Antwort: Ja, aber…
In der Zukunft habe ich vor auf diesen hypothetischen Planeten Seen an den Stellen anzulegen, wo es die Temperaturen grundsätzlich zulassen, und zu schauen, was dann passiert. (3) Es ist nämlich so: So ein See ist auch in die globale 3D Umwälzung der Atmosphäre eingebunden.
Was passiert denn, wenn man einen Becher Wasser irgendwo im Haus stehen lässt? Er verdunstet … und kommt erstmal nicht wieder. Schön! Nützt einem wenig, wenn man gerade was Lebendiges im Becher hatte. Draußen vor der Haustür aber hat man – vor allem bei dem derzeitigen Wetter (!) – recht große Chancen, dass wieder Wasser in den Becher regnet. Wir brauchen also einen geschlossenen Wasserkreislauf.
Und die funktionierende Klimaanlage in Bild 1 ist genau so ein Mechanismus, der nicht nur Wärme sondern auch Wasserdampf in einem geschlossenen Kreislauf transportieren kann. Mit sowas hat man eine gute Chance, dass ein See auch über eine gewisse Zeit ein See bleibt. Ist aber auch nicht unbedingt selbstverständlich. Es gibt so diverse Mechanismen, die auch bei einem grundsätzlich geschlossenen Kreislauf Wasser entziehen können. Z.B. wenn Wasser auf der Nachtseite permanent ausfriert oder wenn zuviel Wasser verdunstet und der Wasserdampf als effektives Treibhausgas einen “Runaway greenhouse effect”(4) auslöst, der eine Erde in eine heiße knochentrockene Venus mit dichter CO2-Atmosphäre verwandeln kann.
Ich vermute, dass der “Runaway greenhouse effect” gerade bei gestörter Klimaanlage – also in der Situation Bild 3 links und Bild 2 links – ein größeres Problem sein könnte. Die sehr heißen Temperaturen auf der Tagseite und die Blockierung von Luft- und damit auch Wasserdampftransport von der Tagseite auf die Nachtseite, scheinen mir nicht gerade vielversprechend um eine exzessive Wasser-Verdunstung zu vermeiden. Das müssten wir aber – wie gesagt – dezidiert untersuchen.
Die unteren 2-3 km der Atmosphäre sind SUPER-wichtig.
Aber eins weiß ich jetzt schon. Die unteren Atmosphären-Schichten werden auch bei diesem Thema eine wenn nicht sogar die entscheidende Rolle spielen. Und wir werden da verschiedene Szenarien ausprobieren müssen. Schließlich werden wir auf absehbare Zeit nicht direkt erfahren können, wie die Oberfläche auf so Planeten genau aussieht – Berge, Kontinente, Ozean-Verteilung, vielleicht sogar andere Gesteinssorten als auf der Erde? Umgekehrt, wenn man via Modellierung ungefähr weiß, wie sich so eine Oberfläche auf den Zustand der gesamten Atmosphäre auswirkt…tja, dann hat man vielleicht die Möglichkeit von dem Zustand der oberen Atmosphäre etwas über die Oberflächenbeschaffenheit zu schließen.
Ihr seht. Es ist noch viel zu tun…Packen wir es an!
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(1)Dieser wird in der Exoplaneten-Community ‘Superrotation’ genannt, was ich allerdings etwas unglücklich finde, weil diese Situation leicht mit der Superrotation auf der Venus verwechselt werden kann. Zwar gibt es zwischen Exoplaneten-Superrotation und Venus-Superrotation Gemeinsamkeiten, aber auch einige entscheidende Unterschiede (in Ursache und Form). Es handelt sich also nicht um verwandte aber nicht identische Effekte.
(2) Es ist nicht nur einfach Reibung sondern vor allem turbulente Strömungen im unteren Bereich der Atmosphäre, welche dann effektiv die Windgeschwindigkeiten abmindern gegenüber der “freien” Atmosphäre. Aber auch so Dinge, wie Berge und Vegetation, die direkt und auch indirekt via Turbulenzen bremsen. Wir haben die Reibung so eingestellt, wie es andere Kollegen (Held & Suarez 1994) für die Erde gemacht haben. Diese definieren die unteren 2.8 km als “unteren Atmosphären-Bereich”. Wir haben in unserer jetzt erschienen Arbeit auch kleinere Werte (1,8 km und 0,8 km) ausprobiert. Machte keinen großen Unterschied.). Und ja, diese sehr großzügige und einfache Reibungsbeschreibung funktioniert für die Erde erstaunlich gut.
(3) Bislang machen wir “trockene” Simulationen, weil wir erst mal die grundsätzliche Mechanik des 3D-Lufttransportes auf globalen Skalen verstehen bzw. untersuchen wollten. Und bei sowas “stört” Wasserdampf sogar. Selbst für das Erdklima rechnet man oft mit trockenen Modellen, wenn man die reine Dynamik besser verstehen will.
(4) Die Idee dahinter ist die folgende. Wenn “zuviel” Wasser verdunstet, dann wird der Treibhauseffekt stärker, der führt zu heißeren Temperaturen auf der Oberfläche, noch mehr Wasser verdunstet und der Treibhauseffekt wird noch stärker bis letztendlich alles Wasser verdunstet ist. In so einer Situation wird Wasserdampf in der oberen Atmosphäre durch UV-Strahlung in Wasserstoff und Sauerstoff abgespalten, wobei der Wasserstoff auf einem erdgroßen Körper in’s Weltall entweicht. Letztendlich ist alles Wasser verschwunden und der übrig gebliebene Sauerstoff oxidiert die Planetenoberfläche. Durch den allmählichen Verlustes des Bodenwassers als Lösungsmittel und die höheren Bodentemperaturen entweicht das in der Planetenoberfläche gebundene CO2 ebenfalls in die Atmosphäre, was das Treibhaus nur noch mehr aufheizt. Und es ist sehr, sehr viel CO2 was dabei rauskommen kann. Im Grunde nehmen wir an, dass die 90bar CO2 Atmosphäre der Venus ursprünglich im Planetenboden gebunden war und durch den “run away greenhouse effect” herausgelöst wurde.
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L. Carone, R. Keppens, & L. Decin (2016). Connecting the dots III: Night side cooling and surface friction affect
climates of tidally locked terrestrial planets MNRAS arXiv: 1605.09545v1
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