So, ist die Sperrfrist nun endlich vorbei? Darf ich jetzt endlich auch offiziell zu der neuen CoRoT-Entdeckung sagen?
*Test**Test* 😉
Ihr habt es wohl schon alle mitgekriegt, das französische Weltraumteleskop CoRoT hat im Sternbild Einhorn einen terrestrischen Planeten entdeckt. Also einen Planeten, der in etwa Masse und Größe der Erde hat. CoRoT-Exo-7b hat einen Radius von 1,75 Erdradien und 6fache Erdmasse.
Damit kriegt man eine Dichte raus, die knapp über der der Erde liegt.
Lässt sich einfach ausrechnen:
Dichte=Masse/Volumen.
Volumen einer Kugel: 4/3 Pi Radius hoch 3.
Dichte Exo-7b/Dichte Erde: 6/(1,75*1,75*1,75) = 1.12 Erddichte.
Voilá: Ihr habt gerade bestätigt, dass es sich bei dem Objekt um einen felsigen Körper handeln muss. Gasplaneten und Sterne weisen eine deutlich kleinere Dichte auf. Jupiter hat eine mittlere Dichte von 0,24 der Erddichte und die Sonne von 0,255 der Erddichte. Da bleibt nur noch ein kompakt felsiges Objekt.
Bild (Darstellung: Klaudia Einhorn, Venustransit: Martin Sloboda, Verein Kuffner-Sternwarte. ): Rechts der Venustransit vom 8. Juni 2004, links eine maßstabsgetreue Darstellung des Durchgangs von CoRoT-Exo-7b wie er einem Astronauten im System erscheinen würde. Es ist ungefähr so, als würde man aus der Ferne eine Fliege nachweisen, die vor einem Flutscheinwerfer vorbeifliegt 😉
Bild (Thüringer Landesstenwarte): Find Exo-7b! Suchkarte für CoRoT-Exo-7b (im Kreis) für Deutschland und gegen Mitternacht im Februar. Sirius ist schon aufgegegangen und das Sternbild Einhorn in dem sich der Stern und die neuentdeckten Planeten befinden ist dann leicht zwischen großem Hund und Orion zu finden. Exo-7 liegt etwa auf halbem Weg von Sirius zu Beteigeuze, dem roten Riesen im Orion.
Bevor jemand nach Leben fragt. Vergesst es! Der Planet umkreist den Stern alle 21 Stunden. Ein Exo-7b-Jahr ist tatsächlich kürzer als ein Erdtag. Damit sollte klar sein, Exo-7b ist sogar zu heiß für ein planetares Grillfest. Es sei denn Ihr steht auf Kohlebriketts und Parties in strahlungssicheren Panzerungen. Das ist übrigens Rekord. Noch nie hat man einen Planeten gefunden, der so dicht dran war an seinem Stern. Weswegen wir auch lange Zeit fürchteten, dass es sich um einen Fehlalarm handeln könnte.
Die Kollegen aus Tautenburg haben eine sehr schöne Seite mit vielen schönen Bildern und Animationen aufgebaut: CoRoT-Exo-7b.
Das mit dem Radius ist übrigens ein extrem wichtiger Punkt. Denn auch wenn andere Gruppen schon Planeten entdeckt haben, deren Massen auch in dem Bereich liegen, so ist das der allererste kleine Planet, vom dem wir jetzt auch den Durchmesser haben.
Das liegt an der Detektionsmethode:
Bei der Transitmethode “sieht” man, wie der Planet vor dem Stern vorbeizieht und ihn verdeckt. Wenn man weiß, wie groß der Stern ist, weiß man auch wie groß der Planet ist. (1) Die Masse allerdings muss mit einer andere Methode bestimmt werden, der so genannten Radialgeschwindigkeitsmethode.
Zu dieser Methode habe ich hier schon etwas ausführlicher was geschrieben. Kurz gefasst. In Wahrheit kreist nicht der Planet um den Stern, sondern der Planet und der Stern um einen gemeinsamen Schwerpunkt, der zwar im Inneren des Sterns liegt, aber nicht genau auf der Drehachse. Von uns gesehen sieht das so aus, als ob die Sonne rumeiert. Diese Eierbewegung kann man vom Boden aus mit Teleskopen messen. Daraus kriegt man dann raus wie stark der Planet über die Gravitation an dem Stern “zieht”. Damit lässt sich letztendlich auch die Masse berechnen und erst dann kann man sich wirklich festlegen, dass es ein Planet sein muss.
Erst die Kombination aus beiden Messungen bringt Gewissheit. (2)
Im Falle von CoRoT-Exo-7b dauerte der Bestätigungsprozess insgesamt 422 Tage. Zwischenzeitlich war das Signal sogar mal für zwei Wochen veworfen worden. Ich muss es wissen, denn CoRoT-Exo-7b wurde in dem Zeitraum beobachtet, für den ich Detektionskoordinator bin 😉
CoRoT befindet sich in einem polaren 900 km hohen Erdorbit und schaut sich ein halbes Jahr ein Feld Richtung des galaktischen Zentrums an (Frühling/Sommer), dann dreht es sich und schaut entgegengesetzt (Herbst/Winter). CoRoT muss wenden, denn sonst schiebt sich die Sonne ins Bild und das wäre ja mal sehr kontraproduktiv 😉 Das kann man anhand der Animation auf dieser Seite sehen.
Die Daten werden für jeden Halbjahres-Run gesammelt und dann die Detektionteams rausgegeben. Damit haben wir uns in Köln im letzten Jahr sehr intensiv betätigt. Wir sieben ein paar tausend Lichtkurven, d.h. die Aufzeichung der Helligkeitsschwankungen der Sterne, nach Signalen durch, wie sie für Planetentransits aber auch für Binärsterntransits typisch ist.
Und dann fängt die eigentliche Arbeit an: Jede Gruppe erstellt eine Liste mit möglichen Kandidaten und schreibt dazu, was an diesem Kandidaten gut oder schlecht ist. Typischerweise kriegen wir um die 100 Kandidaten raus. Tja und dann hat sich gezeigt, führt kein Weg daran vorbei diese Kandidaten einzeln durchzugehen und zu besprechen. Ist die Tiefe des Signals zu tief, sieht man eventuell nicht einen Transit sondern sogar zwei mit unterschiedlichen Tiefen? Dann ist das ein untrügliches Zeichen für ein Binärsternsystem, indem sich die Sterne gegenseitig verdecken.
Wie sieht es mit der Form des Signals aus? Ist es schön U-förmig, wie oben in der Animation? Oder eher V-förmig? Letzteres spräche wieder eher für einen kleinen Stern. Ist das Signal überhaupt real? Gerade bei sehr kleinen Signalen, die natürlich besonders interessant sind, ist es wichtig auszuschließen, dass man sich kein Störsignal einfängt. Meine Aufgabe bestand darin, diese Angaben zusammenzufassen dem Beobchterkoordinator bei Bedarf Rede und Antwort zu stehen, bei Unstimmigkeiten noch mal das Signal im Detail auszuwerten und viele schöne Plots zu erzeugen 😉
CoRoT-Exo-7b wurde z.B. 2 Wochen lang für ein Störsignal gehalten, weil sich das Signal am Anfang und zum Ende des Beobachtungszeitraums zu verändern schien. Ein Planet würde das natürlich nicht tun. Es stellt sich aber hinterher heraus, dass Streulicht von der Erde diesen Effekt hervorrief.
Dann erst ging das Signal an die Erdbeobachter. Zunächst geht es z.B. zu den kanarischen Inseln. Dort gibt es ein “kleines” Teleskop das nachsieht, dass das Signal auch wirklich zu dem Stern gehört, dem wir es zuschreiben. Nicht dass es sich in Wahrheit um ein Binärstern-System links dahinter handelt, dessen Signale in die Lichtkurve eines anderen Sterns “lecken”.
Dann ging das Signal z.B. an die Thüringer Landessternwarte, die Messungen mit relativ grobem Raster vornehmen. Dadurch können sie meist kleine Sterne ausschließen.
Erst dann ging das Signal nach weiteren Siebmethoden an die großen Teleskope, um die jede Menge Gruppen konkurrieren. Da kann und darf man nicht die Zeit mit “Müll” verschwenden.
Deswegen dauerte es so lange dieses Objekt dingfest zu machen.
——————-
(1) Das mit der Größe und Masse von Sternen haben Astronomen in den letzten Jahrzehnten ziemlich gut festgeklopft.
Das hat sich herauskristallisiert im Wechselspiel zwischen Simulationen, die auf physikalischen Gesetzmäßgikeiten basieren (Fusionsreaktionen, Strahlungsdruck, Konvektion etc. pp) und Messungen, mit denen man wieder die Simulationen vergleicht bzw. gegebenenfalls korrigiert. Z.B. kann man Sterne in einem engen Doppelsternsystem recht einfach “wiegen” und so die Masse “experimentell” bestimmen. Desweiteren hilft und Kern- und Teilchenphysik zu verstehen, was im Inneren von Sternen abläuft und das in die Gleichungen zu stecken, mit denen man Sterne modelliert.
Also genau die Methodik, für die manche Leute Klimaforscher am liebsten ans Kreuz nageln würden 😉
Was einmal mehr zeigt, dass die oft ein falsches bzw. veraltetes Bild von Wissenschaft haben.
(2) Aber das kann auch genauso gut ein kleiner Stern sein. Man muss sich das mal anhand unseres eigenen Systems vor Augen führen:
Neptun hat ungefähr 5mal den Radius der Erde. Jupiter 10mal den Radius der Erde. Unsere Sonne hat wiederum 10mal den Radius des Jupiter. Braune Zwerge wiederum – dieses Mittelglied zwischen Sternen und Planeten – sind vom Radius her kaum größer als Jupiterplaneten. Haben aber mindestens 13mal soviel Masse. Der Radius eines Objektes ist also ein recht schlechter Indikator um Planeten, Braune Zwerge und Sterne voneinander zu trennen. Die Masse ist da schon zuverlässiger.
Kommentare (26)