Als Musik-Video am Wochenende bietet sich das folgende frisch vom DLR an:

Hier geht es zur vollen Pressemitteilung des DLR für all diejenigen, die keine Ahnung haben, was die Sonde Dawn macht (Asteroiden besuchen: bei Vesta war sie und nun geht’s zu Ceres) und dass, das DLR die Kamera beigesteuert hat.

Am Südpol von Vesta gibt es einen Krater mit über 500 km Durchmesser in dessen Mitte ein 22 km hoher Berg aufragt. Der Berg ist damit mehr als zwei mal so hoch wie der Mount Everest. Allerdings bin ich etwas überrascht von der Aussage, dass sie ‘solche Ausmaße bisher auf keinen planetaren Körper gesehen haben’.

Gestatten, Olympus Mons auf dem Mars:
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Der Vulkan ist 26.4 km hoch mit einem Durchmesser von fast 600 km.

Aber vielleicht ist auch gemeint, dass ein Einschlagkrater mit einem so riesigem Zentralberg in unserem Sonnensystem seinesgleichen sucht.

Ich finde solche Zentralberge absolut faszinierend, weil ihre Entstehung der ‘normalen’ menschlichen Erwartung widerspricht: Wenn ein großes Fels auf den Boden einschlägt, erwarten wir gemeinhin ein großes Loch im Boden. Das ist auch das, was bis zu einer gewissen Kratergröße beobachtet wird. Ab einer kritischen Kratergröße also ab einer gewissen Einschlagsenergie – abhängig von der Eigengravitation des Himmelkörpers und der Bodenbeschaffenheit am Einschlagsort – passiert etwas sehr Seltsames. Der Boden in und um den Krater zeigt Eigenschaften einer zähen Flüssigkeit.

Auf dem folgenden Bild ist sehr gut zu erkennen, wie sich um den Krater Rhea Siliva auf Vesta richtige Schock-Wellen gebildet haben, die anschließend im Gestein ‘fest gefroren’ sind.

i-89193472a83ef98ef3b9609e682c5774-Rhea_Silvia_vesta-thumb-400x435-32641.jpgBild: NASA, DLR

Auch der Fels im Krater selbst verhält sich seltsam beim und kurz nach dem Einschlag (zumindest soweit ich das auf Konferenzen und beim Lesen vereinzelter Publikationen mitbekommen habe) er verformt sich elastisch und schnellt kurze Zeit nach dem Einschlag ‘elastisch’ zurück (elastic rebound). Den Einschlagskörper selbst zerreißt und ‘verdampft’ es förmlich bei dem Einschlag.

Dieser Prozess kann zumindest teilweise die Entstehung des Zentralberges erklären.

Ich hab auch eine Simulation

und Laborexperimente zu dem Thema gefunden:

Es scheint aber – wie immer – nicht ganz so ‘einfach’ zu sein. Ich hab zumindest einige Publikationen gefunden, die anführen, dass ‘elastic rebound’ alleine nicht die Höhe von Zentralbergen bzw. anderen noch komplexeren Strukturen bei noch größeren Kratern erklären kann. In einer Publikation von Melosh und Ivanov aus dem Jahr 1999 erklären die Autoren, dass es nach dem Einschlag – wenn der Krater sich abkühlt – erst richtig losgeht. Ein Teil des frischen Einschlagkraters stürzt insbesondere an den Hängen in sich zusammen und Material in der Mitte beginnt sich allmählich aufzuwölben, um dem Ungleichgewicht zu begegnen, den der Einschlag im lokalen Gravitationsfeld erzeugt hat.

Um das zu verstehen, ist es hilfreich sich vor Augen zu führen, dass i.A. die Oberfläche eines planetaren Körpers sich in einem Kräftegleichgewicht befindet. Auf einen beliebigen Stein auf der Oberfläche wirkt zum einen die Massenanziehung des planetaren Körpers, die durch die Kräfte, die das Gestein in sich zusammenhalten, wieder ausgeglichen werden muss; Wenn es diese Bindungen im Gestein nicht gäbe, würde der Stein sonst einfach ins Zentrum des planetaren Körpers stürzen. Wenn aber das ganze Gestein auf einen Schlag zusammengedrückt wird, dann ist das gesamte Material auf einmal unter der imaginären Fläche, auf der alle Kräfte – vor dem Einschlag – im Gleichgewicht waren (die Äquipotentialfläche).

Nach dem Einschlag ‘versucht’ das Gestein daher wieder zurück zu ‘fließen’. Da aber das Gestein nach der Abkühlung nicht mehr so fließfähig ist, kommt es nicht zu einem gleichmäßigen Wiederauffüllen des Kraters sondern eben zu diesem Wechselspiel aus In-Sich-Zusammenstürzen am Rand und der Aufwölbung in der Mitte, was dann insgesamt den Zentralberg und andere Strukturen bei noch größeren Kratern zur Folge hat.

Beide Effekte – das elastische Zurückschnellen wie die anschließende Umformung – wird bei der Kraterbildung sicherlich eine Rolle spielen. Ich persönlich finde es allerdings erstaunlich, dass diese anschließende Umformung viel mehr zum Zentralberg beitragen soll als das elastische Zurückschnellen beim Einschlag. Allerdings bin ich nicht wirklich ein Experte auf diesem Gebiet und wir sprechen hier auch von Geschehnissen, die sich – zum Glück – unserer Vorstellung und Erfahrung entziehen. Ich kann also nicht wirklich kompetent sagen, welcher Effekt hier die Oberhand hat oder ob sich beides ausgleicht oder ob gar noch weitere Effekte hier eine Rolle spielen.

Ich bin also gerade angenehm verwirrt und warte mal ab, ob mir in Zukunft was zu dem Thema unterkommt und schließe mit meinem Lieblingskrater plus Zentralberg ab: dem Todestern Krater Herschel auf dem Saturnmond Mimas
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Bild: NASA/JPL/Space Science Institute.

Kommentare (7)

  1. #1 rolak
    September 2, 2012

    Sehr beeindruckender Vesta-Überflug, Empfehlung: 720p, Vollbild, Muße.

    Deine Verwirrung bzgl der Kraterbildung kann ich nachvollziehen – allerdings dürften wir bei der (vorsichtig formuliert) in Gänze nicht sehr intuitiven Fluiddynamik (erweitert, nehme ich an) nicht die Einzigen sein…

  2. #2 Alderamin
    September 3, 2012

    Hmm, Wassertropfen machen zwar einen schönen Rebound, aber Wassertropfen haben eine immens hohe Oberflächenspannung, wie man in dem zweiten Video sieht, dafür gibt es bei den großen Einschlagkratern eigentlich keine Ensprechung. Die Oberflächenspannung scheint maßgebend dafür zu sein, dass ein Tropfen sich in dem Video wieder zusammenzieht und nach oben springt (vor allem der erste auf die Polyethylenplatte). Was nicht heißt, dass eine im Boden reflektierte Stoßwelle nicht auch einen Rebound verursacht, nun dürfte der Prozess beim Wasser signifikant anders ablaufen.

    Einem Meteoreinschlag entspricht eher so was hier, wo ein Geschoss mit hoher Geschwindigkeit in ein poröse Masse geschossen wird, aber kleine Einschläge bilden keine Zentralberge. Es ist schon schwierig, so etwas im Modell nachzustellen, man wird sich wohl auf Simulationen verlassen müssen.

  3. #3 Ludmila
    September 3, 2012

    @Alderamin: Ja, da hast Du vollkommen Recht, beim Übertrag Labor-Planeten muss natürlich aufgepasst werden. Ob der Rebound bei Wasser soviel anders abläuft? Nun ja, im Fall von Gestein hält es die hohe Viskosität zusammen, im Fall von Wasser ist es die Oberflächenspannung. Ist es in dem Zusammenhang zumindest in erster Näherung nicht recht ähnlich? Zumindest um sich halbwegs vor Augen zu führen, was ein Rebound ist, finde ich das Video recht hilfreich und mehr wollte ich auch nicht.

  4. #4 Constantin
    September 7, 2012

    Wow, sehr tolles Video und interessanter Artikel! Ich freu mich, dass es bei “Hinterm Mond gleich links” wieder weitergeht!
    Ich hab auch gleich eine Frage: Vielleicht bin ich heute nacht zu muede, aber ich verstehe nicht, woher die Kraft kommt, die zu dieser Umformung fuehrt?

  5. #5 Ludmila
    September 8, 2012

    Wie Lars Fischer vom Fischblog mir letztens erklärte, rührt ein gut Teil dieser Kraft nicht nur daher, dass da ein riesiger ‘Kolben’ in Form eines Asteroiden den Boden eindrückt und den Boden nach dem Eindrücken wieder halbwegs elastisch ‘zurückkommt’. Zusätzlich passiert wohl auch Folgendes: ne ganze Menge Bodengestein verdampft und legt Tiefengestein frei. Das war vor dem Einschlag unter dicken Schichten Gestein begraben und stand daher vor dem Einschlag unter Druck. Nach dem Verdampfen der oberen Schichten ist der Druck weg und das Tiefengestein dehnt sich aus. Nach unten geht es schlecht, weil da ist ja noch Boden im Weg ist, daher dehnt sich das Tiefengestein nach oben hin aus, wo der Weg auf einmal frei ist.

  6. #6 Constantin
    September 8, 2012

    Danke, das hab ich jetzt verstanden.

  7. #7 test
    September 24, 2012

    danke ludmila , jetzt bin ich schon gespannt auf “das beste von ceres” video 2015 🙂