Heute um 15:12 Uhr MESZ soll es soweit sein und Florian ist live vor Ort.
Zeit noch mal für ein paar Hintergrundinfos.
Raumsonden: Herschel und Planck. Zwei Sonden, die im Tandem vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana mit einer Ariane-5 ECA starten werden.
Mission:
– Planck: Blick zurück zu den Anfängen des Universums.
– Herschel: Blick durch Staubwolken und das Aufspüren von bislang verborgenen Strukturen und Körpern.
Raumfahrtagentur: ESA.
Start: Wenn alles gutgeht, heute 😉
Eigentlich wollte ich heute auch am ESOC in Darmstadt sein, aber in dieser Woche kam mir soviel dazwischen, dass es meinen Zeitplan zerschossen hat. Ich muss erst mal meine reguläre Arbeit befriedigen. Das Bloggen ist schließlich Hobby und sollte nicht in Stress ausarten. Heute fiel mir dann auf, dass ich Planck vor Jahren auch mal sogar aus der Nähe gesehen habe. Im Sommer 2006 in Cannes. Dort sitzen nämliche die Montagehallen von Alcatel Espace.
Bahn: Drehung mit der Erde im Lagrangepunkt L2, 1,5 Millionen Kilometer hinter der Erde von der Sonne aus gesehen. Herschel wird diesen Punkt mit einem mittleren Abstand von 800 000 km umkreisen. Planck in 400 000 km Entfernung.
Lagrangepunkte – selbstreinigende Spielwiesen für die Weltraumforschung
“Umkreisen” ist dabei allerdings eigentlich der falsche Eindruck. Zunächst mal kann man nicht im Punkt fliegen, weil dieser Punkt nur metastabil ist. D.h. beide Satelliten haben Treibstoff an Bord, um bei Bedarf nachregeln zu können, bevor sie aus dem L2-Bereich rausdriften und dann beschreibt die Bahn in Wahrheit eine sogenannte Lissajou-Figur. Das sieht dann im Detail z.B. so aus:
Michael Khan drüben bei den Kosmologs hat vortrefflich beschrieben, wie man die Raumsonden dorthin bekommt und was man beim Steuern beachten muss, weswegen ich an dieser Stelle einfach weiter verweisen möchte. Nur noch mal kurz auf die Vorteile der Orbits sei verwiesen: Da der Lagrangepunkt von der Sonne abgewandt und ein Stück außerhalb der Erdbahn liegt, hat man mit einem Schlag drei potentielle Störquellen minimiert: Sonne, Mond und die Erde selbst. Gleichzeitig sind die Sonden so nah an der Erde dran, dass man die gesammelten Daten auch per Funk zur Erde bekommt.
Da außerdem die Lagrangepunkt metastabil sind, halten die sich Sonden nur eine begrenzte Zeit im Bereich. Die ESA hat das ganze so geplant, dass nach 4 Jahren der Treibstoff alle sein sollte. Ab dann können die Sonden nicht mehr nachregeln und driften langsam heraus, wodurch sich die Lagrangepunkte sozusagen selbst von Ballast freimachen und die Ansammlung von Weltraummüll vermieden wird, was gerade für Erdorbits so langsam zu einer ernst zunehmenden Bedrohung wird. Die Lagrangepunkte könnten also zumindest für die Weltraumforschung die Spielwiese der Zukunft sein, wo sich der Müll hinterher praktischerweise von selbst entsorgt.
Warum fliegen die Sonden zusammen und nicht getrennt?
Nun, zum einen bietet es sich förmlich an, weil beide Sonden dasselbe Ziel haben, zum anderen ist so ein Start recht teuer. Ich weiß nicht genau, wieviel die ESA zahlt, aber kommerzielle Nutzer bezahlten zumindest letztes Jahr 120 Millionen Euro für einen Start. So erklärt sich das auch Eugen Reichl drüben bei den Kosmologs, dem schon ganz flau im Magen ist. Eugen Reichl erklärt auch, warum die beiden Sonden nicht per Anhalter mit einem kommerziellen Satelliten starten. Die Ziele (geostationärer Erdorbit bzw. L2) sind nicht miteinander vereinbar.
Jetzt kommen wir aber mal zu den Satelliten:
Bild (ESA): Herschel und Planck.
Herschel – Blick durch ein bisher wenig genutztes Fenster
Herschel ist 7.5 m hoch und 4 m breit und wiegt 3,4 Tonnen. Der Satellit hat zur Kühlung 2000 Liter flüssiges Helium dabei. Bzw. sogar superflüssiges Helium, weil es so stark runtergekühlt wird, das seltsame Sachen passieren. Teile der Sonde müssen auf 4 K bzw. 10 K runtergekühlt werden. Denn Herschel wird extrem schwache Wärmestrahlung auffangen, es schaut im Ferninfrarot ins Weltall und kann so zum einen Staubwolken durchdringen, die sichtbares Licht einfach schlucken, langwelligeres aber durchlassen. Mit Herschel soll zudem auch Objekte auffinden, die zwar Wärme abstrahlen – aber nicht besonders viel. Planetensysteme bieten sich da z.B. an. Gerade junge Planeten sollten noch eine gewisse Restwärme abgeben und wären damit ein ideales Ziel für dieses Wärmeteleskop.
Bild (ESA): Herschel.
Planck – Blick zurück zum Ursprung von allem
Planck wiegt vergleichsweise geringe 1,9 Tonnen und ist 4.2 m hoch und 4.2 m breit.
Die Sonde wird im Mikrowellen-Bereich operieren und dabei die Mikrowellen-Hintergrundstrahlung unter die Lupe nehmen: Diese stellt sozusagen das Restglühen des Urknalls dar.
Bild: NASA, WMAP. Die Hintergrundstrahlen mit den Klumpen in der Ursuppe des Universums aus der einfach alles entstand. Galaxien, Sterne, Planeten und letzten Endes sogar der Mensch.
Bild (ESA): Planck
Für diese Art der Forschung gab es 2006 immerhin den Nobelpreis. Im Grund ergänzt Planck, das was das CERN demnächst mit dem neuen Teilchenbeschleuniger LHC vorhat, auf das vorzüglichste. Beide Experimente forschen nach dem Ursprung aller Dinge. Eine Frage, die uns im Grunde wahrscheinlich seit der Entstehung des menschlichen Bewusstseins begleitet.
Gerade in den letzten Jahren hat sich auf diesem Gebiet sehr viel getan u.a. durch frühere Satelliten wie WMAP. Nach der Dunklen Materie wurde die Dunkle Energie postuliert, weil sich die Expansion des Universums scheinbar beschleunigt. Zudem scheint sich das Universum in seiner frühen Phase extrem schnell (inflationär) aufgeblasen zu haben, um dann viel langsamer zu expandieren. Es gibt noch viele Rätsel und Ungereimtheiten, die einer Lösung harren.
Spannend sind die Arbeitsgebiete beider Satelliten auf jeden Fall. Herschel für mich im speziellen, weil ich mit Exoplaneten forsche und Planck ganz grundsätzlich, weil ich es einfach liebe, mehr über unser rätselhaftes und wundervolles Universum herauszufinden.
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