer sind also einer Story nicht wert, wie?
Dann diese Heuchelei gegenüber den Angehörigen der deutschen Opfer… Nach so einem Unglück stürzen sich die Leute wie die Aasgeier auf Familie, Nachbarn, Arbeitskollegen, auf irgendjemanden, der ein paar Worte der Bestürzung in die Kamera sagt. Aber das geht mich doch gar nichts an! Ich will nicht die Familie in ihrer Trauer anglotzen oder wertlose sinnentleerte Phrasen der Anteilnahme von mir geben.
Aber der “Explosiv” oder der “Brisant” oder “was auch immer”-Gucker will das leider sehen. Neben dem Herdentrieb ist dummerweise auch der Voyeurismus tief in unserer Spezies verankert. Ich fürchte, es ist zuviel verlangt, dass der Mensch diese Triebe überwindet. Obwohl es immerhin im Großen und Ganzen verpönt ist, die Angehörigen anderer Herden als der deutschen als dumm und minderwertig anzusehen oder ihnen gar einfach so den Schädel einzuschlagen. Vielleicht sollte ich mich bereits an kleinen Fortschritten erfreuen.
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