Nein, wir beschäftigen uns nicht den ganzen Tag mit superspannenden elektrisierenden Dingen.

An manchen Tagen ist die Arbeit auch mal regelrecht langweilig.

Wenn ich z.B. heute den ganzen Tag nachschaue, ob meine lieben Kollegen auch schön ordentlich unsere Datensätze ESA- und NASA-konform archiviert haben. Besonders dem PDS Standard, der Bibel des planetaren Datenarchives, muss gehuldigt werden.

Und wir huldigen. Und wie wir huldigen! Ziel des ganzen ist es, alles zusammenzutragen, was ein unbedarfter Kollege in 5, 10, 15, 20, 100 Jahren brauchen könnte, um mit den Daten etwas anzufangen. Das bedeutet schon mal Dokumente im ASCII-Format bzw. die Konversion der Dokumente. (Technische Zeichnungen und Tabellen in ASCII umzusetzen, ist wirklich übel. Besonders wenn man kein Tab verwenden darf.)

Nun begab es sich aber, dass ein Datensatz uns auf einmal bei der Validierung Fehlermeldungen auswarf. Keine Ahnung wieso, ich muss das jetzt mal nachverfolgen, aber ein Teil der Daten liegt doppelt vor, und verteilt sich quer über die verschiedenen Unterordner. Wo sie nichts zu suchen haben.

Und das Mistding hat sogar die Volume_id 666. Das ist also die 666te Messung, die wir archivieren. Der Datensatz aus der Hölle.

Na wie gut, dass ich von Zahlenmystik nichts halte.

P.S.: Nein, das ist kein Aprilscherz. Ich wünschte, es wär so. Das Teil hat bereits Stunden unserer Arbeitszeit vernichtet. Grmmpf.

Nachtrag: Es handelt sich um eine Mars Express Radio Science Messung. Genauer gesagt, ist es eine Bistatic Radar Messung. Dabei schwenkt man die Hauptantenne zu einer bestimmten Region, schickt da Radiowellen hin und die reflektierten Wellen werden auf der Erde meist mit 70m Radioantennen aufgefangen.

i-27ac39e73bfa7d35611ab7464b27aa73-VeRaBSR-thumb-300x248.jpg

Bild: BSR Messung auf der Venus im Jahr 2006 mit VeRa, einem Experiment, das auch von uns gefahren wird. Aus den reflektierten Wellen kann man ablesen, wie rauh der Boden ist und aus welchem Material wohl die oberste Bodenschicht besteht.

Kommentare (6)

  1. #1 Ronny
    April 2, 2009

    Lol, das muss doch ein Fressen für die Verschwörer sein ! 666 UND vom Mars, wow. Besser gehts nicht 🙂

  2. #2 hajo
    April 2, 2009

    ja, ich schliesse mich an:
    schliesslich gab es mal eine Zeichnung (ich glaub’ im Stern) zweier Astronauten, einer mit dem Logo “NASA” und einer mit “AUGA” – auch symbolisch ;-), der eine hob einen Fuss an, mit zäher Masse daran
    .. Untertitel: “Es gibt doch Lehm auf dem Mars”
    Liebe Grüsse
    Hajo

  3. #3 Kai Möller
    April 7, 2009

    ” Ziel des ganzen ist es, alles zusammenzutragen, was ein unbedarfter Kollege in 5, 10, 15, 20, 100 Jahren brauchen könnte,…”
    Das macht meine Kaffeepause spannend! Ist das mal so in den Raum geworfen – oder habt ihr da wirklich Vorstellungen zum Zeithorizont? Ich muss mich ab und an beruflich damit rumschlagen, wie lange man Informationen aufbewahren kann. Wir kommen immer wieder dazu, dass digitale Formate nicht besonders langlebig sind – es sei denn, die entsprechende Datenbank würde ständig nachgepflegt. Bei Zeithorizonten wie 100 Jahren und mehr bleibt eigentlich nur das gute alte säurefreie Papier.
    Wenn ihr ein Konzept zum Langzeitmanagement eurer Daten habt, bin ich brennend interessiert.

  4. #4 Ludmila
    April 8, 2009

    @Kai Möller:
    Nein, das ist nicht so in den Raum geworfen. Das ist das Ideal beim Archivieren von Planetendaten, das allerdings mal mehr mal weniger gut umgesetzt wird. Z.B. als Vorbereitung auf Venus Express hat einer unserer Diplomanden mal die Daten von Pioneer Venus ausgewertet. Und wann war Pioneer Venus? In den 70ern. Wir sprechen hier also schon von einem Zeithorizont von Dekaden. Übrigens sind die Daten öffentlich verfügbar über NASA PDS. Jeder kann da dran, wenn er will und Lust und Zeit hat. Die tragen das Konzept also jetzt seit Jahrzehnten und passen sich an die bestehende Übertragungstechnik an und übertragen dann auch die Daten von Magnetbändern auf die Festplatten bzw. Server.

    Bei den Radio Science Daten war das schon so, dass die Daten so gut beschrieben waren, dass man damit auch nach Jahrzehnten arbeiten konnte. Es gibt allerdings auch Datensätze, die sind an sich ziemlich wertlos. Ich glaub mein Chef hat mal erwähnt, dass die Daten von einem Instrumententeam auf dem Satelliten Giotto, der damals 1985 den Halleyschen Kometen beobachtete, zwar vorliegen, aber für einen Außenstehenden nicht auswertbar sind.

    Tja und die Sache mit dem säurefreien Papier hält auch nicht unbedingt 30 Jahre. Mein Mann hat z.B. letztes Jahr seine heißgeliebte Perry Rhodan Heftsammlung (3. Auflage) beerdigen müssen, nachdem sich Mäuse da drin eingenistet haben. Zudem bezweifle ich, dass überhaupt genügend Lagerraum vorhanden ist, um all das Papier zu verstauen, das man für die Ausdrücke bräuchte. Vor allem, wenn man eine gewisse Redundanz haben will. Wir haben hier Datensätze die sind einzeln 20 GB groß. Und die liegen schon binär und maximal komprimiert vor. Wenn wir das in ASCII übersetzen und ausdrucken wollten, dann hätten wir da viel zu lagern.

    Ja das mit dem Zeithorizont ist in der Tat spannend. So viele Daten und Dokumente liegen auf vergänglichem Material und modern vor sich hin. Immer mal wieder liest man, dass Archivare vor dem digitalen Vergessen warnen. Wundert mich nicht wirklich. Es interessiert aber auch kaum jemanden.

  5. #5 Kai Möller
    April 8, 2009

    Ihr habt also wirklich vor, die Datenbank regelmäßig nachzupflegen und lesbar zu halten. Respekt! Unser Problem besteht eher darin, Daten so abzulegen, dass Sie ohne dauernde Pflege auch in 30 oder 100 Jahren irgendwie noch lesbar sind – wenn etwa die nötigen Laufwerke nicht mehr unbedingt verfügbar sind. Aber das iss natürlich eine ganz andere Problemstellung. Da kommt man dann schnell zu Vergleichen zwischen der Lesbarkeit einer DVD in 20 Jahren und 500 Jahre alten Büchern. Für grosse Datenmengen taugt das natürlich nicht wirklich was.
    Beileid an deinen Mann übrigens. Das mit den Mäusen tut richtig weh….

  6. #6 Ludmila
    April 8, 2009

    Größere Forschungseinrichtungen machen das mit dem “Datenbanken pflegen” schon seit Jahrzehnten. Am Teilchenbeschleuniger DESY in Hamburg, die auch mit sehr großen Datensätzen hantieren, gibt es zu jeder Datei mindestens eine Kopie und die werden regelmäßig – ich meine jedes Jahr – maschinell geprüft. Sobald der Datenträger anfängt zu degradieren, nimmt man die andere Version und kopiert die auf einen neuen Datenträger und entsorgt den alten beschädigten. Von Zeit zu Zeit wird dann auch mal generalüberholt und alle alten Datenträger nach einem Backup entsorgt. Wenn die Technik allzu veraltet ist.

    Bei kleinen Instituten und Unis dagegen sehe ich schwarz. Da herrscht vermutlich digitales aber auch analoges Vergessen. Ich will nicht wissen, wieviel Wissen ungenutzt irgendwo auf dem Regal verstaubt.