Professor a.D. Horst Malberg war am meteorologischen Institut der Freien Universität Berlin tätig und betätigt sich in letzter Zeit zunehmend als Klimaskeptiker und professoraler Experte für die deutschen Klimaskeptiker. Ich konnte keine “offizielle” Webseite mit seinen Veröffentlichungen oder einen Verweis auf ihn auf der Webseite der Universität finden. “Google” ergibt eine lange Liste von Klimaskeptiker Seiten, die ihn zitieren und rühmen, aber leider keine Liste seiner Veröffentlichungen oder ehemaligen Arbeitsgebiete (aber siehe hier: ). Er selbst stellt sich so vor:
Horst Malberg, Univ. Prof. a.D. für Meteorologie und Klimatologie
Graphik 1: NASA Sunspots seit 1700 mit verschiedenen Glättungen.
Seit er sich mit demThema Klimawandel beschäftigt, erscheinen die meisten seiner Texte in den “Beiträgen zu Berliner Wetterkarte” , einer unter anderem von ehemaligen und/oder (?) aktuellen Mitarbeitern des Meteorologischen Instituts herausgegeben Zeitschrift zum Thema Meteorologie. Der Zugang zu den “Beiträgen” ist kostenpflichtig und ich kann nichts weiter zur “Berliner Wetterkarte” sagen, aber das zentrale Thema sind wohl tägliche Wetterinformationen für Berlin und Deutschland. In einer Minimini-affaire musste das Meteorologische Institut der FUB klarstellen, dass Malbergs Thesen, die in den “Beiträgen” veröffentlicht wurden, keine Meinungen des Instituts darstellen, noch vom Institut begutachtet wurden, noch ansonsten besondere Beziehungen bestünden, die Malbergs Beiträge in den “Beiträgen” zu Beiträgen der Universität machten. Warum soll jetzt schnell klar werden.
Graphik 2: Central England Temperatures (CET). Die Glättung ist die Gleiche wie in Graphik eins (mit f=0.1).
Jüngst hat Malberg also einen weiteren “persönlichen Beitrag” veröffentlicht, in dem er seine Sichtweise der Sonne/Klima Beziehung darstellt. Er benutzt eine Zeitserie der Sonnenflecken und die bekannte längste europäische und dann auch globale meteorologische Messreihe aus England (Central England Temperatures, CET), die sogar bis in die Mitte des 17ten Jahrhunderts zurückgeht (er benutzt ebenfalls andere lange europäische Zeitserien – die sog Baursche Reihe – aber mir ist nicht klar was er da genau gemacht hat und belasse es mal bei der CET). Stückweise, so argumentiert er, ist ihm die CET Serie ein idealer Ersatz der europäischen und schliesslich der globalen Temperaturen. Sicher hätte die Benutzung dieser Zeitserie insbesondere vor 1714, also vor Fahrenheits erstem Quecksilber-Thermometer, ein paar Bemerkungen verdient. Egal: basierend auf diesem Vergleich kommt er zu einer sehr starken Schlussfolgerung:
Vergleicht man die Kurvenverläufe von Abb.2 und Abb.3 (das sind die Graphiken 5 und 6 hier, Anm. GH) miteinander (am besten, indem man beide Abbildungen übereinander legt), so ist das grundsätzliche synchrone Verhalten zwischen Temperaturentwicklung und solarer Aktivität seit 1672 so eindeutig, dass eine rein zufällige Übereinstimmung ausgeschlossen werden kann. Temperatur und Sonnenaktivität weisen das gleiche sinusförmige Schwingungsverhalten auf.
Legen wir also mal aufeinander: Also, die Temperaturen der CET Zeitreihe und der Sonnenflecken sind a) synchron b) und ihr Vergleich ist so eindeutig, dass jeder Zweifel an einem nicht-zufälligen und somit ursächlichen Zusammenhang ausgeräumt ist. Na, da schauen wir doch mal nach.
Graphik 3: Normierte und geglättete NASA Sunspots und CET.
Graphik 1 zeigt die NASA Sunspot Reihe und drei verschiedene Glättungen durch die gemessene Zahl der Sonnenflecken. Die stärste Glättung scheint mit in etwa der Malbergs in Graphik 5 zu entsprechen. Das Gleiche habe ich anschliessend für die CET getan. Um die beiden resultierenden Zeitserien zusammenzulegen, die die erwähnte “eindeutige Synchronizität” belegen sollen, habe ich sie dann noch normiert und in Graphik 3 zusammengelegt. Ich war ja ehrlichgesagt nach der Malbergschen Ankündigung vom Ergebniss leicht entäuscht. “Eindeutig Synchron” sieht doch ein wenig anders aus. Schaut man genau hin mögen einzelne kleine Wiggel der CET Temperaturreihe durchaus zur Sonne passen, aber der Anstieg der Temperaturen im 20ten ist so dominierend, dass diese Wiggel kaum wahrzumehmen sind. Auch findet man nochmals bestätigt, dass die Sonne sicher ihren Anteil am Temperaturanstieg der ersten Hälfte des 20ten Jahrhunderts gehabt haben mag, aber auch da ist ein möglicher Zusammenhang sicher nicht einfach. Die verschiedenen Amplituden-Peaks der Sonnenflecken (i.e. der Sonnenaktivität) sind doch zusehr unterschiedlichen Peaks in der Temperatur assoziiert. Der Zusammenhang ist also zumindest stark nicht-linear.
Graphik 4: Normierte und geglättete NASA Sunspots und CET bis 1960.
Betrachtet man Graphik 3, so stellt sich einem eher die Frage, wie denn überhaupt jemand die Idee gehabt haben kann, dass die Sonnenaktivität einen Einfluss auf die Temperaturen haben könnte. Das wird klar, wenn wir uns Graphik 4 anschaun. Anstatt die vollständigen Zeitserien zu betrachten, beschränken wir jetzt die Analyse mal auf das Zeitintervall bis ca zum Maximum der Sonnenaktivität in den 50er Jahren. Da dadurch die Normierung neu zu berechnen sind, bekommen die relativ kleinen Temperaturschwankungen in der CET vor den 1950er Jahren grössere Amplituden. Jetzt kann mann erkennen, dass die Sonne ein wichtiger Faktor sein kann (überflüssig zu sagen, dass eine Korrelation einen Zusammenhang möglich macht, ihn aber nicht belegt. Dazu braucht man eine physikalische Erklärung und die ist trotz der passablen Korrelation nicht trivial (siehe Foukal, Stott, etc.).
Graphik 5: Anomalien der Sunspot-Zahl pro Sunspot Cycle nach Horst Malberg. (Herr Malberg hat sich hier zu Wort gemeldet und angemahnt, dass es sich um Anomalien handelt)
Zwei weitere kleine Punkte möchte ich noch behandeln. Erstens, wie zulässig ist es eigentlich die CET (Malberg nimmt wohl eine andere Europäische Temperatur-Reihe, das ändert aber nichts an der Schlussfolgerung hier) als “Globale Temperatur” zu nehmen? Malberg zeigt sich wieder erstaunlich mutig:
Dass Mitteleuropa das globale/ nordhemisphärische Klimaverhalten widerspiegelt, beweist die Korrelation der 10-jährigen Mitteltemperaturen Mitteleuropas mit den globalen Werten. Der Korrelationskoeffizient beträgt für den Zeitraum 1851-2000 +0,9.
Ich berechne eine Korrelation zwischen CET und CRU globaler Temperatur von ca 0.5 fur jährliche Variationen. Diese ist fast gänzlich der globalen Erwärmung der letzten 40 Jahre geschuldet, die natürlich global alle Temperatur-Serien stark miteinander verbindet und somit eine “globale Korrelation” aller Temperaturserien produziert. Ob das aber in der Vergangenheit, insbesondere in der Zeit im 18/19ten Jahrhundert, in der die solaren Schwankungen relativ klein waren, auch so war, ist eine offene Frage. Lokal (und dafür gibt es viele Beispiele) können Temperaturvariationen stark von Zirkulationsänderungen beeinflusst sein. Nicht jeder Rekord ist automatisch eine “globale Temperatur”. Im übrigen: Wäre es wahr, dass, wie Malberg für die Temperaturen behauptet, CET=Europa=Welt gälte, dann hätte man in der Tat einen sehr steilen Hockey-stick Anstieg der nunmehr globalen Temperatur (siehe Graphik 2).
Graphik 6: Mitteleuropaeische Temperaturreihe pro Sunspot Cycle nach Horst Malberg. (Herr Malberg hat angemahnt, dass es sich um Mitteleuropa handele und nicht oder nicht nur um die Zentralenglandreihe. Welche Zeitreihen genau dabei verwandt wurden ist mir nach wie vor nicht klar)
Letzte Frage: Wie kommt eigentlich Malberg darauf, dass solare Aktivität und CET so sensationell synchron verlaufen, wenn ich doch nicht viel mehr als Graphik 3 (wenn man alle Daten berücksichtigt) und Graphik 4 (wenn man nur Daten bis 1960 nimmt) liefern kann?
Der Grund ist ganz einfach (siehe Graphik 5 und 6). Erstens, nur ein Detail: Er trägt die Sonnenflecken/Temperaturen pro Sonnenzyklus auf, d.h. Es gibt manchmal einen Wert der repräsentativ für 7 Jahre ist und manchmal einen der 12 Jahre darstellt. Danach legt er durch die Punkte, die unterschiedliche Zeitabschnitte mitteln, einen Fit. Sehr ungewöhnlich ist wohl das mindeste, was man dazu sagen kann. Zweitens, der Fit ist mir nicht nachvollziehbar. Meine Erklärung für den Moment ist, dass Malberg einen sinosoidalen Fit erzwingt, sonst wäre der Fit in Graphik 5 und 6 nicht so regelmässig. Ich habe einfach mal die gleichen Zeitabschnitte der Sonnenzyklen wie er auf die CET angewandt (siehe Graphik 7) und danach einen Glättung wie in Graphik 1 und 2 berechnet. Das Resultat ist sehr unterschiedlich von seinem. Die glatte Schwingung ist meines Erachtens erstens erzwungen durch einen sinusoidalen Fit und zweitens niemals in irgendeinem Sinne signifikant. Malberg behauptet auf gerade mal 330 Jahre Daten eine sauberen 200 Jahreszyklus gefunden zu haben. Das kann eigentlich nur ein heisser Wunsch, aber keine statistische Signifikanz sein. Wer sich für eine etwas fundiertere Analyse der Central England Temperaturen interessiert, möge hier bei David Karoly und Peter Stott nachlesen.
Graphik 7: Central England Temperatures (CET) pro Sunspot Cycle
Die Liste handwerklichen Mängel, Verdrehungen und oberflächlichen Argumentationen Malbergs liesse sich beliebig fortsetzen. So sagt er:
Wie die Korrelationsrechnungen zwischen mittlerer Sonnenfleckenzahl je Zyklus und mitteleuropäischem bzw. globalem Temperaturverhalten seit 1860 zeigen, ergeben sich Korrelationskoeffizienten von +0,76, wenn die kurzperiodischen Antriebe nicht ausgefiltert werden bzw. von +0,85 bei Ausfilterung der kurzperiodischen Klimaantriebe. Das bedeutet: Rund 70% der langfristigen Erwärmung wie Abkühlung werden demnach durch den solaren Einfluss verursacht.
Ich habe bereits hier gezeigt ,wie falsch das ist. Ungefähr 7% der Variabilität der letzten 150 Jahre kann durch die Sonnenflecken erklärt werden (ein Resultat was z.B. in ungefährer Übereinstimmung mit Judith Lean ist). Wieso Malberg glaubt mit solchen Falschaussagen durchzukommen? Keine Ahnung. Die meisten seiner “Korrelationen” (zwischen Sonnenflecken und Temperaturen) und seiner “perfekten” Schwingungen, die ihm der Kern seiner “wissenschaftlichen Argumentation” sind, sind mit einfachsten Mitteln in 5 Minuten von jedermann zu überprüfen und fast eine Grössenordnung falsch.
Die eigentliche Frage müsste lauten, wieso erkennt niemand bei der “Berliner Wetterkarte” was dort in ihrem Heft geschrieben wird? Und wieso gibt es weiterhin einen Link des meteorologischen Instituts auf die “Beiträge zur Berliner Wetterkarte”, was einfach bei jedem, der auf diesem Wege den Artikel Malbergs findet, den Eindruck erzeugen muss, es handele sich um ein von der Universität begutachtetes Journal. Malberg kann schreiben was er will, aber dass das nichts mehr mit Wissenschaft, wie sie an der FUB gelehrt wird, zu tun hat, sollte doch irgendwie klar werden.
PS Verwandte Daten:
Central England Temperatures
NASA Sunspots.
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