Dieses Musikvideo soll bereits 1992 (!) vom Fermilab kreiert worden sein.

Das Fermilab ist bekanntlich die Teilchenphysik-Zentrale der Amerikaner und steht in “leichter” Konkurrenz zum europäischen CERN. Aber 1992? Die Musik, das Video und die Frisuren und Kleidung scheint mir eher typisch für die 80er zu sein:

Ach ja die 80er. *nostalgisch seufz*

Musik top, Mode flopp.

Mir schaudert es noch heute bei dem Gedanken an die Schulterpolster in dem Jackett, das ich mal zu einem festlichen Ablass tragen musste. Ich hab die Polster heimlich ausgeschnitten, weil mir das zu blöd war. Die Frisuren waren auch gräuslich: Dauerwelle und hoch toupierte Haare für die Damen, Vokuhila für Männer…Obwohl bei MacGyver sah das gar nicht mal so schlecht aus 😉

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Der einzige Mann, bei dem Vokuhila heiß aussah.

Aber zurück zur Wissenschaft!

Das Fermilab wollte bereits vor Jahren das Higgs-Teilchen finden. Es ist aber leider nichts draus geworden. Immerhin konnten sie mit ihrem leistungsstärkstem Beschleuniger Tevatron sagen, wo das Higgs-Teilchen massemäßig zumindest nicht ist. Das ist ja auch schon was.

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Bild (Fermilab): Ja, wo ist denn das Higgs-Teilchen? Also in den grünen und orangefarbenen Bereichen schon mal nicht. Die Skala ist übrigens in GeV ausgezeichnet. In dieser Einheit werden Teilchenbeschleuniger-Kollisionsenergien und auch Elementarteilchen-Massen angegeben.

Wir sind hier in der Welt des Mikrokosmos, in der routinemäßig gemäß “e = mc2” Energie in Masse und umgekehrt umgewandelt wird. Masse? Energie? In dieser Welt ist das ein- und dasselbe. Übrigens, auch wenn 1 Giga-Elektronenvolt viel klingt, es ist absolut gesehen gar nicht so viel.

1 Elektronenvolt sind 1,6 x 10-19Joule. Ein Joule sind 0,239 Kalorien. Die chemische Energie, die wir uns über Lebensmittel reinziehen wird in Kilo-Kalorien also in Einheiten von 1000 Kalorien angegeben. Ein Schokoriegel hat etwa 300 kCal. Wieviele Schokoriegel muss man also futtern, um die Energie zu sich zu nehmen, welche bei einer 1 GeV-Teilchenkollision frei und in Masse umgewandelt wird?

1 GeV = 109* 1,6 x 10-19Joule = 1,6 x 10-10 * 0,239 Cal = 1,6 x 10-13 * 0,239 kCal = 1,6 x 10-13 * 0,239/300 Schokoriegel-Energie = 1,28 x 10-16 Schokoriegel-Energie. Das ist etwas mehr als das zehntausendeste eines Billiardstel der Energie, die man sich über einen Schokoriegel zuführt. (Falls ich mich nicht irgendwo verrechnet habe.) Für uns ist das enorm wenig, aber es sollen ja auch keine Menschen sondern Elementarteilchen kollidiert werden.

Ich versuch mal halbwegs darzustellen, wie extrem winzig diese Teilchen im Vergleich zum Menschen sind. Der Mensch besteht aus etwa 100 Billionen Zellen. In einer einzigen Zelle sind wieder Millionen und Abermillionen an Atomen drin. Die nimmt man noch mal auseinander und nimmt daraus noch kleinere Teilchen heraus. Das kollidiert man miteinander, um weitere Teilchen zu erzeugen, die so instabil sind, dass sie in Bruchteilen von Sekunden schon wieder zerfallen.

Es handelt sich um eine ganz andere Welt, die sich erst mit großem Aufwand erschließt. Das allermeiste an Energie, was in diese Teilchenbeschleuniger gesteckt wird, geht nur dafür drauf, die Bedingungen herzustellen, um unvorstellbar winzige Teilchen dazu zu veranlassen, sich am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt
a) überhaupt mal zu treffen. Aus der Sicht so eines Teilchens ist selbst in der engsten Röhre massig Platz, um ein anderes um Längen zu verpassen. Daher werden immer ganze Teilchenpakete gebündelt und gegeneinander beschleunigt.
b) Dann darf nichts im Weg sein. So ein Atom oder gar ein Molekül ist wie ein Berg für solche Teilchen. Kommt nicht gut. Hochvakuum ist angesagt. Die dazugehörigen Pumpen laufen nicht mit Luft und Liebe.
c) Irgendwie muss man den Teilchen Energie zuführen und dazu schickt man sie immer schneller und schneller im Kreis. Anfassen geht ja schlecht, also wird das elektromagnetisch bzw. mit supraleitenden Magneten gemacht. Die müssen wiederum gekühlt werden, damit sie arbeiten können und verbrauchen natürlich auch Strom.
d) Dann zeigen sich die Teilchen ziemlich unkooperativ und strahlen die Energie, welche ihnen mühsam zugeführt wurde, über Bremsstrahlung teilweise wieder ab. Diese “Abfallstrahlung”, auch als Synchrotronstrahlung bekannt, wird z.B. für medizinische Zwecke (Tumorbehandlung) und Materialkunde (Werkstoffuntersichung) verwendet.
e) Was nützt einem die schönste Kollision, wenn man nicht sieht, was da eigentlich herauskommt? Deswegen sind um die Kollision haushohe Detektoren verbaut, die jeden Mucks aufzeichnen. Das kostet auch alles Strom.

Ganz schön viel Aufwand für ein Mikroskop und um nichts anderes handelt es sich eigentlich. Aber es ist ein Aufwand, der sich lohnt, wenn man auch nur ein bisschen daran interessiert ist, was zum Geier uns und die Welt um uns herum zusammenhält.

Ach ja, das Video oben war übrigens eine Videoantwort des Fermilab auf den europäischen LHC-Rap. Wäre es da mal nicht langsam an der Zeit für eine Teilchenphysiker-Freestyle-Rap-challenge?

Kommentare (1)

  1. #1 Stephan Salat
    April 21, 2010

    Wobei man sich eingestehen muss, dass die Frisuren im heutigen Zeitalter auch ihren ganz eigenen “Charme” besitzen! Wie z.B. Lady Gaga…
    Frisuren & Trendfrisuren: Lady Gaga 🙂