Ich schreibe praktisch nichts zu irgendwelchen Wetterereignissen von der Sorte: Schnee in Teheran oder, wie vorgestern, also mitten im Winter, überraschende +5°C in unserer Grönlandstation Ivittuut. Nicht, dass es nicht manchmal nette Kuriosa gäbe (Kamele im Schnee, Robben beim Sonnen etc.) , die man posten könnte.
Bild 1: In Frankreich läuft die Energieversorgung fast ausschliesslich über den Strom. 2 Millionen Haushalte waren ohne Strom.
Es ist nur so, dass Wetterereignisse systematisch auf Klimaskeptiker-seiten in einen Klimazusammenhang gesetzt werden. Cherry-Picking auf einem bewusst verfälschenden Hintergrund. Ich hatte bereits über einige Formen dieser Verfälschungen berichtet. Es ist sicher ziemlich traurig, dass die Webseite des notorischen Anthony Watts, die zur Hälfte aus genau solchen Wettermeldungen “mit Klimageschmack” besteht, unglaublicherweise zum Scienceblog des Jahres gewählt wurde. Es ist nicht eigentlich die Liste absurdester Fehler von Watts (hier, hier, hier, hier), die mich stört, es ist eher, dass es überhaupt kein Scienceblog ist, was ich als den eigentlichen Skandal empfinde.
Bild 2: Mitten in Toulouse werden ganze Bäume gespalten.
Egal, nach diesem länglichen Vorwort, ja fast vorrauseilender Entschuldigung: ein Wettereignis! “Klaus” hat den Süden Frankreichs auseinander genommen, und zwar gründlich. Es handelt sich mit den beiden Winterstürmen von 1999, Lothar und Martin, um den stärksten Sturm, der über den Süden Frankreichs je hergezogen ist. Meteo France hatte am Samstag, ca. 16 Stunden vor Einfall von “Klaus” Alerte Rouge gegeben und in den Zeitungskommentaren wird lobend erwähnt, dass das entscheidend dazu beigetragen hätte, die Zahl der Toten (8) und Verletzten relativ klein zu halten verglichen mit den beiden vorherigen “Jahrhundertstürmen”. Klaus hat mit Spitzengeschwindigkeiten nahe 200km/h eine ganze Reihe von Rekorden geknackt und eine Spur der Verwüstung im an die Pyrenäen angrenzenden Teil Frankreichs hinterlassen: 2 Millionen Haushalte zeitweise ohne Strom, für fast 48 Stunden kein Zugverkehr mehr in den Südwesten, und, das dürfte der wirkliche Langzeiteffekt sein, eine Waldzerstörung ohne Gleichen. Les Landes und Aquitaines haben zwischen 60-80% ihres Waldbestandes verloren. Dort existieren riesige Baumplantagen (Wald ist vielleicht nicht das richtige Wort), die jetzt auf einen Schlag vernichtet sind. Während 1999 der Baumarkt boomte und das umgehauene Holz schnell auf den europäischen Markt geworfen werden konnte (wobei trotzdem der Preis von damals 200 auf 50 Franc pro Tonne fiel), bleibt diesmal wohl nichts als Verroten übrig.
Bild 3: In Les Landes liess Klaus teilweise keinen Baum mehr stehen. Die Besitzer der riesigen Baumplantagen dort sind praktisch ruiniert.
Einige Bilder von Meteo France illustrieren die Wucht von “Klaus”. Der Vergleich zwischen den Windmaxima vergangener Stürme (Bild 5 und 6) und Klaus vom 24.01 zeigt, dass es sich um den stärksten Sturm in Südfrankreich handelt, seit es gesicherte Wetteraufzeichnungen gibt. Ungewöhnlich ist dabei gerade seine so weit südliche Laufbahn. Hier hat Meteo France die Spitzenwindgeschwindigkeiten hingelegt. Wirklich spektakulär! Eines unserer Lieblingsurlaubsorte, die Ile d’Oleron, lag praktisch bei 200km/h. (siehe die Windtabelle von Meteo France hier)
Bild 4: Der extrem eng drehende Tiefdruckwirbel von Klaus ist gut zu erkennen.
Und abschliessend noch die Standardfrage nach dem Klima: Kein Einzelereigniss ist Beleg für irgendwas. Das ist schonmal gesagt und überrascht hoffentlich niemanden. Keine der existierenden Statistiken zeigt einen signifikanten Anstieg der Sturmhäufigkeit im Nord-Atlantik. So weit, so gut, so langweilig.
Bild 5: Die Windmaxima von Klaus nach Meteo France. Hier gibt es weitere Infos von Meteo France.
Was sagen die Modelle für die treibhausgasgeladene Zukunft:
Confidence in future changes in windiness in Europe remains
relatively low. Several model studies (e.g., Zwiers and Kharin,
1998; Knippertz et al., 2000; Leckebusch and Ulbrich, 2004;
Pryor et al., 2005a; van den Hurk et al., 2006) have suggested
increased average and/or extreme wind speeds in northern and/or central Europe, but some studies point in the opposite
direction (e.g., Pryor et al., 2005b). The changes in both average
and extreme wind speeds may be seasonally variable, but the
details of this variation appear to be model-dependent (e.g.,
Räisänen et al., 2004; Rockel and Woth, 2007).
A key factor is the change in the large-scale atmospheric
circulation (Räisänen et al., 2004; Leckebusch et al., 2006).
Simulations with an increased north-south pressure gradient
across northern Europe (e.g., top row of Figure 11.6) tend to indicate stronger winds in northern Europe, because of both
the larger time-averaged pressure gradient and a northward
shift in cyclone activity. Conversely, the northward shift in
cyclone activity tends to reduce windiness in the Mediterranean
area. On the other hand, simulations with little change in the
pressure pattern tend to show only small changes in the mean
wind speed (bottom row of Figure 11.6). Most of the MMD projected
pressure changes fall between the two PRUDENCE
simulations shown in Figure 11.6, which suggests that the
most likely outcome for windiness might be between these two
cases.
Extreme wind speeds in Europe are mostly associated with
strong winter cyclones (e.g., Leckebush and Ullbrich, 2004),
the occurrence of which is only indirectly related to the timemean
circulation. Nevertheless, models suggest a general
similarity between the changes in average and extreme wind
speeds (Knippertz et al., 2000; Räisänen et al., 2004). A caveat
to this conclusion is that, even in most RCMs, the simulated
extremes of wind speed over land tend to be too low (see
Section 11.3.2).
Bild 6: Weitere Stürme zum Vergleich. Rechts unten der berühmte Lothar, der auch in Deutschland zur Weihnachtszeit 99 schlimm gewütet hat.
Sprich, da bedarf es noch viel Klärung. Einerseits sprechen die meisten Modelle von einer Erhöhung der Windmaxima, andererseits simulieren sie für die Zukunft eine Nordwärts-Verschiebung der Sturmbahnen, also von heute irgendwo zwischen Brest und Groningen weiter nordwärts. Es bleibt dabei, kein Einzelereigniss, und schon gar nicht solch punktuelle Ereignisse wie Klaus sind Beweis für irgendeinen Klimatrend.
Vielleicht hat unser Frank Abel etwas dazu zu sagen? Frank, übernehmen Sie!
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