Ich halte das nicht nur für ganz aussergewöhnlich pompös (wie oft war da jetzt rigor, integrity und ethical conduct?) und überzogen (wenn Gleick’s hoax jetzt eine “Tragödie” griechischen Ausmaszes für die Wissenschaft ist, welche uns alle erst einmal inne- und die Uhren anhalten, die Telephonkabel durchtrennen lassen und uns sogar dazubringen sollte, den Hunden ihre saftigen Knochen wegzunehmen, was hätte dann erstmal damals los sein sollen, als mir der Kaffee in meine Macintosh Tastatur gelaufen ist? Denn das war nun wirklich eine Tragödie), ich halte es auszerdem für falsch und auf subtile Weise hoch-arrogant: Die Gesellschaft hat nicht Vertrauen in die Wissenschaft, weil sie überzeugt ist, dass Wissenschaftler von äusserst möglicher Ehrlichkeit und Strenge geprägt seien, sondern weil Wissenschaft funktioniert. Jeden Tag. Technik ist Wissenschaft in action und jedes GPS, was vom Besitzer ohne grosz nachzudenken eingeschaltet wird, schafft tausend Mal mehr Vertrauen in die Wissenschaft als es hunderte von “utmost rigor and honesty” geprägte Doktoranden je vermögen würden. McPhaden überträgt mönchisch-priesterliche Tugenden auf Wissenschaftler, ganz der Annahme folgend, dass ja die Wissenschaft die Religion in ihrer sozialen Rolle beerbt habe. Doch gute Wissenschaft ist keine Charakterfrage. Es ist wohl besser, sich gleich von vorneherein zu merken: Wissenschaftler sind genau die gleichen erbärmlichen, neidischen, nach Anerkennung und Macht lechzenden kleinen Arschlöcher wie der Rest der Menschheit.
Und schliesslich: Welch Arroganz! Wissenschaft funktioniert in seiner sozialen Aufgabe nur dann, wenn alle Wissenschaftler menschlich zwischen Mutter Theresa und Franz von Assisi angelegt sind. Und der Rest der Menschheit? Wie sieht es mit deren Berufen und sozialen Rollen aus? Brauchen die vielleicht auch ein bisschen honesty und rigor? Ach Quatsch, die dürfen ruhig sein, wie sie sind, diese unwichtigen Würmchen: Politiker, Ärzte, Journalisten, Fussballer, Opernsängerinnen, ihr dürft ruhig! Honesty und rigor und ethical conduct, für euch kleinen Scheisser spielt das eh keine Rolle.
Um ehrlich zu sein, wenn ich einen Wunsch frei hätte und mir eine einzige Berufsgruppe aussuchen könnte, der ich Strenge, Ehrlichkeit und Ethik bis zum überlaufen verpassen könnte, um aus diesen Planeten einen besseren Ort zu machen, ich würde zwischen Automechanikern und Klempnern wählen.
PS Von allen guten Geistern verlassen, verschickte das Heartland Institut übrigens dutzendfach juristisch getönte Drohbriefe an Blog-Betreiber, die die in Umlauf geratenen Dokumente diskutieren, zitieren, berühren oder danach riechen. Primaklima last sich natürlich nicht zweimal bitten. Hier das besoonders umstrittene Dokument, von dem Gleick behauptet, jemand hätte ihm vor der eigentlichen Aktion zugeschickt und von dem das Heartland Institut behauptet, dass es eine gemeine Fälschung wäre, als ob in dem Dokument nicht genau das Gleiche stünde, was man ihrem Budgetplan nicht ohnehin schon entnehmen könnte. Na, in jedem Fall, hier und hier die beiden Seiten dieses echten oder falschen Dokuments.
PPS h/t an die Klimazwiebel mit McPhadens Text.
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