Was passiert mit einem nassen Waschlappen in der Schwerelosigkeit? Und ja ich meine ein Stück Frottee mit dem mensch unter anderem putzen kann, nur damit keine Missverständnisse auftauchen 😉
Der kanadische Astronaut Chris Hadfield wringt in dem folgenden kleinen Video einen nassen Lappen aus. Was wiederum beweist, dass wirklich alles im All spannend ist. Die Oberflächenspannung ist schon witzig.
Solche Videos erinnern mich mal wieder daran, wie schwierig selbst alltäglichste Situationen in der Schwerelosigkeit sein können. Wie z.B. der tägliche Toilettengang.
(Und ja, ab hier wird es unappetitlich, also seid gewarnt!)
In den 60ern haben sich die Ingenieure offensichtlich für eine recht *ähm* rustikale Version einer Bordtoilette entschieden. Privatsphäre beim Toilettengang gab es sowieso nicht, wie denn auch?
Wenn ich das richtig sehe, haben die Astronauten sich für den Stuhlgang einen Beutel hinter das Gesäß geschnallt; in der Hoffnung, dass auch alles dahin geht, wo es auch hingehen soll. Was es offenbar nicht immer tat.
05 13 29 52 CDR Give me a napkin quick. There’s a turd floating through the air
Direktes Zitat aus dem Apollo10-Transkript. Sucht in den Dokument nach mehr ‘turd’ 😉 Und was war bei Durchfall? Laut diesem Artikel litt Frank Borman, der Kommandant von Apollo 8, kurz nach dem Start an Durchfall und Erbrechen. Was muss dabei da oben abgegangen sein? Lieber nicht drüber nachdenken, oder?
Oder genau doch darüber nachdenken, weil selbst die hartgesottensten und männlichsten “Helden (TM)” – und als nichts anderes wurden Astronauten in der Apollo (sic!)-Ära stilisiert – auch krank werden können. Wer sich zu fein ist über die Hygiene-Verhältnisse während eines Raumfluges nachzudenken und gar jedwede Form körperlichen Unwohlseins so weit stigmatisiert, dass die Betreffenden alles tun, um ihr Unwohlsein zu vertuschen (wiederum der Verweis auf diesen Artikel), der sorgt dafür, dass hinterher viel Mist rauskommt. (1) Hygiene ist gerade bei längeren Weltraumaufenthalten unverzichtbar mit einer guten Sanitärhygiene verbunden, auch wenn in den meisten Kulturkreisen die schlichte Notwendigkeit zur Defäkation stigmatisiert wird. Das wurde im Film das Gespenst der Freiheit vortrefflich karikiert.
Aber nicht nur für den Gesundheitszustand der Astronauten und Astronautinnen ist gute Hygiene unverzichtbar, sondern auch für das Funktionieren von technischen Geräten, v.a. der Lebenserhaltungssysteme. Obwohl ich schon irgendwo aufgeschnappt hatte, dass die Kontamination mit Pilzen und Bakterien an Bord der Raumstation Mir ein Problem war, war ich doch sehr überrascht in einem Forschungsartikel (2) zu lesen, dass “Biodegradation” zum Ausfall der Klimaanlage und des Wasseraufbereitungssystems führen kann. Auf der ISS wird daher die Kontamination überwacht und ab einem gewissen Kontaminationsgrad die entsprechende Stelle gereinigt. Die Haupt-Komponenten der Verunreinigung sind Staphylococcus sp. und Corynebacterium sp., die
ganz klar menschlichen Ursprungs sind.
Erstaunlicherweise wurde auch im Jahr 2006 das Thema Hygiene an Bord einer Raumstation dennoch als nicht ganz so dringlich erachtet. Die Autoren des besagten Fachartikels ‘beschweren’ sich, dass die bakterielle Kontamination in der ISS erst am Boden analysiert wurde und es daher durchschnittlich eine Zeitverzögerung von einer Woche zwischen Probenentnahme und ersten Ergebnissen gab. Was irgendwie den Sinn und Zweck der Übung etwas in Frage stellt. Ich meine sorry, innerhalb einer Woche haben die da oben auch so mitgekriegt, dass da wohl irgendwo ein Bakterienherd ist.
Ok gut, die ISS ist jetzt kein Kreuzfahrtschiff und auch nicht so leicht zu erreichen, so dass die Kontamination bereits vor dem Eintritt gering gehalten werden kann. Dennoch find ich die Vorstellung einer Zeitverzögerung von einer Woche zwischen Bakterienentnahme und Warnung sehr beunruhigend. Insbesondere, da sich inzwischen gezeigt hat, dass gerade Mikroorganismen sehr unschöne Eigenschaften in der Schwerelosigkeit entwickeln können: Pilze (z.B. Ulocladium chartarum) (3) z.B. vermehren sich mit wenig Ausgangsmaterial (Substrat) und versteckt (tief in porösen Materialien), wo sie fast ungestört sowohl Materialien angreifen wie auch die Gesundheit der Frauen und Männer an Bord gefährden können. Krankheitserreger wie Salomonellen werden in der Schwerelosigkeit sogar noch virulenter (4).
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