2015 ist das “internationale Jahr der Böden”. Klingt erst mal nicht sooo spannend. Allerdings gehört hier auch Wüstenbildung und Wasserhaushalt zum Thema und schon wird das Ganze nicht ganz unwichtig. Auch wenn wir in Mitteleuropa eher weniger mit Wasserknappheit zu kämpfen haben, spätestens im Mittelmeer-Raum ist es ein hoch-aktuelles Thema. Ich muss zugeben, dass ich schon etwas geschockt war, dass bereits 1998 Süd-Spanien als “hoch” gefährdet für Wüstenbildung eingestuft wurde.
In Mitteleuropa haben wir dagegen eher mit einem zuviel an Bodenfeuchte zu kämpfen, was in Verbindung mit hohen Niederschlägen oder Eisschmelze dann zu Überflutungen führt.
Nun sind die Böden Europas recht gut zugänglich für Forscherinnen. Aber auch in entlegeneren Gebieten lässt sich Wüstenbildung und Überflutung überwachen – aus dem All. Zumindest verspricht das der NASA Satellit SMAP, der im Januar 2015 startete. Nicht nur das, SMAP kann aufgrund der sehr großen sich drehenden Empfangsschüssel und seines beinah-polaren Erdorbit ( die Erde dreht sich also unter dem Satelliten hinweg) in etwa 685 km Höhe alle 2-3 Tage eine komplette Kartierung des Globus durchführen.
Als ich das las, war ich erst mal überrascht. Wie soll das gehen? Wie soll man Wasser im Boden nachweisen? So etwas wie “Wasserstrahlen” gibt es ja nicht. Wasser – genauer gesagt – Wasserdampf absorbiert wiederum Teile des Lichts, insbesondere im Infrarot-Bereich. Dummerweise enthält bereits die Atmosphäre schon recht viel Wasserdampf und der Großteil der Wellen, die auf Wasser ‘reagieren’ wird geschluckt, bevor sie den Boden erreichen können. Ganz abgesehen davon, dass eine Welle zweimal durch die Erdatmosphäre durch müsste – vom Satelliten zum Boden und wieder zurück – um ein Signal zu ergeben.
SMAP verwendet tatsächlich Radar bzw. Mikrowellenstahlung im L-Band (1.4 GHz). Der Schlüssel zum Erfolg liegt in verschiedenen Effekten: Die sogenannte Permittivität epsilon gibt an, inwiefern ein Material – hier der Erdboden – für elektrische Felder und damit auch die Radarwelle durchlässig ist. Letztendlich bestimmt epsilon die Stärke des reflektierten Radarsignals. Und die Permittivität ist wiederum vor allem vom Wassergehalt abhängig. Epsilon bestimmt die Signalstärke.
Das reflektierte Radar gibt außerdem Aufschluss über die Rauhheit der Oberfläche: Glatte Oberflächen geben ein ‘scharfes’ helles Signal zentriert in einem bestimmten Reflektionswinkel, welligere Oberflächen streuen das Signal, dessen Stärke ist abgeschwächt und das reflektierte Signal ist über einen größeren Winkelbereich verschmiert. Die Rauhheit bestimmt also die Signalstreuung. Über letzteres kriegen Forscherinnen z.B. auch Vegetation heraus. Regenwald mit vielen hohen Bäumen streut anders als eine Tundra oder Savanne, die von Büschen und Gras als Vegetationsform dominiert ist. Wenn man weiß, welche Vegetationsform vorliegt, lässt sich wiederum auf den Wassergehalt des Bodens zurück schließen. In einer Wüste gedeihen schließlich keine großen Laubbäume.
Dazu kommt noch, dass sich die Frequenzen des Radarsignals bei der Reflektion verändern. Es wird ja nicht eine einzige Welle mit einer Frequenz ausgesandt, sondern ein ganzes Bündel mit einer gewissen Bandbreite um die Sendefrequenz. Die Signalfrequenzen des reflektierten Signals geben – nach Abzug des Doppler-Effektes – ebenfalls Auskunft über Bodenbeschaffenheit und Feuchte.
Zuletzt misst SMAP noch die Polarisation d.h. die Schwingungsebene des reflektieren Radarsignals, das sich ebenfalls in Abhängigkeit der Bodenbeschaffenheit ändert. Elektromagnetische Wellen, die an Wasseroberflächen gespiegelt werden, sind z.B. teilweise polarisiert.
Alle diese Effekte werden mit experimentell bestimmten Referenzdaten simuliert: Welcher Wert epsilon gehört zu welchem Boden und wie verändert er sich mit dem Wassergehalt? Wie werden Radarwellen gestreut? Zum Schluss gleicht man das tatsächlich von SMAP empfangene Radarbild mit den erwarteten simulierten Szenarien ab und berechnet so die aktuelle Bodenfeuchte.
Schon pfiffig, was man alles aus einem Radarsignal rauskriegt und wie die Raumfahrt mal wieder, fast unbeachtet von der Öffentlichkeit etwas sehr Nützliches hervorbringt.
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