Wir haben’s geschafft! Wir haben jetzt unsere eigene Verschwörungstheorie. Phobos ist in Wahrheit ein Raumschiff. Und WIR vertuschen es. Jaha, wir sind jetzt SIE 😉
Am Anfang hoffte ich noch, dass folgende Webseite ein Scherz ist: “The world is hollow and I have touched the sky“. Da nimmt jemand unsere Daten und unsere wissenschaftlichen Ergebnisse und unsere PR-Aussagen zum letzten Vorbeiflug des Mars Express an Phobos (Ich hatte hier, hier und hier drüber berichtet) und bastelt sich seine ganz persönliche Verschwörungstheorie.
Das war übrigens die Reaktion meines Chefs auf diese Webseite 😉
Aus hoher vermuteter Porosität wird dann eben mal ein Hohlkörper.
Aus “vermutlich ist es kein eingefangener Asteroid” wird dann eben mal ein Raumschiff. In Wahrheit diskutieren wir zwei Entstehungsmechanismen: Zum einen Entstehung aus der Zusammenballung von aufgeworfenem Material vom Mars selbst aufgrund eines großen Asteroideneinschlags, zum anderen wird diskutiert, ob es einen größeren Asteroiden bei einem nahen Vorbeiflug am Mars zerfetzt und sich Phobos aus dem verbliebenen Rest wieder zusammengesetzt hat.
Aus den Rillen, die vermutlich entstanden, weil Phobos durch eine Wolke kleinerer Objekte flog, die dann auf der Oberfläche entlang rollten, wird dann eben ein auseinanderfallendes Raumschiff.
Und WIR sind SIE. WIR wissen es und lassen Euch alle, alle im Dunkel.
Links:Ausschnitt aus dem Bild #35A72 der fraglichen Region aufgenommen von Viking 1. Die schwarzen Sprenkel im Gesicht sind Datenfehler. Zufälligerweise liegt einer dieser Fehler so, dass er wie ein Nasenloch aussieht. Man könnte jetzt meinen, dass da ein Gesicht rumliegt. Man könnte auch mal für 5 Sekunden sein Gehirn einschalten, bevor man durch die Gegend rennt und “Außerirdische! Verschwörung!” schreit. Eines der Dinge, die Wissenschaft von einem riesigen dampfenden Haufen boviner Exkremente trennt, ist die Fähigkeit seine Wünsche und Träume mal hintenanzustellen und zu überprüfen, ob das, was man da zu sehen meint, wirklich da ist. Oder ob einem da Schatten was vorgaukeln. Gerade bei solchen gewaltigen Behauptungen bedarf es umfassender objektiver Prüfung aus möglichst vielen Blickwinkeln.
Mitte: Ein weiteres Bild (#70A13) von Viking 1 derselben Region mit einem leicht unterschiedlichen Blickwinkel und unter anderen Beleuchtungsverhältnissen. Sieht schon gar nicht mehr so sehr wie ein Gesicht aus.
Rechts dann ein Bild von Mars Global Surveyor aus dem Jahr 2001 mit deutlich höherer Auflösung. Nix da mit Marsgesicht. Schlicht eine optische Täuschung.
Menschen sind Mustererkennungsmaschinen. Es ist schlicht von großem Überlebensvorteil, wenn so ein unbehaarter Affe in der Savanne Afrikas den versteckten Löwen im hohen Gras rechtzeitig erkennt, bevor dieser ihn zu seiner nächsten Mahlzeit macht. Offensichtlich war diese Fähigkeit so nützlich, dass auch der eine oder andere Fehlalarm in Kauf genommen wurde. Nach dem Motto: Lieber einmal zuviel vor einem imaginären Raubtier davon laufen, als einmal zu wenig vor einem echten.
In der heutigen modernen Welt manifestieren sich diese Fehlalarme dann in anderer Form: Manche sehen Lenin in ihrem Duschvorhang, wieder andere die Jungfrau Maria in einem Käsetoast, Mutter Theresa in einer Zimtrolle etc. etc. pp.
Tja und einige Menschen können nicht zwischen einer Folge Raumschiff Enterprise und der Realität unterscheiden:
Oben: Bild aus einer TV-Episode Star Trek.
Unten: Künstlerische und übertriebene Darstellung davon, wie Mars Express von Phobos aufgrund der Massenanziehung des Mondes abgelenkt wurde.
Der Typ sollte seine übersprießende Phatansie mal lieber mit Ockhams Rasiermesser stutzen. Es gibt einen ganz ganz einfachen Grund, warum wir an unsere Grafen bislang keine Werte drangesetzt haben und warum wir uns bislang bedeckt halten.
1.Diese Daten sind unsere Rohdiamanten. Damit man damit was anfangen kann, muss das noch heftigst bearbeitet werden. Radio-Signal-Auswertung ist nun mal kompliziert. Und im Gegensatz zu den Pseudo-Wissenschaftlern testen wir unsere Aussagen ausgiebig, bevor wir mit dem ersten Gedanken, der uns durch unser Hirn schießt, durch die Gegend rennen.
2. Wir haben Jahre an Ressourcen (Zeit, Geld und Nerven, oh boy) für diesen Vorbeiflug aufgewendet. Da meint Ihr doch nicht ernsthaft, dass nachdem wir endlich, endlich einen so nahen Vorbeiflug gekriegt haben, die Daten durch die Gegend werfen, bevor wir damit fertig sind? Es ist unser gutes Vorrecht als verantwortliche Wissenschaftler auch die ersten Nutznießer der Daten zu sein, bevor wir diese frei jedem auf dem ESA Planetary Science Archive (PSA) zur Verfügung stellen. Unsere Daten aus den Jahren 2007 und älter liegen bereits dort. Wir laden jede Woche immer ein paar Datensätze hoch. Aber es dauert eben, die so aufzubereiten, dass auch jemand anders was mitanfangen kann. Man braucht bei dieser eher indirekten Messmethode nämlich jede Menge Dokumentation, Zusatzinformationen etc.
Irgendwann kommt schon die Auflösung, keine Sorge.
Meine liebsten Weltraumhelden hätten jedenfalls Folgendes zu dem sehr lockeren Umgang Hoaglands mit der Wahrheit zu sagen:
P.S.: Sollte es sich hier wirklich um eine groß angelegte Vertuschungsaktion handeln, dann hätte ich gerne hier mal einen Kaffee-Vollautomaten. Ach ja und der Scheck von der letzten Vertuschung, dass die Erde angeblich wächst, steht auch noch aus. Ihr wisst ja, wo Ihr uns finden könnt 😉
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