Mit Belustigung habe ich heute diesen kleinen Nature Artikel gelesen. Wissenschaftler sollen ihre Daten für immer konservieren. Spontan dachte ich an das obige Woody Allen Zitat, denn für immer ist ja bekanntlich eine verdammt lange Zeit.
Diese Forderung ist zwar sehr allgemein formuliert, zielt aber doch in erster Linie auf die Klimawissenschaften. Phil Jones hat die exakte Position einer handvoll chinesischer Wetterstationen, die er Anfang der 90er veröffentlichte, verloren, ein Verlust der den Skeptikern natürlich herzlich egal ist, der aber wie immer genutzt wird, um noch ein wenig weiter sinnlos herumzugackern.
Bild: Ein Klimaforscher in den 60ern programmiert unbedarft vor sich hin. Und wo sind die Daten, Herr Bjerknes?
Nature erinnert sehr schön daran, was dieser an sich richtigen Forderung so alles im Wege stehen kann und tatsächlich in der Vergangenheit im Wege stand: Die ersten Tapes wurden mit Walöl gewartet (habe ich noch nie gehört) und die Maschinen, die diese Tapes lesen konnten, existieren nicht nur nicht mehr, sie kämen bei den meisten Labors gar nicht durch die Tür durch, so enorm waren sie. Aber selbst heute, bei scheinends unendlichem Speicherplatz verändern sich die Computersysteme laufend. 20 Jahre (also noch ein kleines Stück entfernt von der Ewigkeit) sind eine verdammt lange Zeit. Ich muss gestehen, ich hab keine Ahnung, ob ich die Resultate meines ersten Papers noch wiederherstellen könnte. Nicht, dass das geringste Risiko bestünde, dass sich jemand dafür interessiert, aber nur mal angenommen. Könnte ich die Grafiken nochmal herstellen? Vielleicht. Könnte ich den Code des Programs noch mal zum Laufen bringen (das ist natürlich aus wissenschaftlicher Sicht der eigentlich interessante Teil)? No way. Absolut nichts von dem, was an logistischer Umgebung nötig war, um das Programm vor nun fast 15 Jahren laufen zu lassen, existiert noch. Das wiederherzustellen wäre eine Doktorarbeit für sich.
Kleine Umfrage. Wenn hier vielleicht ein paar Betroffene mitlesen: Wer glaubt hier, seine erste Veröffentlichung noch vollständig reproduzieren zu können?
Das hat natürlich auch etwas damit zu tun, dass ein junger Mensch typischerweise einfach so in die Forschung reinrutscht und nicht als Teil einer klaren Lebensplanung: der Doktorvater besteht auf ner Veröffentlichung (na meinethalben) , man wechselt das Institut , man fängt mit was ganz Neuem an, man wechselt wieder das Institut, wieder wird was veröffentlicht, und so weiter und so fort. Archiviert wird da gar nix, man glaubt ja zu keinem Zeitpunkt, dass man wirklich in der Forschung hängen bleiben oder dass diese Resultate etwa wichtig sein könnten.
Das Thema ist übrigens wirklich interessant, nur eben nicht im Zusammenhang mit Phil Jones. Im obigen Nature Artikel oben gibt es einen Link zu diesem frei verfügbaren und sehr interessanten Science Artikel. Er beschäftigt sich mit dem Projekt (so muss man es wohl nennen) die Daten der allerersten NASA Missionen aus den 60er zu rekonstruieren. Es handelt sich unter anderem um die sogenannten Nimbus Missionen, die unter anderem normale Fotos schossen (interessant zum Beispiel für die Rekonstruktion des Meereises zu dieser Zeit). Die Satelliten hatten darüberhinaus Infrarot Sensoren an Bord, was durch den Vergleich der IR-Spektren damals und heute einen sehr direkten Hinweis auf das veränderte Abstrahlverhalten der Erde gibt (hier ein Primaklima Beitrag, zu Nimbus 4 Daten).
Hier mein Lieblingssatz aus diesem Artikel:
But during the 1980s, the agency lost much of its old high-quality data. Its early tracking stations recorded satellite data on high-resolution master tapes that used whale oil to bind iron particles to the acetate. The whale oil made the tapes far more durable, but when commercial whaling was phased out in the mid-1980s, NASA couldn’t get such long-lasting tapes.
was wohl bedeutet, dass die Japaner noch ihre Tapes haben?
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