Das hier ist ein Weihnachtsbeitrag gewünscht von GeMa, der das letzte Bildrätsel gelöst hat. Gewünscht war: Venus Express, Venus, Treibhauseffekt.
Also die Venus:
Es handelt sich um einen Planeten, der annähernd so groß und so schwer ist wie die Erde, aber etwas näher dran an der Sonne ist (0,72 AE Entfernung). Damit war es das aber auch mit den Ähnlichkeiten.
Die Venus hat kein ausgedehntes Magnetfeld wie die Erde. Die Erde ist übrigens der bislang einzige bekannte Felsenplanet, der ein solches ausgedehntes Feld sein eigen nennt. Die Venus rotiert falsch herum, um ihre eigene Achse. Der Drehsinn ist genau anders herum zum Drehsinn, mit dem der Planet und alle anderen Planeten um die Sonne kreisen. Venus rotiert zudem extrem langsam. Er braucht 243 Erdtage für eine einzige komplette Drehung – gesehen von einem Fixstern aus (die sogenannte siderische Rotation). Da aber die Venus – wie eben beschrieben – falsch herum rotiert, geht die Sonne auf der Venus einmal alle 116,75 Tage auf bzw.unter. Ein Venusjahr dauert kaum länger 224,7 Erdtage.
Das Bemerkenswerteste an der Venus ist ihre Atmosphäre. So sieht sie von Nahem für das menschliche Auge aus:
Bild (NASA): Mariner 10.
Von außen gesehen, ist die Venus ein auf ewig dicht mit Wolken aus Schwefelsäure verhangener Planet. Unten auf der Oberfläche ist es demnach – selbst wenn die Sonne scheint – ziemlich duster. Nie blinkt mal ein Stern durch.
Die Luft selbst ist extrem dicht. 92 bar beträgt der Luftdruck am Boden. Das entspricht dem Druck in 900 m Wassertiefe. Die Atmosphäre der Venus ist so dick, man könnte fast von einem globalen Ozean bestehend aus Gas sprechen. Landesonden brauchen deswegen auch keinen Fallschirm. Stattdessen müssen diese Sonden sehr robust sein, damit sie nicht wie leere Dosen beim Absinken zerquetscht werden. Es hat einige Anläufe gebraucht, bis man feststellte, dass nur Panzer heil am Venusboden ankommen.
Die Atmosphäre besteht überwiegend aus CO2 (96,5%), Stickstoff (3,5%) und Spurenelementen. Interessant ist folgendes: Obschon Stickstoff an der Venusatmosphäre einen geringen Anteil hat, vergleicht man die reine Menge des Stickstoffes mit der Menge in der Erdatmosphäre, dann stellt man fest, dass die Venus etwa über 4-5 mal soviel Stickstoff verfügt. Rein von der Menge her. Wasser ist hier dagegen sehr selten. Behaltet das im Hinterkopf, denn das scheint der Schlüssel zu der Vergangenheit der Venus zu sein.
Tja und CO2 ist ein Treibhausgas und die Venus demnach auch ein riesiges Treibhaus. Das führt zur aberwitzigen Situation, dass die Venus und nicht der sonnennächste Planet Merkur, der heißeste Planet in unserem Sonnensystem ist. Es ist so heiß dort unten, dass Blei schmelzen würde.
Diese Tatsache ignorieren einige hartgesottene Klimaleugner und behaupten ganz unverfroren, dass der Treibhauseffekt ein “Irrtum der Wissenschaft” sei. Leider bleiben diese Leute eine Antwort darauf schuldig, wie man denn bitte einen ausgewachsenen Planeten wegdiskutieren kann.
Daran sieht man schon: Von der Venus lernen, heißt für die Erde lernen. Für das Studium des Treibhauseffekts gibt es kaum eine idealere Spielwiese als die Venus. Wir haben hier einen Planet mit leicht unterschiedlichen Anfangsbedingungen und doch hat er sich völlig anders entwickelt und ist so lebensfeindlich, wie ein Planet nur sein kann.
Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen?
Es hängt alles davon ab, wie viel Wasser die Venus mit bekommen hat und wie stark die Sonnenstrahlung in der Frühzeit der Venus war. James Kastings vermutet, dass es zu einem “run-away greenhouse effect” gekommen ist:
Anfänglich sah die Atmosphäre ähnlich aus wie die Erde und warum sollten die Mechanismen, die auf der Erde und vermutlich auch auf dem Mars zur Ausbildung eines Wasserozeans führten, nicht auch hier aufgetreten sein?
Da die junge Venus der Sonne näher war als die Erde, war der Treibhauseffekt hier ein wenig stärker als auf der Erde. Dabei überschritt das Klima “einen Punkt ohne Wiederkehr”, der das Ganze zum Kippen brachte: Die Ozeane verdampften komplett und neben den schon vorhandenen Treibhausgasen kam jetzt jede Menge Wasserdampf dazu, was das Treibhaus zusätzlich immens aufheizte. Aus einem moderaten Planeten, der grundsätzlich bereit gewesen wäre, Leben zu beherbergen, wurde ein riesiger Backofen.
Schade drum!
Das ist übrigens auch das, was Jim Hansen wohl befürchtet: Dass unser Erdklima möglicherweise ebenfalls diesen “Punkt ohne Wiederkehr” überschreiten könnte. Denn was auf der Venus passiert ist, könnte grundsätzlich auch auf der Erde passieren. Die Chemie und Physik dahinter sind ja hüben und drüben dieselben.
Aber zurück zur Venus.
Wo ist das ganze Wasser eigentlich abgeblieben?
Hatten wir zu Anfang nicht festgestellt, dass Wasser auf der Venus Mangelware ist?
Hier kommt jetzt Venus Express ins Spiel. Denn passenderweise gibt es brandneue Ergebnisse genau dazu, die eine Erklärung weiter untermauern.
Die Kollegen des Magnetometers MAG “sahen” zum ersten Mal, dass Wasserstoff von der Tagseite des Planeten vom Sonnenwind weggerissen wird. Kollegen von ASPERA, auch ein Venus-Express-Instrument, “sahen” letztes Jahr , dass auf der Nachtseite des Planeten Wasserstoff und Sauerstoff verloren geht. Und zwar doppelt soviel Wasserstoff wie Sauerstoff. Und welche chemische Verbindung besteht aus zwei Teilen Wasserstoff und Sauerstoff? H2O natürlich! Wasser zerlegt es durch photochemische Prozesse in der Oberfläche und da es kein Magnetfeld gibt, dass die äußere Lufthülle schützt, reißt der anströmende Sonnenwind diese Moleküle auf Nimmerwiedersehen mit sich. Ziemlich ähnlich wie wir das auch auf dem Mars beobachten. Fehlendes Magnetfeld + anströmender Sonnenwind = Wasserdampf, der sich in der Luft befindet wird vom Sonnenwind verweht. Da es auf dem Boden zu heiß für Wasser ist, kann sich das Wasser nur als Wasserdampf in der Atmosphäre verteilt habe. Warte ein paar Milliarden Jahre ab und voila: Das Wasser ist bis auf ein paar Rest verschwunden.
(Im ESA-Artikel gibt es übrigens eine schöne Animation zu dem Thema: Where did Venus water go?)
Und diese Reste gilt es zu erforschen. Nach den neusten Ergebnissen von MAG sieht es nämlich so aus, als ob mindestens doppelt soviel Wasser in der Venusluft vorhanden ist, als bisher angenommen wurde. Dadurch lassen sich aber auch Rückschlüsse darauf ziehen, wieviel Wasser die Venus viel früher besaß. Nämlich mehr als bisher gedacht. Oder die Verlustprozesse sind effektiver als gedacht oder, oder, oder.
Aber immer langsam mit den jungen Pferden 😉
Zunächst müssen die Wissenschaftler um MAG verifizieren, dass neben dem Wasserstoff auch etwa halb soviel Sauerstoff die Venusatmosphäre auf der Tagseite verlässt. Dieser Nachweis ist bislang noch nicht gelungen. Und erst dann kann man einer eindeutigen Wassersignatur sprechen.
Es bleibt also noch einiges zu tun auf der Venus.
————-
Ähnliche Artikel:
Erste Ergebnisse von Venus Express bei Nature
Wie ist das Wetter auf der Venus (1)
Wie ist das Wetter auf der Venus (2)
Kommentare (19)