Ich bin in der etwas seltsamen Lage jedes Jahr zweimal Osteranrufe tätigen zu dürfen. Unter Umständen liegen 5 Wochen zwischen den beiden Osterterminen.
Die Hälfte meiner Familie ist rumänisch-orthdox und obschon auch in der orthodoxen Kirche Ostern am Sonntag nach dem oder am ersten Frühlingsvollmond gefeiert wird, dient bis auf wenige Ausnahmen im östlichen Europa immer noch der julianische Kalender als Grundlage für die Berechnung des Frühlingsanfangs. (Wie man Ostern grundsätzlich berechnet hat Florian bereits erzählt.)
Und das, obwohl der julianische Frühlingsanfang schon längst kaum etwas mit dem meteorologischem Frühlingsanfangs zu tun hat, weil das Jahr berechnet nach diesem Kalender über 11 Minuten zu lang ist. Was im Verlaufe eines Jahres nicht auffällt, addierte sich aber über die Jahrhunderte hinweg, so dass der kalendarische Frühlingsanfang und der astronomische, tatsächliche immer weiter auseinanderliefen. Und in der orhtodoxen Kirche bis heute auseinander laufen.
Deswegen wurde von Papst Gregor XIII. im Jahre 1582 der gregorianische Kalender eingeführt und mal eben 10 Tage übersprungen. Na ja, jedenfalls in den katholischen Teilen Europas und selbst dort nur nach und nach. Wir sprechen hier ja auch von Zeiten, in denen sich die Mehrheit der Menschen immer noch nach Sonnen- und Mondaufgang richteten und kaum aus ihrem Dorf herauskamen. Wo noch keine Züge nach einem einheitlichen Fahrplan und damit einer einheitlichen Zeit verlangten. Taschenuhren waren gerade erst vor ein paar Jahrzehnten erfunden worden und waren eher Luxus- denn Gebrauchsgegenstände.
Die protestantischen Gebiete wechselten erst im 18. Jahrhundert. Das östliche Europa behielt nicht nur kirchlich sondern auch weltlich den julianischen Kalender und zwar teilweise bis ins 20. Jahrhundert hinein. In Russland wurde der gregorianische Kalender nach der Oktoberrevolution am 7.November 1917 eingeführt. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass die Oktoberrevolution nur im Osten im Oktober stattfand. Für den Rest der Welt, der sich schon lange am gregorianischen Kalender orientierte, war es bereits November. Das war nur einer von vielen Gründen, warum Russland damals zu Recht als sehr rückständig galt.
Na ja, jedenfalls wer in diesem Jahr Ostern zweimal feiern will, der sollte für das kommende Wochenende z.B. eine Reise nach Griechenland vorsehen. Denn das orthodoxe Fest fällt dieses Jahr auf den 19./20. April.
Warum die orthodoxen Kirchen noch heute am julianischen Kalender festhalten, kann ich nicht sagen. Ich vermute, es hat mit dem großen Traditionsbewusstein der Kirche zu tun, die noch heute sehr viel davon hält, zu den ältesten christlichen Konfessionen der Welt zu gehören, die sich auf die alte glanzvolle, aber längst untergegangene byzantinische Vergangenheit beruft. Zudem wurde der gregorianische Kalender vom uralten Konkurrenten, der römisch-katholischen Kirche eingeführt. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass auch das eine Rolle spielt. Auch wenn es mir nach all den Jahrhunderten arg albern vorkommt, die alte Feindschaft West-Rom gegen Ost-Rom zu pflegen. Insbesondere, weil es Ost-Rom sprich das alte byzantinische Reich seit über 500 Jahren eigentlich nicht mehr gibt.
Aber nachdem, was gerade die orthodoxen Glaubensbrüder in Jerusalem an der Grabeskirche veranstalten, ist das Wort “albern” noch ziemlich milde ausgedrückt für das Treiben dort. (Warum hat die ARD immer noch keine vernünftige Mediathek?)
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