Von Plattentektonik gehört haben wir alle schon mal. Aber hat Ihr das auch schon mal gesehen?
Manchmal lässt sich bereits von oben erkennen, dass unsere Erde Risse hat, an der Platten reiben. Wie z.B. an der San Andreas Verwerfung:
Bild (NASA,SRTM, JPL): Aufgenommen im Rahmen der Shuttle-Radar-Topographie-Mission von Endeavour aus kombiniert mit einem Landsat-Bild. Die Höhen sind übertrieben. Rechts von den Bergen, dieser feine Riss, das ist die San-Andreas-Verwerfung. Hier schrabbt die pazifische und die nordamerikanische Platte gegeneinander. Mit einer Geschwindigkeit von ein paar Zentimetern pro Jahr. Hier ist Plattentektonik also direkt erfahrbar, wenn wir lange genug hinsehen.
Besonders eindrucksvoll finde ich aber dieses Bild:
Bild (M. G. Bostock, R. D. Hyndman, S. Rondenay & S. M. Peacockk, An inverted continental Moho and serpentinization of the forearc mantle, Letters to Nature, 417, 536-538 (30. Mai 2002)).
Was sehen wir hier? Es handelt sich sozusagen, um das “Ultraschallbild” der Cascadia-Verwerfung zwischen Nordkalifornien und Vancouver, Kanada. Ich schreib Ultraschall, weil die Methodik dahinter ähnlich und den meisten Menschen aus dem Alltag eher geläufig ist. Wellen werden hineingeschickt und dann nachgemessen ob und wie diese reflektiert werden. Nur dass hier kein Ultraschall sondern Erdbeben verwendet wurden. Zum gibt es die gerade in den interessanten Bereichen ständig frei Haus, zwischen 1993-1994 gab es in der Region 31 Erdbeben, die für die Messung genutzt werden konnten. Zum anderen sind bestimmte Erdbebenwellen in der Lage sogar durch den gesamten Erdball zu reisen und am anderen Ende der Welt wieder aufzutauchen. Wir kommen also sehr tief hinein damit. So tief, dass wir ungefähr wissen, was da unten so geologisch vor sich geht.
Verwirrenderweise gibt es zwei Arten von Wellen, die da vom Erdbebenherd aus durch den Erdball sausen. Die P-Welle, die noch am ehesten einer Schallwelle entspricht, weil es sich hier um eine Kompressionswelle handelt. D.h. die Erde wird entlang der Laufrichtung der Welle mal dicht und mal weniger dicht. Das andere sind die S-Wellen. Hier buckelt und hebt sich das Gestein entlang der Laufrichtung. Die treibende Kraft ist die Scherkraft, wenn festes Gestein an festem Gestein reibt. Da in Flüssigkeiten keine Scherkräfte aufrecht erhalten werden können, dringen S-Wellen da nicht ein und werden umgelenkt. Deswegen wissen wir auch, dass bestimmte Teil der Erde tief unten flüssig sein müssen. Weil P-Wellen da durchgehen, S-Wellen aber nicht. Hier gibt es eine schöne Einführung mit Bildern zu dem Thema.(2) Erstellt von Schülern des St. Michael Gymnasium Monschau. Ehre, wem Ehre gebührt!
Hier ein Video zum selben Thema, das noch die für uns gefährlichen Oberflächenwellen erklärt, welche Gebäude zum Einsturz bringen.
Zurück zu dem Bild oben. Im Rahmen des IRIS-PASSCAL-Experimentes (1) wurde mitten in Oregon 40 Seismometer platziert und aufgezeichnet, was da an Erdbebenwellen und da insbesondere an S-Wellen antanzt, um aus den Störungen dieser Wellen zu erfahren, wie es da aussieht. In Farbe ist die Stärke der Störung aufgezeichnet.
Was ist aber jetzt da eigentlich zu sehen? Hier dasselbe Bild aber mit Erklärungen.
Bild (M. G. Bostock, R. D. Hyndman, S. Rondenay & S. M. Peacockk, An inverted continental Moho and serpentinization of the forearc mantle, Letters to Nature, 417, 536-538 (30. Mai 2002)).
Der tiefrote Keil oben links ist ein Teil der pazifischen weniger dichten Ozeanplatte, die unter den kontinentalen und dichteren nordamerikanischen Keil (horizontal weiter rechts) geschoben wird. Die Moho ist eine Grenzfläche zwischen Erdkruste und Erdmantel. Sie markiert also den Rand der äußeren Zwiebelschale der Erde. Wir sehen weiterhin, dass der tiefrote Keil, der hier runtergeschoben wird, von oben nach unten seine Farbe ändert. Weil es für das Material nicht ohne Folgen bleibt, wenn festes Gestein in heißere Regionen herunter gedrückt wird. Wir sehen hier live und in Farbe der Plattentektonik bei der Arbeit zu. Noch dazu bequem trockenen Fußes, denn der hier sondierte Teil der Subduktionszone liegt vor der Küste Oregons.
Wer sich weiter zu dem Thema informieren will, dem empfehle ich folgende Webseite: Seismology Workshop on Computational Seismology. Vor allem die beiden Vorträge zum Thema “seismic imaging” sind wirklich gut und auch Laien können da einen kleinen Einblick erhalten, wie das Ganze funktioniert.
P.S: Vielleicht lässt sich auch der eine oder andere Anhänger der “wachsenden Erde-Hypothese/Plattentektonik kann gar nicht stimmen”-Fraktion von der Fülle an Bildern überzeugen. Nach dem heutigen Wissensstand gibt es jedenfalls keinen Grund mehr, anzunehmen, dass sich die Erde aufbläht wie ein Ballon und deswegen die Kontinente da sind, wo sie heute sind. Weil es ja gar nicht sein kann, dass Kontinente gegeneinander knallen.
Ja, wie wir sehen, tun sie es aber doch. Klingt schräg, aber diese schräge Story ist tatsächlich wahr und wird immer reicher an Details, je mehr wir forschen.
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(1) Wie lang die darüber wohl nachgedacht haben? Über die Akronyme meine ich.
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