Im ersten Teil hatte ich dargelegt, wie sich abschätzen lässt, ob man überhaupt Transits extrasolarer Planeten zu Gesicht kriegt. Aber was nützen einem die besten Sichtverhältnisse, wenn das, was man hofft zu sehen, so winzig ist, dass es nicht auszumachen ist?


Also wie stark kann unser gesuchte Signal werden? Und haben wir überhaupt irgend eine Chance das auch zu messen?

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Dazu schauen wir uns an, wieviel Licht so ein Stern aussendet und wieviel ein Planet davon blockiert. Genauer gesagt brauchen wir als Maß für das Licht, das bei uns ankommt, die Strahlungstromdichte oder Flussdichte an. (1) In unserem Fall: Die Anzahl der Photonen die pro Zeiteinheit eine gewisse Fläche durchfließen mussten. Die Photonen kommen nicht von irgendwo her sondern von der Oberfläche eines Sterns. Da Licht im Vakuum (bis auf einige ziemlich coole Ausnahmen) geradeaus zu fliegen neigt, erreicht uns nur Licht von der scheinbaren Sternscheibe. Die Fläche dieser Scheibe ist:

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Bild (CNES, CoRoT): Die Helligkeit des Sterns CoRoT-2, der ab und an von einem jupitergroßen Planeten teilweise verdeckt wird. (Anklicken, um zur Großansicht zu gelangen.)

1%-Abfall? Eigentlich kein Problem. Sieht man teilweise schon mit dem bloßen Auge.

So und jetzt zeig ich Euch mal die ungefilterte Lichtkurve von CoRoT-7, in der wir den 0.034%-Abfall gefunden haben:

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Bild (L. Carone/CNES/CoRoT): Helligkeitskurve von CoRoT-7.

Na? Könnt Ihr da irgendwas mit dem bloßen Auge erkennen?

Nein? Gut! Ich nämlich auch nicht 😉

Wir mussten die Daten filtern und dann dezidiert nach einem Signal suchen, von dem wir wussten, wie es ungefähr auszusehen hat: so ähnlich wie ein U. Und es musste sich periodisch wiederholen. Wenn man diese Wiederholungen zusammenfasst und übereinander legt, ergibt sich dann folgendes Bild:

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Bild (L.Carone/CNES/CoRoT): Ganz, ganz viele Transits von CoRoT-7b übereinander gestapelt. Das ist jedenfalls das, was wir hier in Köln herauskriegen. Da wir innerhalb der CoRoT-Gemeinschaft mit verschiedenen Teams arbeiten, die mit unterschiedlichen Verfahren den Lichtkurven zu Leibe rücken, können wir unsere Ergebnisse immer gegenseitig überprüfen. Was gerade bei solchen Objekten am Rande des Machbaren auch absolut nötig ist.

Überhaupt mussten wir erst ins Weltall ausweichen, um die erforderliche Genauigkeit zu erreichen. Inzwischen sucht auch Kepler den Sternenhimmel ab. Allerdings an einer anderen Stelle als wir. Wir kommen uns schon nicht die Quere, keine Sorge.

Aber halt, Moment mal. In den ganzen Überlegungen haben wir stillschweigend eine Grundannahme hineingesteckt. Wir schauen uns fast ausschließlich sonnenähnliche Sterne an. Warum eigentlich?

Sonnenähnliche Sterne sind so schön klein.

Auch wenn es uns seltsam vorkommt, aber unser Sonne zählt zu den Zwergsterne. Wie wir anhand der Formel oben erkennen können: Je kleiner der Stern, desto besser ist der Planet zu sehen.

Wie groß ist der gesuchte Abfall relativ gesehen, wenn wir einen Jupiter z.B. um einen relativ kleinen Riesenstern des 10fachen Umfangs unserer Sonne wie z.B. Capella suchen würden?
Etwa 0.01%

Das ist 100 mal weniger als bei einem sonnenähnlichen Stern, was nur teilweise dadurch aufgefangen wird, dass so ein Stern dafür immerhin 10 mal stärker leuchtet.

Unterm Strich bleibt dennoch, dass so ein Planet bei gleicher Entfernung zur Erde etwa 10mal schlechter zu sehen sein wird, als wenn er einen Zwergstern umkreist.


Sonnenähnliche sind so schön langweilig

Um mal wieder zur Flutlicht-Insekten-Analogie zurückzukehren: Wenn man schon winzige Schatten vor einem grellen Licht erkennen will, wird die Aufgabe nicht gerade einfacher, wenn es sich bei diesem Licht um eine blinkende pulsierende Diskokugel handelt.

Auch wenn die hier gezeigten Sterne ganz schöne Variationen zeigen, so sind diese immer noch vergleichsweise gutmütig. Im Grunde sind Sterne wie unsere Sonne die meiste Zeit ihres Lebens ziemlich langweilig. Ein bisschen pulsiert ein Stern zwar immer, aber selbst die recht aktiven Exemplare zeigen Fluktuationen im 1%-Bereich. Harmlos. Da zeigen andere Sterne mehr.

Sonnenähnliche sind gute Bruthennen für Planeten

Es gibt übrigens noch kleinere Sterne als unsere Sonne. Aber es wird stark angenommen, dass diese kaum Planeten hervorbringen. Denn man braucht schon eine ganze Menge Material, um Planeten zu bilden. Kleine Sterne raffen anscheinend von vornherein wenig Material zusammen. Da bleibt nicht viel für Planeten übrig.

Größere Sterne, also unsere Riesensterne, raffen zwar ziemlich viel Material zusammen. Aber dummerweise geben sie auch nach der Fusionszündung im Inneren auch recht viel Strahlung ab, wodurch sie Staub und Gas schon wieder weg blasen. Außerdem brennen solche Sterne sehr heiß und feurig und zehren ihren Brennstoff schneller auf als Zwergsterne. Obwohl sie mehr davon angehäuft haben. Sozusagen als kosmischer Ausgleich. So brennt ein Stern vom Typ Capella, wie oben vorgestellt, bereits nur einige 100 Millionen Jahre statt 10 Milliarden Jahre wie unsere Sonne. Das ist in kosmischen Maßstäben nicht allzuviel.

Eigentlich geht es bei der Planetensuche um uns

Bis vor kurzem waren wir noch nicht mal sicher, dass es überhaupt Planeten da draußen gibt. Heute entdecken wir ständig neue. Wir behandeln hier also einen Aspekt der Frage “wo kommen wir her?” bzw. “Warum sind wir hier?” Und natürlich auch “Sind wir einzigartig?” Wesen wie wir um eine ganz ähliche Sonne wie der unseren? Das ist der Stoff aus dem Science-Fiction-Geschichten geboren werden.

Daher stürzt man sich derzeit vor allem auf sonnenähnliche Sterne.

Auch wenn es grundsätzlich mindestens 20mal wahrscheinlicher ist, einen Transit eines Planeten um einen Riesenstern zu beobachten als um einen sonnenähnlichen Stern.

Aber nicht nur

Es gibt schließlich noch andere Messmethoden und auch andere Gruppen abseits von den großen Durchmusterungsprogrammen. Einige suchen nach Planeten um recht kleine M-Sterne. Exoplaneten um Weiße Zwerge – also Sternenleichen – wurden auch schon gefunden. Dann gibt es noch die Pulsarplaneten, sozusagen Planeten um piepsende Sternenleichen.
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(1) Ich hab diese Entfernung mit den Formeln über die Helligkeit der Sterne berechnet.

Ich brauch hier eine Beziehung zwischen einem Maß der Leuchtstärke eines Flutlichts in Entfernung x und der Leuchtstärke eines Körpers mit bekannter scheinbarer Magnitude. Die Sonne kennen wir ja. Die hat eine Magnitude von -26 und als Leistungsdichte nehme ich den Wert 125 W/m^2. Für das Flutlicht gehe ich von einer Halogen-Metalldampf-Lampe mit 1000 Watt aus. Ich nehme eine Leuchtausbeute von 10% an. D.h. in x m Entfernung erhalte ich eine Leistungsdichte von:

Für eine Entfernung von 8 000 km erhalte ich 1.2E-13 W/m^2.

Die hellsten Sterne, die wir nach Exoplaneten durchsuchen, haben Magnituden 11.

(2) Ich gehe von einem relativ kleinen Flutlicht mit 50×50 cm Höhe x Breite aus. Gemäß eines alten aber bewährten Klischees nehme ich ganz frech an, dass ich die Fläche eines Insekten-Schattens annähernd mit einem Kreis beschreiben kann. Ich habe jeweils einen Radius von 10 mm für Bienen, einen Radius von 28 mm für Hornissen, einen Radius von 5 mm für Stubenfliegen und einen von 3 mm für Fruchtfliegen angenommen. Im Grunde versuche ich hier ein Fermi-Problem zu lösen. Eine pi-mal-Daumen-Abschätzung. Obwohl ich nicht alle Daten und Zusammenhänge zur Verfügung habe, kommt man damit in der Regel zumindest in die richtige Größenordnung. Es geht auch nur darum, ein Gefühl für die Größen hier zu vermitteln; Mit Gegenständen, die der Leser eher aus seinem Alltag kennt.

Kommentare (3)

  1. #1 MartinB
    September 6, 2010

    Super-Post!

  2. #2 Florian Freistetter
    September 6, 2010

    Ich hoffe bei der Arbeit an diesem Artikel sind keine Tiere zu Schaden gekommen 😉

  3. #3 NC
    September 22, 2010

    Wirklich ein guter Artikel mit verständlichen Erklärungen. Danke!