Eigentlich wollte ich zunächst die neuen Bilder von MIRIAM einstellen. Als ich anfing drüber zu schreiben, merkte ich, dass ich eigentlich zunächst was ganz anderes erzählen wollte. Denn die Schwierigkeiten dieses Testballons unterstreichen mal wieder, was mir mal ein befreundeter Raumfahrt-Ingenieur gesagt hat:
Mechanisch bewegliche Teile an Bord einer Raumsonde sind die fehleranfälligsten.
Ihr erinnert Euch doch noch hoffentlich an die Marssonde Phoenix? Die Klappen zu einem der Öfen ließen sich nicht bzw. nur unter Schwierigkeiten öffnen. Bei Voyager 1 und 2, sicherlich einem der größten Erfolge der Raumfahrt, klemmte sich irgendwann im Laufe der Zeit die Scan-Plattform fest. Diese ließ sich in drei Richtungen drehen, um die wissenschaftlichen Instrumente unabhängig von den technischen Anforderungen des Versorgungsmodul ausrichten zu können. Das Problem konnte zumindest in einem Fall zufriedenstellend gelöst werden, aber es waren schon keine einfachen Situationen.
Bei Mars Express haben wir das Problem nicht. Da sind die Instrumente und alles andere fest an der Raumsonde montiert. Das bedeutet aber wiederum, die wissenschaftlichen Beobachtungen kommen den Erfordernissen von so grundlegenden Dingen in die Quere wie Funkkontakt zur Erde für die Datentransmission und Stromversorgung. D.h. die Rahmenbedingungen für die Ausrichtung der Solarzellen müssen möglichst immer gewährleistet sein, was natürlich davon abhängt, wo gerade die Sonde im Bezug zur Sonne steht. Dazu kloppen sich die Instrumente untereinander um Beobachtungen. Denn die einzelnen Gruppen brauchen unterschiedliche und teilweise sich gegenseitig ausschließende Ausrichtungen der Raumsonde, um überhaupt etwas sehen zu können.
Als wir z.B. den Marsmond Phobos bei einem nahen Vorbeiflug gewogen haben, konnte die HRSC-Kamera nichts sehen – und umgekehrt. Als HRSC die schönen Bilder von Phobos machte, mussten wir hintenan stehen und konnten nicht messen. Die Kamera muss natürlich zum Mond zeigen, während wir den direkten Funkkontakt zur Erde brauchen. Dazu muss aber die Hochgewinn-Antenne zur Erde gedreht werden.(1) Es schließt sich leider, leider gegenseitig aus.
Das ist dann der Nachteil, wenn man auf eine bewegliche Scanplattform verzichtet. Man kann nicht alles haben.
Ein richtig herbes Beispiel für einen Totalausfall aufgrund eines mechanischen Defektes hatten wir leider an Bord der Raumsonde Venus Express. Das Instrument PFS hatte einen sich drehenden Spiegel an Bord, um abwechselnd Licht von der Venus und einem Kalibrierungskörper aufnehmen zu können. Dummerweise klemmt der Spiegel bis zum heutigen Tag in der Startkonfiguration fest. PFS kann nur ins Innere, zum Kalibrierungskörper, blicken. Das Instrument hat damit leider nur einen einzigen wissenschaftlichen Beitrag geleistet: Ein Schwarzkörper ist auch im Venusorbit ein Schwarzkörper.
Herb, oder? Jahre lang haben die Italiener auf dieses Ziel hin gearbeitet, getestet, geworben, gemacht und getan – und dann klemmt der blöde Spiegel fest. Arrgh.
Vorherige Artikel zu dem Thema:
MIRIAM: Der Ballon aus dem Weltall
MIRIAMs Schicksal ist geklärt.
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(1) Wer meint, Wissenschaftler seien leidenschaftslose, total rationale Wesen, sollte sich mal in so eine Diskussion reinsetzen, wo die einzelnen Teams untereinander um Beobachtungszeit feilschen.
Eine Kollegin und ich saßen da schon mal und wir mussten unseren Chef vertreten. Leute, es gibt Aufgaben, da schiebt man liebend gerne seinen Chef vor und sucht selbst möglichst das Weite.
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