“Wenn ich in der Öffentlichkeit rede und die mich nach dem Namen der Exoplaneten fragen und ich denen sage, dass er “Buchstaben-+Zahlensalat b, c oder d” heißen wird, dann sehen die mich mit derselben Mischung aus Erheiterung und mit dem Gedanken “was für ein verrückter Wissenschaftler” an, als wenn ich denen erklärte: “Pluto ist nicht länger ein Planet.”
Übersetzt aus einer Email einer meiner Lieblingskollegen. Der Mann ist einfach zu cool und haut lauter solche Sprüche raus 😉
Es geht um dieses Paper, das frisch auf arxiv.org eingetroffen ist und mal wieder die große Namens-Diskussion angestoßen hat: “Naming the extrasolar planet” von Wladimir Lyra. Herr Lyra *hehe* scheint tatsächlich echt zu sein.
Was für selten blöde Namen für Planeten
Das Problem ist folgendes: Die Namen, die wir bislang unseren extrasolaren Planeten verpassen, sind total unsexy. CoRoT-7b und CoRoT-7c z.B. *Pfft* Klingt doch nach gar nichts. Wieviel schöner wären da so Namen wie Ikarus (für CoRoT-7b) und Daedalus (für CoRoT-7c). Damit kann man doch was anfangen und es passt auch zu den betreffenden Planeten. CoRoT-7b/Ikarus ist so nah an seinem Stern dran, dass es dort flüssiges Gestein regnen könnte. Heiß, heißer, CoRoT-7b/Ikarus.
Es gab auch schon früher mal Versuche, griffige Namen für extrasolare Planeten zu finden. Z.B. Bellerophon, der Name des Reiters des geflügelten Pferdes Pegasus, für den Planeten 51 Pegasi b. HD 209458 b hab ich sogar ein paar mal während wissenschaftlicher Vorträge unter dem Spitznamen “Osiris” gesehen.
Es scheint auch eine Exoplanet Naming Society mit 14 registrierten Usern seit November 2008 zu geben. Hier gibt es eine Tabelle mit Namens-Vorschlägen für 40 Exoplaneten. Auch Entdecker vergeben oft Spitznamen. Z.B. “Xena“, “Easterbunny” und “Santa” für die Kuipergürtel-Objekte Eris, Makemake und Haumea. Der Mond um Xena wurde dann passenderweise Gabrielle genannt.(1)
Wladimir Lyra (2) hat jedenfalls in seinem Paper eine lange Liste an Namensvorschlägen angehängt, die sich alle an der römisch-griechischen Sagenwelt orientieren und meist was mit den Sternbildern zu tun haben, in denen die Planeten zu finden sind (3).
Echte Namen können Probleme machen und sind endlich
Er hat aber bei der Benennung bereits die Nachteile dieses Namensystems erlebt und auch in dem Paper beschrieben. Z.B. Elektryon (Sohn des Perseus) klingt einfach zu sehr nach Elektron. Eine griechische Kollegin hat bereits einige Namen herausgestrichen, weil die im modernen Griechischen immer noch in Gebrauch sind. Zudem würde “Peristera” einfach weibliche Taube heißen und “komisch” klingen. Aber das Problem hat man ja immer irgendwo, wenn man echte Namen verwendet. Es gibt endlose Pennäler-Witze über den Uranus im englisch-sprachigen Raum. Und einen großartigen Dialog in Futurama während des Gebrauchs eines Geruchsteleskops:
FRY: This is a great, as long as you don’t make me smell Uranus. Heh heh.
LEELA: I don’t get it.
PROFESSOR FARNSWORTH: I’m sorry, Fry, but astronomers renamed Uranus in 2620 to end that stupid joke once and for all.
FRY: Oh. What’s it called now?
PROFESSOR FARNSWORTH: Urectum.
Ja, ja, so kann’s gehen mit den Namen. Desweiteren sind alle vorgeschlagenen Namen bereits für Asteroiden in Gebrauch und die Asteroiden-Leute selbst rücken langsam von der Namenvergabe ab und gebrauchen selbst immer mehr Nummern. Weil es einfach zu viele Objekte sind, die benannt werden müssen.
Damit kommen wir direkt zum nächsten Problem. Diese Woche hat HARPS mal eben 30 Planeten und zwei Braune Zwerge rausgehauen. Wer soll sich denn jetzt hinsetzen und vernünftige Namen für die alle ausdenken? Wir haben jetzt über 400 extrasolare Planeten. Irgendwann gehen uns einfach die Namen griechisch-römischer Sagengestalten und Gottheiten aus. Es gibt ja einen Grund, warum man sich für die oben erwähnten Kuipergürtel-Objekten in exotischeren Götterwelten bedient hat. Die dann aber auch nicht zu seltsam oder unaussprechlich sein dürfen. Azteken-Gottheiten werden wir am Himmel also vermutlich vorerst nicht antreffen. Wobei ich persönlich “Quetzalcoátl” ganz cool als Namen fände 😉
Ich denke mal, dass das Thema mal wieder auf der nächsten Tagung der “International Astronomical Union” diskutiert werden wird.
Persönlich halte ich es allerdings mit Shakespeare
By any other name would smell as sweet.”
Sprich: Mir ist es eigentlich herzlich egal, wie die Objekte meiner Begierde heißen. Spannend sind und bleiben sie so oder so. Sie wären nur mit anderen Namen leichter zu verkaufen.
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(1) Fand ich total klasse. Ich mag die Serie sehr gerne.
(2)Ich komm immer noch nicht drüber hinweg, dass der wirklich so heißt wie eines der Sternbilder, die er als grobe Richtlinie für seine Namensvergabe verwendet.
(3)Das Paper hier verweist vornehmlich auf klassisch griechische und lateinische Literatur als Referenz.
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