Viele haben es schon behauptet: Sandy hat etwas mit dem Klimawandel zu tun. “We need to bang it like a brick on people’s head. This is happening”. Was soll ich sagen: I don’t get it and I don’t buy it. Hier ein paar Punkte.
Es gibt einen trivialen, unbestrittenen Beitrag des Klimawandels zu den Klimawandel von Sandy verursachten Schäden, das ist der im weltweiten Maszstab recht starke Meeresspiegelanstieg an der Ostküste der USA. OK. Das können wir schon mal abhaken (Fig2).
Es ist aber ganz offensichtlich, dass viele Leute die Stärke, Ausdehnung, Trajektorie dieses Hurrikans oder den angerichteten Schaden an sich in den Zusammenhang mit dem Klimawandel stellen wollen. Es gibt dazu ein paar ja schon häufig erwähnte allgemeine Argumente. Das erste ist, das in einer wärmeren Welt mehr Energie zur Verfügung steht, die sich ja “irgendwie” entladen müsse. Das zweite ist ein wenig konkreter. Hurrikane entwickeln sich eben über Wasser mit einer Mindesttemperatur von ~26.5 Grad, und da diese Fläche in einer von Treibhausgasen angeheizten Welt eben wachsen wird, muss es doch an sich mehr und stärkere Hurrikane geben? Einige Arbeiten weisen aber darauf hin, dass die Struktur der Ozeantemperaturen noch wichtiger sein könnte als die absolute Temperatur selbst. Nimmt man einen solchen Hurrikan-Index, der Atlantische Temperaturen im Verhältnis zu den tropischen Temperaturen ins Verhältnis setzt, dann würde es in der Tat in der Zukunft kaum relevante Änderungen in den Hurrikanhäufigkeit oder –intensität geben (siehe hier).
Leider (besser: Gott-sei-Dank) ist es nicht so einfach. Hurrikane hängen von der vertikalen Windscherung über dem Atlantik ab: Je geringer, umso besser für sie, umso schlechter für uns. Diese hängt wiederum unter anderem von ENSO oder der Madden-Julian Zirkulation ab. Ob aber ENSO oder die MJO in einer zukünftig wärmeren Welt häufiger oder seltener, mit gröszeren oder kleineren Amplituden ausfallen wird, ist sehr umstritten.
Ferner muss es einen möglichst schnell abfallenden vertikalen Temperaturgradienten geben. Hier haben wir sogar einen Hurrikan-Faktor, dem die Treibhausgase direkt entgegen zu wirken scheinen. Es gehört zu den bekannten Wirkungen der Treibhausgase, dass sie in den Tropen die Höhe stärker erwärmen als die unteren Luftschichten. Das sollte an sich der Hurrikanentwicklung im Wege stehen.
Was also sagen sie Modelle, die einzig in der Lage sind, all diese sich teils widersprechenden Faktoren zusammen zu betrachten? Die entscheidenden Paper dazu stammen von der GFDL Gruppe aus Princeton (hier und hier). In mehreren Multi-Modellstudien, die wohl so auch den nächsten IPCC maszgeblich bestimmen werden, gehen sie in den Projektionen für das 21 Jhd. von weniger Hurrikanen insgesamt aus, weniger Hurrikanen der Kategorien 1-3, aber mehr von den zerstörerischsten der Kategorie 4-5. Dies ist ein Resultat, das so von einer Reihe von Modellen und Ansätzen gestützt wird. Trotzdem gibt es auch da durchaus beachtliche Unsicherheiten. Von den 4 untersuchten Modellen in Bender et al. simulierte das britische UKMO-HADCM3 Model eine Reduktion auch der Kategorie 4 und 5 Hurrikane.
Fazit: Sandy war zu keinem Zeitpunkt ein Kategorie 4 oder 5 Hurrikan. Nichtmals ungefähr (soweit ich das sehe, ist er nie über 1 hinausgekommen). Wenn Sandy also, wie behauptet, in der Linie der projizierten Hurrikanänderungen liegen soll, dann gäbe es in der Zukunft also weniger von ihm? Irgendwie mangelt es hier ein bisschen an Klarheit. Jürgen auf Geograffiticico meinte, dass ja Sandy durch seine enorme Grösze und seine zerstörerische Kraft herausragt. Das ist sicher richtig. Mir ging es aber konkret darum, ob Sandy eben in irgendeinem Sinne im Vorhersagekorridor des Klimawandels liegt (im Sinne von: mehr davon in der Zukunft). Ich habe noch nie von einer Vorhersage bzgl der Grösze zukünftiger Hurrikane gehört, lasse mich aber eines besseren belehren. Die “zerstörerische Kraft” geht nach Kerry Emanuel mit der sogenannten Leistungsdissipation (power dissipation) einher, die er mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit ansetzt . Das würde den Kategorie 1-2 Hurricane Sandy nochmals in seiner Wichtigkeit zurücksetzen. Schliesslich liegt er gerade in der Windgeschwindigkeit deutlich zurück. Kurz, auch da kann ich auf Anhieb nicht erkennen, warum Sandy ein Beispiel für Zukünftiges darstellen sollte.
Jedes Wettersystem wird von der globalen Erwärmung beeinflusst. So auch Sandy. Die Frage aber ist, inwiefern Sandy charakteristisch für zukünftige atlantische Hurrikane im Sinne der projizierten Veränderungen ist. Antwort: Er war es nicht.
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