Manchmal fühlen sich selbst Fernsehredakteure durch dumme Klischees in Fernsehsendungen angepisst.
Ich weiß nicht mehr, in welcher Fernsehzeitung ich da im Hotelzimmer geblättert habe, aber ein bisschen gegrinst habe ich schon, als es über eine Folge “Fringe” als Besprechung hieß: “Auch wenn man mit Stirnrunzeln zur Kenntnis nimmt, wie sich die Serienmacher den deutschen Strafvollzug vorstellen”. Gemeint ist die Folge sieben der ersten Staffel “Der geheimnisvolle Mr. Jones”.
Ich hab die Folge gesehen. Nach der Meinung der Serienmacher sind deutsche Gefängnisse Verließe mit nassem Fußboden und die Wachen blond, militärisch gedrillt, humorlos und könnten so auch in jedem Film über das dritte Reich auftreten. Ein “typical kraut” halt. (1) Mal ehrlich, Euch nervt Euch das doch auch, wenn “der Deutsche” in Filmen nur Lederhosen trägt, jodelt, Bier trinkt, blond und blauäugig ist und den ganzen Tag Weißwurst frisst. So richtig schmeichelhaft ist das nicht. Solche Klischees sind hartnäckiger, als man denken mag.
Eine amerikanische Wissenschaftlerin sollte es besser wissen, oder?
Und doch führten ein Kollege und ich vor ein paar Jahren diesen seltsamen Dialog auf englisch.
Kollegin: Ich hätte da eine Frage. Bitte nicht falsch verstehen.
ICH: Ja, was denn?
Kollegin: Ich kann einfach nicht glauben, dass Ihr Deutsche seid. Ihr seid einfach…einfach…so locker.
Dann erklärte sie lang und breit, dass sie diese Kollegin aus Berlin an ihrer Uni hätte und die würde nie lachen. Ja und irgendwie hätte sie gedacht alle Deutschen wären so. Ok, wie haben drüber herzlich gelacht. Aber wie gesagt, sie hätte es besser wissen müssen. Andererseits, wenn man mit Deutschen nie zu tun hat, woher soll man denn wissen, wie sich “der Deutsche” verhält? Ohne Korrektur durch die Wirklichkeit bleibt einem wohl nichts anderes übrig, als auf das zurückzugreifen, was man so aufschnappt. Z.B. unbewusst durch die Popkultur.
Als Wissenschaftler ist man sowieso ständig Opfer von Stereotypen und Klischees. Einfach nur deswegen, weil kaum einer einen echten Wissenschaftler kennt, aber jeder sich was drunter vorstellt. Nach einer Geburtstagsparty erzählte mir eine Freundin, dass einer ihrer Freunde kaum glauben mochte, dass ich Physikerin bin. Ich würde gar nicht so aussehen. Hmmm ja, ich nahm das mal als Kompliment.
Dann wieder nervt mich im Kino und Fernsehen so offensichtliche Fehler an wie z.B. das Auto, welches explodiert, bevor es irgendwo aufschlägt. Als ob sich das Auto denken würde “Huch, da kommt was. Ich explodier jetzt schon mal, dann hab ich’s hinter mir”. Es explodieren sowieso viel zu viele Fahrzeuge in Film und Fernsehen. Dieses Bild sitzt so tief, dass anscheinend nicht wenige Leute lieber wegrennen als den Insassen im Fahrzeug zu helfen. Da hat man es wieder: Die Macht der Klischees im Alltag.
Ich geb ja zu, manchmal übertreibe ich es mit dem Gemeckere über die Fehler. Mein Mann muss mich dann etwas zügeln. Aber wehe es tritt mal der Fall ein, dass ihm etwas auffällt. “Ein Raketenwerfer im geschlossenen Auto abschießen und nur ein Seitenfenster runterkurbeln? Da zerbricht doch mindest die Scheibe hinter dem Schützen. Haben die noch nie von Rückstoß gehört?”
“Wir soll der sich seine Luftröhre durch das Einatmen der Dämpfe an der Säure verätzt haben? Ich hab selber damit gearbeitet, das müsstest Du schon trinken!”
Ach? Wieso regt der sich denn so auf? Ist doch nuuur ein Film 😉 Ich denke, jeder hat eine andere Reizschwelle bzw. reagiert auf andere Dinge. Feuerwehrleute beömmeln sich über die unrealistische Darstellung des Feuers und der Löscharbeiten und Physiker überlegen eben auch mal, dass der James Bond sich schon längst einige Knochen gebrochen hätte, wenn er wirklich aus dieser Höhe vom Kran auf das Gebäude gesprungen wäre. Bei Filmen mit “wissenschaftlicher Handlung” ist es natürlich ganz schlimm. Ich denke, ich hab es schon mal erwähnt. “The Core” ist so ziemlich das schlimmste Beispiel auf diesem Gebiet. Da kann man im Grunde als Wissenschaftler und vor allem als Geophysiker nur noch lachen.
Man kann allerdings hingehen und dann z.B. die Szenen nehmen und erklären, wie es richtig geht. CISCI hat eine nette Datenbank mit wissenschaftlicher Besprechung, man kann mit der Physik der Superhelden Bücher verkaufen. Und mit der Physik von Star Trek kriegt man sogar ganze Bücherregale voll 😉
Hier gibt es eine exzellente Besprechung des Bad Astronomers, Phil Plait, über den neuen Star Trek Film, den ich persönlich auch als alteingesessener Trekkie gut gelungen fand. Ich hab ja schon das schlimmste befürchtet, aber ich hab mich gerade als alter Fan wirklich köstlich amüsiert. Da sind so nette kleine Details drin, wie z.B. Admiral Archers Beagle, den Scotty verlegt hat. Hab ich übrigens erst nach dem Lesen der BA Review wahrgenommen. So etwas lässt natürlich das Herz eines Nerd aufgehen 😉
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Über “Fringe vs Akte X” wollte ich auch mal was schreiben. Ist längst überfällig. Und wusstet Ihr schon, dass in der zweiten Staffel Leonard Nimoy mitspielen wird? Als William Bell, was wohl leider wieder so ein stupides und höchstwahrscheinlich wissenschaftsfeindliches Klischee werden wird. Dabei kann gerade Nimoys Paraderolle des Spock eher als humanistisches Leitbild gesehen werden.
Meine erste Reaktion auf diese Nachricht war übrigens diese:
Hach, nachdem ich mich vom ersten Schock erholt habe; es ist vielleicht doch ganz nett Mr. Nimoy mal in einer anderen Rolle zu sehen. Ich kann mir schon vorstellen, dass es ziemlich nervt, wenn man einmal im Leben eine Rolle spielt und die den Rest dieses Lebens wie Pech an der Backe kleben hat. Walter Koenig hat es ja auch geschafft, sehr überzeugend einen eher sinisteren Charakter zu verkörpern.
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