Warum sollte es anderen besser gehen? Auch CoRoT-7b – das Kronjuwel unter unseren bislang entdeckten Planeten – macht uns ganz schön viel Arbeit.
Mit der Geschichte der Entdeckung von CoRoT-7b bin ich natürlich gut vertraut. Schließlich war ich dabei und hab auch bisschen Hand angelegt. Was haben wir getestet und gemessen. Erst um sicher zu gehen, dass der Transit alle 0,85 Tage – also die Planetenabschattung – wirklich wirklich echt ist.
Bei einem Transit zieht der Planet von uns gesehen vor dem Stern vorbei und verdeckt diesen ein bisschen.
Das Wiegen mit der Radialgeschwindigkeitsmethode war aber auch nicht wirklich einfach. Ganz im Gegenteil. Wir haben ein ganzes Jahr mit allen möglichen Teleskopen auf den Stern geschaut, um dann im Jahr 2009 verkünden zu können: Ja, wir haben einen Planeten mit 1,68 fachen Erdradius und er wiegt höchstens das 21fache der Erde. (Leger et al., 2009)
Na super. Ist jetzt nicht so aussagekräftig. Unser Problem war und ist nicht nur, dass der Planet am Rand der Messbarkeit liegt, der Stern selbst ist auch sehr aktiv. Es ist ein bisschen so, als versuche mensch eine Flöte zu hören, während im Vordergrund der Presslufthammer werkelt. Trotzdem gelang es unseren Kolleginnen noch im Jahr 2009 endlich mal ne Masse in trockene Tücher zu bringen und damit die Existenz des Planeten endgültig zu bestätigen. Das Gewicht von CoRoT-7b beträgt demnach: 4,8+-0,8 Erdmassen. (Queloz et al, 2009)
Zusammen mit dem 1,7fachen Erdradius ergibt das tatsächlich die Dichte eines felsigen Körpers. Also die Bestätigung, das CoRoT-7b eine Supererde ist. Etwas wie die Erde, die Venus oder der Mars in unserem Sonnensystem – nur eben was größer. Ach und nebenbei haben die einen weiteren kleinen etwa 8,5 Erdmassen schweren Planeten weiter entfernt vom Stern gefunden. Dieser ziert sich allerdings und zeigt uns keinen Transit. Seine Bahn ist in Bezug zu unserer Sichtlinie einfach zu stark geneigt. Die Wahrscheinlichkeit einen Transit zu sehen, wird immer kleiner je weiter weg der Planet seine Stern umkreist, wie hier ausführlich dargelegt.
Damit war die Sache aber noch nicht erledigt. Wie ist das noch mal in der Wissenschaft? Einmal ist keinmal und wer sagt denn, dass sich Didier Queloz und seine Kolleginnen nicht vertan haben? Kann ganz leicht passieren. Daher haben Artie Hatzes und seine Kolleginnen im Jahr 2010 ihre eigene Analyse und ihren Massewert in die Waagschale geworfen: 6.9+-1,4 Erdmassen.
Okay. Die Fehlerbalken überlappen sich immerhin, aber der zweite Wert ist doch deutlich größer und der Planet wäre demnach deutlich dichter.
Aber nicht nur die Masse auch der Radius des Planeten wurden noch mal genauer unter die Lupe genommen. Wie ich hier mal erklärt habe, kriegen wir den Radius eines Planeten aus einem Transit heraus, wenn wir den Radius des Sterns kennen. Bruntt und seine Kolleginnen haben sich also noch mal die Eigenschaften des Sterns genau angesehen und haben die Größe des Sterns nachgebessert. Nach der neuen Analyse hat CoRoT-7b die 1,58fache Größe der Erde. Das ist zwar nur ne kleine Korrektur, aber gerade der Radius macht bei der Dichte unheimlich viel aus. Unsere Super-Erde wäre demnach noch mal um einiges dichter. Statt 5,6 g/cm^3 (etwa Marsdichte) wären wir jetzt auf einmal bei 7,2 g/cm^3. Was deutlich dichter ist als die Felsplaneten in unserem Sonnensystem.
Tja und dann saß ich also in Turin vor 2 Wochen auf der großen astronomischen Exoplaneten-Tagung, da flüsterte mir der Kollege ins Ohr. “Du! Hast Du schon das letzte Paper von Frederic Pont und co gesehen?”
Nein, hatte ich nicht. ich hab’s dann so schnell wie möglich nachgeholt.
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Die schmeißen jetzt einen Wert von 1-4 Erdmassen in den Ring und warnen “we caution that models building on the rocky nature of CoRoT-7b may be built on sand.” Der Planet könnte nach dieser letzten Arbeit eher ein Mini-Neptun sein. CoRoT-7b wäre dann kein Felsplanet, sondern ein sehr, sehr kleiner Gasplanet. Auch sehr spannend, aber das ist nicht das, was wir seit Jahren in alle Welt hinausposaunen.
Ach und nebenbei warnen Pont und Kolleginnen, dass HARPS, die Schweizer Planetenwaage, einen kleinen systematischen Effekt hat (sozusagen falsch geeicht ist) und damit die Planetenmasse bislang überschätzt worden ist.
Oh Mann, ist das ein Rumgeeiere. Das wird noch lustig.
Wie Artie Hatzes mir dann beim Abendessen erklärte, findet er die Vorgehensweise von Pont und co nicht so gut, weil die mit einem Modell der Sternenaktivität herangehen. Wenn das aber falsch ist, dann geht die ganze Analyse zum Teufel. Er und seine Kollegen haben dagegen “einfach” jeweils Messungen miteinander verglichen, die so kurz waren, dass die Sternenaktivität – also das störende Flackern – in dieser Zeit quasi als eingefroren betrachtet werden kann. Der Planet braucht gerade mal 21 Stunden für einen vollen Umlauf. Da reichen einige Stunden aus, um zumindest einen Teil der Planetenbahn einzufangen. Wir könnten also sagen, dass sie eine Reihe von stroboskopischen Aufnahmen des Sterns gemacht haben, um daraus die wesentlich schnellere Bewegung des Planeten abzuleiten. Nur wenn HARPS wirklich ein kleines bisschen verstellt ist, wie Pont und co behaupten, dann sind auch die Analysen von Hatzes und co dadurch leicht verfälscht.
Dabei ist der Stern CoRoT-7 mit einer Magnitude von 11 einer der hellsten in unseren Beobachtungsfeldern. Und der Planet CoRoT-7b hat eine sehr kurze Umlaufdauer von 21 Stunden. Je kürzer aber die Umlaufperiode, desto größer der Effekt in der Radialgeschwindigkeit. D.h. es wird da draußen kaum erdgroße Planeten geben, die noch “leichter” zu messen sind. CoRoT-7b ist schon ein großer Glücksfall. Wenn wir aber schon bei so einem extrem günstigen Objekt solche Probleme haben, die Masse festzunageln, wie geht es dann erst anderen? Immerhin haben wir im Gegensatz zu den Entdeckern von Gliese 581 g auch noch den Transit des Planeten. D.h. es gibt eine weitere unabhängige Methode, die ziemlich gut belegt, dass das Ding wirklich, wirklich da ist.
Aber nicht nur wir haben so unsere Probleme mit unserer Super-Erde. Auch unsere amerikanischen Kollegen vom Kepler-Team müssen sich was einfallen lassen. Dazu nächste Woche mehr im 4. Teil des Super-Erden-Dramas.
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Bruntt, H., Deleuil, M., Fridlund, M., Alonso, R., Bouchy, F., Hatzes, A., Mayor, M., Moutou, C., & Queloz, D. (2010). Improved stellar parameters of CoRoT-7 Astronomy and Astrophysics, 519 DOI: 10.1051/0004-6361/201014143
Queloz, D., Bouchy, F., Moutou, C., Hatzes, A., Hébrard, G., Alonso, R., Auvergne, M., Baglin, A., Barbieri, M., Barge, P., Benz, W., Bordé, P., Deeg, H., Deleuil, M., Dvorak, R., Erikson, A., Ferraz Mello, S., Fridlund, M., Gandolfi, D., Gillon, M., Guenther, E., Guillot, T., Jorda, L., Hartmann, M., Lammer, H., Léger, A., Llebaria, A., Lovis, C., Magain, P., Mayor, M., Mazeh, T., Ollivier, M., Pätzold, M., Pepe, F., Rauer, H., Rouan, D., Schneider, J., Segransan, D., Udry, S., & Wuchterl, G. (2009). The CoRoT-7 planetary system: two orbiting super-Earths Astronomy and Astrophysics, 506 (1), 303-319 DOI: 10.1051/0004-6361/200913096
Léger, A., Rouan, D., Schneider, J., Barge, P., Fridlund, M., Samuel, B., Ollivier, M., Guenther, E., Deleuil, M., Deeg, H., Auvergne, M., Alonso, R., Aigrain, S., Alapini, A., Almenara, J., Baglin, A., Barbieri, M., Bruntt, H., Bordé, P., Bouchy, F., Cabrera, J., Catala, C., Carone, L., Carpano, S., Csizmadia, S., Dvorak, R., Erikson, A., Ferraz-Mello, S., Foing, B., Fressin, F., Gandolfi, D., Gillon, M., Gondoin, P., Grasset, O., Guillot, T., Hatzes, A., Hébrard, G., Jorda, L., Lammer, H., Llebaria, A., Loeillet, B., Mayor, M., Mazeh, T., Moutou, C., Pätzold, M., Pont, F., Queloz, D., Rauer, H., Renner, S., Samadi, R., Shporer, A., Sotin, C., Tingley, B., Wuchterl, G., Adda, M., Agogu, P., Appourchaux, T., Ballans, H., Baron, P., Beaufort, T., Bellenger, R., Berlin, R., Bernardi, P., Blouin, D., Baudin, F., Bodin, P., Boisnard, L., Boit, L., Bonneau, F., Borzeix, S., Briet, R., Buey, J., Butler, B., Cailleau, D., Cautain, R., Chabaud, P., Chaintreuil, S., Chiavassa, F., Costes, V., Cuna Parrho, V., De Oliveira Fialho, F., Decaudin, M., Defise, J., Djalal, S., Epstein, G., Exil, G., Fauré, C., Fenouillet, T., Gaboriaud, A., Gallic, A., Gamet, P., Gavalda, P., Grolleau, E., Gruneisen, R., Gueguen, L., Guis, V., Guivarc’h, V., Guterman, P., Hallouard, D., Hasiba, J., Heuripeau, F., Huntzinger, G., Hustaix, H., Imad, C., Imbert, C., Johlander, B., Jouret, M., Journoud, P., Karioty, F., Kerjean, L., Lafaille, V., Lafond, L., Lam-Trong, T., Landiech, P., Lapeyrere, V., Larqué, T., Laudet, P., Lautier, N., Lecann, H., Lefevre, L., Leruyet, B., Levacher, P., Magnan, A., Mazy, E., Mertens, F., Mesnager, J., Meunier, J., Michel, J., Monjoin, W., Naudet, D., Nguyen-Kim, K., Orcesi, J., Ottacher, H., Perez, R., Peter, G., Plasson, P., Plesseria, J., Pontet, B., Pradines, A., Quentin, C., Reynaud, J., Rolland, G., Rollenhagen, F., Romagnan, R., Russ, N., Schmidt, R., Schwartz, N., Sebbag, I., Sedes, G., Smit, H., Steller, M., Sunter, W., Surace, C., Tello, M., Tiphène, D., Toulouse, P., Ulmer, B., Vandermarcq, O., Vergnault, E., Vuillemin, A., & Zanatta, P. (2009). Transiting exoplanets from the CoRoT space mission Astronomy and Astrophysics, 506 (1), 287-302 DOI: 10.1051/0004-6361/200911933
Pont et al., 2010, Re-assessing the radial-velocity evidence for planets around CoRoT-7
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