Es gibt einen guten Grund, warum es gerade hier ruhig ist. Ich schreibe.

An Fachaufsätzen. Die Deadline war eigentlich gestern, aber wir werden uns wohl doch noch das Wochenende um die Ohren hauen und noch ein paar Iterationen durchgehen.

Fachaufsätze machen einen wichtigen Teil im Leben eines Wissenschaftlers aus, denn mit der Qualität und Häufigkeit der Veröffentlichungen steht und fällt die Reputation. Und wo ich gerade mitten drin in diese Tretmühle stecke, hier mal ein kleiner Insiderbericht, was diese Phase für uns eigentlich bedeutet.

1. Only English please!

Die Wissenschaftssprache ist Englisch und Englisch ist in der Regel nicht unsere Muttersprache. Dadurch sind wir von vornherein gegenüber unseren angelsächsischen Kollegen benachteiligt. Was nützt einem das tollste wissenschaftliche Ergebnis, wenn man sich nicht so ausdrücken kann, dass auch andere Leute verstehen, worum es geht.

Außerdem ist der Naturwissenschaftler, der zugleich ein begnadeter Sprachjongleur ist, eher die Ausnahme als die Regel. Und in Englisch sind wir sowieso alle Amateure.

Dazu kommt, dass Laien unsere Erzeugnisse schwerer lesen können. Fremd- und Fachsprache verbünden sich zu einer recht effektiven Sprachbarriere.

2. Welches Journal soll es sein?

Je angesehener, desto besser. Am besten Science oder Nature. Wobei ich auch schon Astronomen getroffen habe, die meinen, dass Astronomy & Astrophysics oder das Astrophysical Journal das Beste für ihr Fachgebiet sei.

3. Wird es denn auch gelesen?

Fachzeitschriften sind teuer. Da kommen durchaus mal gerne ein paar tausend Euro zusammen. Pro Jahr- und Fachzeitschrift wohlgemerkt. Osteuropäische Unis müssen sich oft entscheiden, welche Fachzeitschriften sie sich leisten können. Auch deutsche Unis nehmen nicht einfach alles in ihren Bestand auf, was irgendwie veröffentlicht wird. Als ich in der Planetary Space Science veröffentlichte, konnte ich mein eigenes Paper nicht lesen. Wir hatten die Ausgabe hier nicht an der Uni.

4. Wieviel wird es mich kosten, dort zu veröffentlichen?

Das Astrophysical Journal z.B. nimmt nicht nur von den Lesern Geld sondern auch von den Autoren. 105 – 150 Dollar kostet eine Seite im ApJ. Es kommen aber gerne inklusive Abbildungen (schwarz- weiß, Farbe kostet oft noch mal 100 Doller extra) sieben Seiten oder mehr zusammen. Mindestens 700-1000 Dollar muss man erst mal haben. Bzw. das Geld in den Forschungsanträgen bereitstellen.

Wieder gilt. Für osteuropäische und nicht wenige deutsche Forscher sind solche Preise einfach nicht zu bezahlen. Oder nur in Ausnahmefällen. Ein Ausweg bietet arxiv.org. Dort kann jeder kostenlos sein Manuskript ablegen. Der Nachteil allerdings: Dafür fehlt die Peer Review – sozusagen der wissenschaftliche Junkfilter – so dass der Wert der Veröffentlichung nur für echte Insider zu bewerten ist. Der Anteil an Müll ist dort also höher und die Manuskripte könnten Fehler und veraltete Angaben enthalten, die ein guter Gutachter entdeckt hätte.

Pest oder Cholera? Was darf es sein?

Es gibt, Bestrebungen das zu ändern. Web2.0 macht es möglich. Die Peer Review sollten dann die Leser selbst übernehmen. Hat sich aber bislang in der Astronomie/Planetenforschung nicht durchgesetzt.

Also nehmen wir den altmodischen Weg mit einem Preprint auf arxiv.

Kommentare (17)

  1. #1 DrNI@CLB
    Februar 21, 2009

    Man könnte ja mehr Leser erreichen, wenn man seine Artikel im Web veröffentlichen… dürfte. Das verbitten sich die Verlage aber gerne mal. Leider. Immerhin kann man einige Papers online kaufen, da muss dann nicht gleich das ganze Journal angeschafft werden.

    Man tut sich eben noch schwer, sich der Google-Gesellschaft anzupassen. Alte Geschäftsmodelle werden ungern aufgegeben. Bei der vielbescholtenen Musikindustrie ist es noch extremer.

  2. #2 Roland
    Februar 21, 2009

    …man muss bezahlen, dass eine wissenschaftliche Arbeit veröffentlicht wird. Auch irgendwie verrückt.

    Allerdings wenns ohne Peer Review veröffentlicht wird, besteht die Gefahr, dass sich auch weniger “gute” Artikel zu Lesen sind, die von Nichtfachleuten nicht beurteilbar sind.

  3. #3 Fischer
    Februar 21, 2009

    Stell das Paper doch einfach hier rein – wir nehmen’s dann auseinander… *gg*

  4. #4 Christian Reinboth
    Februar 21, 2009

    Ich habe den ersten Artikel für dieses Jahr gerade eingereicht und sogar schon eine Zusage bekommen – große Erleichterung, vor allem, da ich mir nun sicher sein kann, wenigstens eine Veröffentlichung für dieses Jahr verbuchen zu können. Publish or perish lässt grüßen. Hab deshalb in letzter Zeit auch nicht so viel gebloggt und kann die Ruhe hier absolut nachvollziehen. Publikationen müssen – nicht nur aber eben auch wegen der Karriere – immer Vorrang vor allen anderen Tätigkeiten haben.

    In diesem Sinne wünsche ich noch viel Erfolg beim Schreiben. Ich schreibe dieses Wochenende auch durch – allerdings keinen Fachaufsatz sondern zwei Fördergeldanträge – die vermutlich zweitwichtigste wissenschaftliche Tätigkeit 😀

  5. #5 Ludmila
    Februar 21, 2009

    @Fischer: Das macht mein Chef schon. Ich seh schon rot genug.*Seufz*

    @Christian: Zwei Forschungsanträge? Du arme Sau. Den einen, den ich letztes Jahr geschrieben hat, hat mich fast ein Jahr gekostet. Aber dafür ist der auch durch. *Puh* Wieder ein paar Jahre Geld.

  6. #6 Christian Reinboth
    Februar 21, 2009

    @Ludmilla: Naja, immerhin sind es keine hochkomplexen DFG-Anträge wie Du sie vermutlich schreibst. Dafür geht es auch um bedeutend weniger Geld und kürzere Laufzeiten, aktuell beispielsweise um ein Innovationsforum für den Bereich AAL (“intelligentes Haus” etc.) mit einer Laufzeit von 6 Monaten…

  7. #7 Florian Freistetter
    Februar 21, 2009

    Ein “öffentliches” Peer-Review wäre vielleicht ein Projekt für die verschiedenen wissenschaftlichen Social-Communities (Research Gate, scholarz.net, etc). Wenn sich dort die Forscher sowieso vernetzen, könnte man ja auch gleich die Forschungsergebnisse veröffentlichen und beurteilen lassen. Aber ich vermute fast, das wird sich kaum durchsetzen…

  8. #8 Bernd Weiss
    Februar 21, 2009

    Ludmila, dem Nachteil, dass die Autorenschaft mit Kosten verbunden ist, stehen doch der Vorteil gegenüber, dass die Leserschaft die Artikel online kostenfrei bekommt, oder? Das Stichwort hier lautet open access (was ich allerdings, angesichts der Kosten für die Autoren, etwas, äh, euphemistisch finde). Wir (in der Soziologie) können uns (teilweise) aussuchen, ob wir als Autoren zahlen wollen oder nicht.

    An der Wiso-Fakultät der Uni Köln gibt es die “anreizkompatible Mittelverteilung”. Wenn Du in guten Journals veröffentlichst oder auf hochrangigen Konferenzen angenommen wirst (und vorträgst), dann gibt es (jedes Mal ziemlich viel) Geld — Deine Journalkosten hast Du locker wieder ‘reingeholt. Auch Reisekosten (zB 1 Woche Neapel 🙂 werden davon ausreichend abgedeckt. Ist das an der Math-Nat-Fakultät anders?

  9. #9 Ludmila
    Februar 21, 2009

    Ist das an der Math-Nat-Fakultät anders?

    Ja, denn von der “anreizkompatible Mittelverteilung” höre ich zum ersten Mal. Im Gegenteil, wir finanzieren uns inzwischen fast ausschließlich über Drittmittel und darüber finanzieren wir dann Konferenzen und Paper. Es mussten schon Leute auf eigene Faust zu Konferenzen fahren oder in Jugendherbergen übernachten, um sich die Konferenzen zu leisten.

  10. #10 Florian Freistetter
    Februar 21, 2009

    “Es mussten schon Leute auf eigene Faust zu Konferenzen fahren oder in Jugendherbergen übernachten, um sich die Konferenzen zu leisten.”

    Ich bin so gut wie nie “voll” finanziert auf Konferenzen gefahren. Ich hab immer bei Freunden, in Jugendherbergen o.ä. übernachtet – weil einfach nicht genug Geld da war. Ich bin mit dem Autobus in der Nacht von Wien nach Belgrad zu einer Konferenz gefahren, weil Flug und Zug zu teuer waren. Kollegen von mir haben tatsächlich bei einer Konferenz in Reykjavik ne Woche auf einem isländischen Campingplatz gewohnt, weil die Hotels zu teuer waren. Manchmal muss man eben ein bisschen kreativ sein 😉

  11. #11 Ludmila
    Februar 22, 2009

    @Florian: Das mit bei Freunden übernachten habe ich auch schon gemacht. In dem Jahr war es einfach verdammt knapp und wir müssen ja als Team gucken, dass keiner zu kurz kommt.

    Ich wäre z.B. unheimlich gerne mal zu einer amerikanischen Exoplaneten-Konferenz gefahren. Das war in Aspen, dem Nobelskiort der USA. Und das auch noch im Winter. Schon das billigste Motel kostete über 200 Doller pro Nacht. Flug und Mietwagen wären auch noch dazu gekommen. Unbezahlbar.

  12. #12 Bernd Weiss
    Februar 22, 2009

    Ihr wisst das vermutlich alles schon, aber vielleicht liest ja auch jemand mit, dem das noch nicht bekannt ist: Es gibt Förderprogramme für Kongress- und Vortragsreisen wie vom DAAD (ehemals von der DFG betreut). Von mir läuft dort auch gerade ein Antrag, der mir hoffentlich eine Reise nach Norwegen finanziert.

    Was aber institutionell bedauerlicherweise gar nicht/kaum gefördert wird, sind Fortbildungen. Ich werde dieses Jahr noch an einer in Venedig teilnehmen, die ich aber erst einmal aus eigener Tasche zahlen werde. (Ich muss aber auch anmerken, dass mein Chef in dieser Hinsicht nicht knausert und, sofern sich das der Lehrstuhl leisten konnte, mir schon einige Fortbildungen finanziert wurden).

    Davon abgesehen ist es schon erstaunlich, wie unterschiedlich anscheinend die Ressourcenverteilung (oder die Politik derselben) an einer Uni verläuft (hier WISO- vs Math-Nat-Fakultät). Oder täusche ich mich?

    Und, Ludmila & Florian, verzeiht mir die Spitze ;-), aber wenn ich Euch so zuhöre (oder besser: lese), dann bin ich fast versucht, zu einem Wettbewerb aufzurufen, wer die größten Entbehrungen in seiner bisherigen wissenschaftlichen Laufbahn ertragen musste. (Für das Protokoll: Ich habe auch schon dienstlich in JH übernachtet, mache ich aber auch bei “normalen” Urlauben, insofern ficht mich das wenig an; ich zelte sogar freiwillig.)

  13. #13 Ludmila
    Februar 22, 2009

    @Bernd: Nee, mir macht das auch nicht. Ich hab auch seit Jahren regulär die Jugendherbergskarte. Wobei ich zugeben muss, JH in Paris sind wirklich hart am Limit. Ich werd einfach langsam zu alt für Sperrholzplatten und dünne Matrazen als Bett 😉

    Aber für Deine Tipps bin ich zumindest wirklich dankbar. Vielleicht liegt es einfach daran, dass sich in der Math-Nat die Leute nicht so drum kümmern oder bestimmte Dinge gar nicht wissen.

  14. #14 Kathy
    Februar 23, 2009

    Also ich muss zugeben dass ich während meines Studiums dankbar für jeden englischen Text und jede englische Studie war, und wenn ich die Wahl hatte zwischen einem englischen und einem deutschen Text nahm ich meistens den Englischen.
    Hatte den einfachen Grund, dass ich die Englischen Texte und Studien um vieles einfacher und verständlicher fand. Ich weiß nicht ob das nur in der Soziologie und der Psychologie so ist, aber Deutsche Texte in diesen Fachgebieten, die ich für die Uni bearbeiten musste, zeichneten sich vor allem durch übermäßig lange, unverständliche Schachtelsätze (die Sorte bei der man nach 9 Zeilen am Ende des Satzes nochmal am Anfang anfangen muss um zu wissen was die eigentlich sagen wollten) und einen übermäßigen Gebrauch an Fremdwörtern (klar, ist Uni-niveau, aber die Englischsprachigen schaffens ja auch ohne) aus.
    Die Englischsprachigen Veröffentlichungen bestanden meistens aus kurzen und prägnanten Sätzen ohne große Verschächtelungen oder Fremdwortschlachten und waren dadurch viel einfacher zu lesen und zu verstehen. (Meiner Meinung nach 😉 )

  15. #15 Ludmila
    Februar 23, 2009

    @Kathy: Deutsche Veröffentlichungen zu meinem Thema? Da muss ich schon bis zum vorletzten Jahrhundert gehen, um diese zu finden. Aber ich neige auch zu Schachtelsätzen. Hat vielleicht wirklich was mit der Sprache zu tun. Wir Deutschen neigen ja auch dazu Wörter zu wahren Wortungetümen aufzublasen. Das fiel schon Mark Twain an der deutschen Sprache auf. Aber zum Glück gibt es Co-Autoren 😉

  16. #16 Jan
    Februar 23, 2009

    @Ludmila: womit Schreibst Du? MS-Word, OpenOffice, LaTeX, …?

    Ich hoffe doch, LaTeX? 🙂

  17. #17 Ludmila
    Februar 23, 2009

    Das wäre dann Punkt 5. Latex.