Da hab ich mich gestern sehr über eine Radioreportage bei SWR3-weltweit gewundert.
Der Bericht handelte von Sammy Tshefu, der seit letztem Jahr die Instrumente an der südafrikanischen Hartebeesthoek Radioastronomie-Station bedient. Früher war er dort als Gärtner tätig.
Bild (M Gaylard / HartRAO): Satellite Laser Ranger an der Hartebeesthoek Station. Die 26 Meter-Radioantenne im Vordergrund hat übrigens Raumfahrtgeschichte geschrieben. Hier wurde das erste Bild des Marses von einer Raumsonde heruntergefunkt.
An seinen neuen Job, der darin besteht, Satelliten mit Lasern zu beschießen, kam er durch seine Neugierde und Wissbegierde. Das wurde in der Radio-Reportage extra betont. Das “Wer” und das “Was” wurde also durchaus beleuchtet. Auch das “Wie” wurde geschildert: Dass Tshefu die Daten der ungefähren Position der Satelliten zur Hand hat, die mit Lasern beschießt und dann auf das Echo im Oszilloskop wartet.
Dummerweise fehlte aber dann das, was meiner bescheidenen Meinung bei einer guten Reportage einfach nicht fehlen darf.
Ich war gerade im Auto und grübelte noch nach, ob ich meinen Mann fragen sollte, wie er den Bericht fand. Er kam mir allerdings zuvor: “Sag mal! Fehlt da nicht was? Die haben ja gar nicht erklärt, warum der die Satelliten mit Lasern beschießt.”
Hah! War ich also nicht alleine mit diesem Eindruck. Das “Warum”, wozu das gut sein soll, wurde völlig unter den Tisch fallen gelassen.
Ich wusste beispielsweise noch nicht, dass die Hartebeesthoek-Station Teil eines weltweiten Netzwerkes ist, des International Laser Ranging Service (IRLS). Dass es nötig zu sein scheint, die Position von Satelliten u.a. die der GPS-Satelliten, die wir wie selbstverständlich nutzen, mit Laserabtastung zu vermessen. Im nächsten Monat wird Sammy Tshefu sogar den Mond und den Lunar Reconnaissance Orbiter anfunken. Das ist doch spannend, dass sich jemand so hochgearbeitet hat, dass er Spitzenforschung tatkräftig unterstützt.
Stattdessen verschwendeten die Reporter Zeit damit, zu erwähnen – als ob das eine weltbewegende Neuigkeit wäre – dass die Laserstrahlen sich mit 300 000 km/s fortpflanzen. *Ironie an* Ach ne, ernsthaft? Eine gebündelte Lichtwelle pflanzt sich mit Lichtgeschwindigkeit vorwärts? Wahnsinn, wer hätte das wohl gedacht.*Ironie aus* Natürlich wurde nicht erwähnt, dass ein Laser eine spezielle Form von Lichtwellen darstellt. Wieder wurde an diesem kleinen Detail das “Wie” in den Vordergrund gestellt, aber das “Warum” völlig unter den Tisch fallen gelassen.
Auch wurde mindestens zweimal betont, dass Sammy Tshefu die teuren NASA-Geräte bedient. Teuer? Im Verhältnis zu was? Wie soll man denn bitte schön einordnen, dass etwas teuer ist, wenn man
a) nicht erfährt wie teuer die Instrumente sind und vor allem
b) nicht erfährt, wozu zum Geier das Ganze gut ist.
Wie beknackt ist es bitte, einen Bericht über einen Mann zu schreiben, der sich dank seiner Wissbegierde trotz einfacher Verhältnisse weitergebildet hat und heute einen superspannenden Beruf (1) in der angewandten Forschung ausübt und sich gleichzeitig einen Dreck darum zu scheren, was denn bitte Sammy Tshefu so inspiriert hat, dass er sein Leben umkrempelte. Wie kann man denn einen Bericht über Wissbegierde machen und dabei jegliche Wissbegierde vermissen lassen?
Was hat da die Leute getrieben? Keine Ahnung vom Thema und keine Zeit oder zu faul um jemanden zu fragen, der sich damit auskennt? Wobei ich mir das eigentlich nicht vorstellen kann. Sammy Tshefu kam in dem Beitrag selbst zu Wort. Wieso wurde er also nicht befragt? Bestand kein Interesse? Weil man sich dachte “Einfacher Gärtner bedient heute teure NASA-Gerätschaften” ist so toll, dass man auf das Warum getrost verzichten kann? Hat man entschieden, dass dieses komische “Wissenschaftszeugs” zu schwer für die Leser ist und die doofen Hörer es sowieso nicht merken?
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, welche Erklärung ich schlimmer finde.
———
(1) In diesem Fall muss man einfach von Beruf reden. Wer sich so ins Zeug gelegt hat, für den ist das sicherlich mehr als nur ein “Job”.
Kommentare (8)