Vor ein paar Wochen wurde mir und den Kollegen und Kolleginnen an der KU Leuven etwas näher gebracht, das ich am liebsten einmal jährlich jeder Wissenschaftlerin und jedem Wissenschaftler verschreiben würde: Wie führe ich Verhandlungen, ohne einerseits wie ein A*** rüberzukommen und ohne andererseits untergebuttert zu werden.

In diesem verpflichtenden (!) Kommunikations-Workshop wurde erklärt, welche “Knöpfe” es in zwischenmenschlichen Beziehungen gibt und welche mensch drücken sollte und welche eher nicht, weil dann das Gespräch von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist. Nur so als Beispiel: Wenn ein Projekt nicht so läuft, wie mensch sich das gedacht hat, ist es eine ganz schlechte Idee seine Kolleginnen mit ‘Wieso kriegt Ihr das eigentlich nicht auf die Reihe?’ anzureden. (1)

Im Ernst, das Folgende ist echt harmlos im Vergleich mit der Wirklichkeit.

Aber es hilft immens, darüber zu lachen.

Die Zeiten, in denen einsame Genies in ihrem stillen Kämmerlein vor sich hin werkeln sind lange vorbei – wenn es sie denn je gegeben hat (2). Aber als Wissenschaftlerinnen haben wir in der Regel so viel zu tun, dass so ‘Nebensächlichkeiten’ wie der Umgang mit anderen Menschen gerne aus dem Blickfeld geraten. Wenn denn überhaupt das Bewusstsein existiert, dass da ein gewisser Mangel vorherrscht. Meiner Erfahrung nach bilden sich aber gestandene Forscherinnen ein, dass mensch “irgendwie” lernt ordentliche Präsentation zu erstellen, Paper zu schreiben, Vorlesungen und Übungen zu halten oder in Kollaborationen mit Kolleginnen um Beobachtungszeit zu feilschen. Das ist zum einen Selbstbetrug und zum anderen entledigen sich diese Kolleginnen der Verpflichtung das ihren Studentinnen auch näher zu bringen. Die Zeit wollen sich aber viele nicht nehmen, weil es angeblich immer “Wichtigeres” zu tun gibt. Zum Thema “Störfall Lehre und Ausbildung” ist jedenfalls ein eigener Blogbeitrag fällig.

Ich hatte auch nicht den Eindruck, dass die deutschen Universitäten (in meinem Fall Köln und Bonn) sich ein Bein ausreißen, um da was zu machen. Einmal hab ich einen Lehrgang in Sachen Präsentation an der Uni Köln mitgemacht. Die Themen waren: Wie baue ich einen Vortrag auf, so dass möglichst viel beim Publikum hängen bleibt, wie schreibe ich Pressemitteilungen, die auch wirklich was aussagen und nicht eine ganze DIN-A4 Seite ausfüllen und wie stelle ich mich vor einer Kamera an, ohne wie eine komplette Vollidiotin auszusehen. Damals hieß es, dass der Lehrgang einmal im Jahr durchgeführt werden sollte. Dummerweise gab es aber immer nur insgesamt 20 Plätze und ich hab davon nur erfahren, weil mich der Pressesprecher selbst dazu eingeladen hat, weil ich mich so viel in der Öffentlichkeitsarbeit engagiere. Das ist für eine so große Uni wie die Kölner, dann doch ein bisschen wenig, aber besser als nix.

Vor dem Hintergrund ist es absolut nicht verwunderlich, wenn z.B. die Vorträge europäischer Kolleginnen teilweise ziemlich schlecht bis hin zu absolut grauenvoll sind. Ich hab so absolut lächerliche Dinge gesehen wie Folien mit gleichzeitig blauer, grüner und roter Schrift auf schwarzem Grund oder Präsentationen, in der wirklich jede einzelne Methode verwendet wurde, die Powerpoint bietet, um Folien zu animieren. Da möchte ich als Zuhörerin fast Schmerzensgeld wegen visueller Folter verlangen, insbesondere wenn ich bedenke, dass meine Uni gut und gerne ein paar hundert Euro bezahlt, damit ich größere Konferenzen besuchen kann. Und was für Vorträge gilt, gilt natürlich auch für Vorlesungen und die Verhandlungsfähigkeit mit Studentinnen, Vorgesetzten und Kolleginnen. Ich könnte Stories erzählen^^ Aber ich lass das mal lieber. (3)

Aber sieh mal einer guck, ich bin nicht die einzige, die sich an dem ‘Problem’ stört. Hier ist ein wirklich schönes Tutorial eines deutschen Biologen, der erklärt, wie mensch Poster designen kann, die auch lesbar sind.

Die Videos aus folgender kleinen Serie finde ich auch extrem hilfreich und hol mir da öfter Anregungen:

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Kommentare (10)

  1. #1 StReiter
    März 14, 2013

    Vielen Dank für diesen Beitrag, gerade diese ‘Nebensächlichkeiten’ sind äußerst interessant und hilfreich. Sehr zu empfehlen ist dabei auch Rupert Ley, mit etlichen Büchern und zahlreichen Videos bei Youtube.
    Aber einen richtigen Kurs zu Gesprächstaktik etc.habe ich bisher noch gefunden. Hinweise?

  2. #2 CM
    März 15, 2013

    Ich lerne gerade das alltägliche Niederländisch und das kostet mich nun mal mind. 6 Stunden die Woche am Abend plus Hausaufgaben und Vokabeltraining und arbeiten muss ich ja auch noch und ein bisschen Freizeit wär auch nicht schlecht 😉 Ich vernachlässige schon meinen Blog auf das Sträflichste;-P

    Waarom niet eens een post in het Nederlands? Dit zou wel ééns interessant zijn – en is bovendien een goede oefening ;-).

    Groeten,
    Christian

  3. #3 Ludmila Carone
    März 15, 2013

    @StReiter Sorry, ich kann zu Hause nachschlagen, wer den Kurs hier in Leuven gehalten hat. Das waere dann allerdings in Belgien. Die haben aber den Kurs auf Englisch abgehalten. Ich stell mal den Link nachher hier ein. Ich find die gerade nicht.

    @CM Dat kan wel zijn maar ik ben helemaal nog niet goed genoeg om echt een wetenschappelijk verhaal in het Nederlands te schrijven 🙂

  4. #4 Jürgen Schönstein
    März 15, 2013

    Auch auf die Gefahr hin, mich erstens zu wiederholen und zweitens zu viel Eigenwerbung zu machen: And amerikanischen Universitäten gehört es zur Ausbildung der Studenten, ihnen das Schreiben akademischer Texte und die Gestaltung von Präsentationen beizibringen. Genau das ist nämlich mein Job am MIT. Und diese Kommunikations-Klassen sind nicht freiwillig, sondern verbindlich – mindestens eine pro Semester. Allein die Abteilung Writing Across the Curriculum (was etwa bedeutet: Schreiben für alle Disziplinen) beschäftigt mehr als 40 DozentInnen, die in den Klassen unterrichten; daneben gibt es ein Writing Center, in dem sich übrigens nicht nur StudentInnen, sondern auch WissenschaftlerInnen Rat und Hilfe beim Schreiben von Artikeln etc. holen können. Warum man so etwas in Deuschland (?) nicht als Teil der Grundausbildung von Wissenschaftlern ansieht, bleibt mit ein Rätsel …

  5. #5 Ludmila Carone
    März 15, 2013

    @Juergen Frage: Ist das denn auch an allen Unis in den USA so? Oder ist das MIT ein Spezialfall weil Eliteuni. (Bzw. ist es Eliteuni auch weil es auf so etwas achtet 🙂

  6. #6 Ulf Lorenz
    März 15, 2013

    Nun, ich kann mich entsinnen, dass einst ein Mitstudent seine Doktorverteidigung machte, und von jemandem gesagt wurde, dass er sich fuer seine Verhaeltnisse ungwoehnlich gut vorbereitet hatte: er hatte den Vortrag sogar vorher geuebt…

    Ich kann mich ebenfalls an eine kleine Konferenz erinnern, wo ich von jemandem hoerte, dass er den Vortrag kurz vorher im Flugzeug zusammengebastelt hatte. Das war ein PostDoc, wahrscheinlich hatte er also diesen Vortrag nicht schon zigmal gehalten.

    Mit dieser Einstellung helfen dann alle Vortragskuenste nichts. Zur Vorbereitung gehoert halt, den Vortrag ein paarmal durchzusprechen und ihn vor anderen Leuten auch mal probezuhalten. Dann fallen die schlimmsten Schnitzer und mangelnden Erklaerungen bereits auf. Ich weiss nicht, wie sehr da Kurse helfen. Natuerlich fehlt mir auch die Statistik, um zu sagen, wieviele der schlechten Vortraege das betrifft, von daher ist das vielleicht nur ein Aspekt.

  7. #7 CM
    März 15, 2013

    @Ludmilla: Leven is het meervoud van lef … 😉

    Aber genug “Weisheit” und zum Thema:

    Poster sind eine Aufgabe beim Karriereeinstieg. Das wahrhaftige Problem: In deutschen Landen spricht & präsentiert nicht der Forscher, sondern ausschließlich(!) der PI (welcher oftmals nicht mehr forscht). Posterpreise für den Nachwuchs werden oftmals vorab abgesprochen (sie werden nach Proporz oder anderen Kriterien vergeben). Paper werden nach diesem Modus geschrieben:
    https://www.phdcomics.com/comics/archive.php?comicid=690
    Das Seniorautorunwesen (also Paper bei denen der PI-Beitrag nicht messbar oder durch permanente Störungen negativ ist) feiert immer wieder Erfolge (allen “Bemühungen” der DFG zum Trotz). etc. etc.

    Und zu allem Überfluß wird man dann noch in Präsentations-/Schreibseminare mit allen “Wissenschaften” gesteckt, wo die einen noch nicht mal mit Computerpräsentationen arbeiten und lieber vorlesen und die anderen im Studium reihenweise Vortragserfahrung in Fakejournalclubseminaren gesammelt haben. (Das nennt man dann Rhetorikkurs …)
    Problem
    Also, dies sind überwiegend meine persönlichen Erfahrungen an deutschen Unis. Die Niederlande & die USA waren irgendwie anders 😉

  8. #8 Jürgen Schönstein
    März 15, 2013

    @Ludmila
    Schreiben – egal wie es dann genannt wird – ist an allen Colleges Pflichtfach. Die Intensität variiert zwar, manche Colleges machen nur ein Einführungsprogramm für Erstsemester. Wir hier haben, aufgrund des Feedbacks der Absolventen (Alumni) ein umfassendes Programm, das alle Arten der professionellen Kommunikation, vom Labor-Journal über die Aktennotiz bis hin zu Reports und Präsentationen umfasst. Ich versuche zudem, auch solche Kommunikationsformen wie Bloggen und Presseinterviews aufs Programm zu heben, aber da stoße ich noch auf Widerstände. Aber passender Weise steht dazu heute ein Artikel in der MIT-Studentenzeitung The Tech. Den könnte ich jederzeit unterschreiben …

  9. #9 Ludmila Carone
    März 15, 2013

    @StReiter: https://www.truecolours.be/
    @Ulf Lorenz: Das ist doch nur eine andere Seite derselben Medaille. Vorträge werden so huschhusch nebenbei erledigt. Das ist zum einen saudämlich und zum anderen total unhöflich. Wir haben alle keine Zeit für schlechte Vorträge. Ich bin auch Postdoc und hab mir meine ersten Vorträge auch komplett neu aus dem Boden gestampft. Da muss mensch sich die Zeit für nehmen.
    a) Zum einen macht es einfach den besseren Eindruck und bringt einen daher beruflich gerade als Postdoc weiter.
    b) Einmal richtig gemacht, spart es langfristig gesehen unheimlich viel Zeit, weil die Folien dann recycelt werden können.
    c) Es bringt einen auch in der Forschung weiter, wenn mensch sich mal hinsetzt und sich Gedanken drüber macht, was denn jetzt der große Zusammenhang ist. Vorträge vorbereiten sortiert Gedanken und bringt einen auf neue Ideen. Macht einen also zum besseren Forscher.

    Ich kenne übrigens jemanden, der es regelmäßig schafft seine Vorträge in der Session fertigzumachen, in der er den eigentlich halten soll. Der hört noch nicht mal seinen eigenen Kolleginnen zu und geht auch ziemlich direkt nach seinem Vortrag. Das ist nun wirklich unterste Schubladen und ich hab auch nicht den Eindruck, dass der die hellste Leuchte in unserem Laden ist^^

  10. #10 Franz
    April 2, 2013

    Ich benutz immer die 10:20:30 Methode des Herrn Guy Kawasaki (der heißt wirklich so).

    10 Seiten Präsentation
    20 Minuten Vortrag
    30er Font

    Das funktioniert gut und hilft die gröbsten Fehler (herunterlesen, zu kleine Schrift, zu langatmig usw.) zu vermeiden. Am Besten sind sowieso Bilder, oder was ich immer versuche: Nehmt was mit was man angreifen kann und wenn es noch so sinnlos ist, aber man spricht damit auch die (ich nenn sie immer) ‘Angrapschlust’ an.

    In Österreich werden in manchen Bachelor FH Studien Softskills unterrichtet (z.B. Präsentationstechnik, Kommunikation). Das ‘Witzige’ ist aber, dass man dann oft Probleme bei Masterstudien bekommt weil man zuwenig ‘technische’ ECTS Punkte hat.