Es scheint mir, Zensur kommt im neuen Gewand daher. Früher hieß das Gewand “Verletzung des sittlichen Empfindens” oder “Moral”. Heute heißt es “Beleidigung und Diffamierung”.

So versucht die Geschäftsführung der Lanxess-Arena in Köln-Deutz, einer der größten Sport- und Kulturbühnen Kölns, gerichtlich gegen Kritik vorzugehen. Anlass ist eine Freefight-Veranstaltung, die im Juni in der Arena stattfinden soll.

Wolf, Vorsitzender des Sportausschusses, habe mit einer Reihe von „unwahren Behauptungen” über die UFC die Veranstalter beleidigt und verleumdet. Gerügt wird unter anderem die Äußerung „Freefight ist kein Sport; denn er nimmt den Tod oder zumindest schwere Verletzungen eines Menschen billigend in Kauf”. Und weiter: „Ich persönlich finde Freefight widerlich… Hier erreichen die niedrigsten Instinkte eines Menschen ihren Tiefpunkt.”(Quelle: Kölner Stadtanzeiger)

Dadurch sieht sich die Geschäftsführung der Lanxess-Arena verleumdet und beleidigt.

Ich hoffe sehr, dass das Gericht diese lächerliche Klage abweist und für die Meinungsfreiheit befindet. Denn wenn das tatsächlich durchkommt, sehe ich auf lange Sicht schwarz für eine funktionierende Demokratie. Wie bereits Ali bei Zoon Politikon an anderer Stelle bemerkte: Diffamierung oder Beleidigung liegt, wenn man nicht mit eindeutigen Begriffen wie Blödmann oder ähnlichem hantiert, im Auge des Betrachtes bzw. des Beleidigten.

Ich garantiere – egal, um welches Thema es geht: Es wird sich immer irgendjemand finden, der sich beleidigt oder diffamiert fühlt. Was ja auch sein gutes Recht ist und was man durchaus auch zum Ausdruck bringen kann und darf. Nur wenn wir dann jedes Mal die strittige Äußerung verbieten lassen würden… Tja, dann dürfte sich bald Grabesstille breit machen. Weil dann niemand je wieder Kritik äußern dürfte.

Leider passt das in den Zeitgeist. Schon des öfteren wurde hier auf den Scienceblogs bei diversen Diskussionen von nicht wenigen Kommentatoren die Ansicht geäußert, dass Kritik – völlig ungeachtet der Argumente – an sich zu verdammen sei. Oder nur unter bestimmten Regeln erlaubt sei – die natürlich nur der zu Kritisierende festlegt.

Was natürlich absolut klasse für denjenigen ist, der kritisiert wird. Er muss sich erst gar nicht mit den Argumenten auseinandersetzen oder gar sein Verhalten, seine Ansichten oder Meinung überdenken oder gar, Gott bewahre, vielleicht sogar ändern – das wäre auch zuviel verlangt.

Kommentare (3)

  1. #1 fatmike182
    Mai 4, 2009

    “Im Osten Deutschlands bedient sich die ultrarechte Szene des Spektakels und instrumentalisiert es für die eigenen Ziele.” (selber Artikel)
    Ich glaube auch nicht, dass eine Klage der richtige Weg war; zweifelsfrei wurden da aber sehr wohl Unwahrheiten verbreitet. In welchem Stil – ob es über die Abwerbung des Events ging oder auch medial verbreitet wurde – weiß ich nicht, finde es aber dennoch nicht korrekt.
    (Ja, erwischt, UFC-Fan, auch wenn ich die Veranstaltung als durch die Kommerzielisierung verkommen ansehe)

  2. #2 Ludmila
    Mai 4, 2009

    @fatmike182:
    Darüber kann man ja durchaus diskutieren. Inwiefern die Aussagen so richtig sind. Diskutieren und aufklären. Aber doch nicht verbieten lassen, herrjeh.

  3. #3 S.S.T.
    Mai 5, 2009

    Augenscheinlich ein ‘Sport’ für diejenigen, denen Boxen mit weichen Handschuhchen und womglich einem Punktsieg zu lasch ist, z.B.

    Ein Bericht:
    https://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2007/0314/seite3/0001/index.html

    Hinweise auf eine echte Verknüpfung von Freefight und Neonazi-Szene habe ich beim schnellen Blättern nicht finden können. Aber sicherlich sind auch rechts-motivierte Schläger von dem Spektakel fasziniert und es hat wohl auch für diese eine Vorbildfunktion, insofern es einer gefefferten Straßenschlägerei optisch ähnelt.

    In Hamburg ist übrigens bei so etwas regelmäßig der halbe Kiez auf den besten Plätzen, aber ich würde keinen Zusammenhang zwischen Freefight und Prostitution ziehen wollen.

    Was die Klage angeht, so wird sie mMn abgewiesen werden, evtl. mit Unterlassung der ‘Neonazi-Instrumentalisierung’. Eine vergleichbare Kritik, allerdings milder und ohne ‘Neonazi’, wird auf der Wiki-Seite zitiert.

    Ich pers. finde Freefight ebenfalls widerlich, liegt vielleicht daran, dass ich noch nicht einmal ein Box-Fan bin