Da hatten wir letztens auf der Autobahn ein Erlebnis, das ich ausdrücklich nicht zur Nachahmung empfehlen möchte. Im Gegenteil: Es soll eine Warnung sein.
Wir waren auf dem Weg nach Darmstadt und mein Beifahrer konsultierte meinen Autobahn-Atlas, um zu sehen, ob wir die A5 oder A67 von Frankfurt aus nehmen sollten. Wir düsten mit sicherlich 120 km/h die Autobahn entlang, das Seitenfenster war runtergekurbelt, weil es sehr heiß war.
Ich hörte dann irgendwann neben mir ein seltsames Geräusch, schaute zur Seite und blickte in das völlig entsetzte und zugleich baff erstaunte Gesicht meines Beifahrers.
Ihm war eine Biene auf den Atlas geweht worden und er wollte diese lediglich wieder nach draußen zu bugsieren. Dazu hielt er den Atlas einfach aus dem Fenster raus. Waagrecht in den Luftstrom. Da hat der etwa 2 kg schwere Atlas die Flatter gemacht, obwohl er das Buch mit beiden Händen fest umklammert hatte.
Zum Glück für uns ist der Atlas neben die Autobahn gefallen und nicht hinter uns irgendeinem Fahrer gegen die Scheibe geknallt. Das hätte für den Transporter hinter uns ganz böse enden können. Der hat uns übrigens wenig später überholt, ohne uns groß zu beachten. Ich hab extra geguckt, ober der gerade wild am Schimpfen ist.
Die Erklärung, warum ein flaches Objekt in einer Luftströmung abhebt, kennt man in Kurzform vielleicht aus der Schule. Über dem Flügel ist der Druck kleiner als unten und deswegen gibt es eine Auftriebsbewegung. So weit, so gut. Nur wie es zu diesem Ungleichgewicht oben und unten kommt, das ist gar nicht einfach zu erklären. Hier wird ein neuer didaktischer Erklärungsversuch vorgeschlagen, der alle “einfachen” Erklärungen zusammenfasst. Für einen erfolgreichen Abflug ist neben einer hohen Strömungsgeschwindigkeit, es auch wichtig, dass es Reibung zwischen dem Flügel und der Luft gibt und dass es eine scharfe Abrisskante gibt, an der sich Verwirbelungen bilden können. Diese Bedingungen waren bei dem Atlanten durchaus gegeben.
Wir waren mit 120 km/h = 33 m/s unterwegs. Wenn ich jetzt die Auftriebskraft nach folgender Formel berechne und als Auftriebsbeiwert ca 0,4 wähle, für rho die Dichte von Luft auf Meereshöhe 1,2 kgm^3 setze und die Fläche des aufgeklappten Atlanten von 2 DIN-A4 Seiten mit ungefähr (0,4*0.3) Quadratmeter annehme, dann erhalte ich eine Auftriebskraft von:
Was ausreicht, um eine Gewichtskraft von etwa 3 kg auszugleichen. (Zumindest wenn ich mich nicht irgendwo völlig verrechnet oder falsche Annahmen gemacht habe 😉 ) Die Kraft kann durchaus höher gewesen sein. Ich hab hier nur gerade ad hoc-Annahmen gemacht, um zu prüfen, ob die Erklärung mit dem Atlanten als Flügel halbwegs realistisch ist. Mein Beifahrer sprach jedenfalls von einer Urkraft und er ist nicht gerade schwächlich. Kann aber auch schlicht die Überraschung gewesen sein.
Also halten wir mal fest: Es ist absolut eine schlechte Idee ein flaches Objekt während der Autofahrt in den Luftstrom zu halten. Auch wenn es ein paar Kilo wiegt. Für sich selbst und den Verkehr hinter einem. Lasst es einfach!
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