Bild 1: Entnommen aus der “Kalten Sonne” von der RWE Klimagruppe Vahrenholt/Lüning zeigt diese Kurve Daten aus Monin et al. 2001 mit einem Verzug von 800 Jahren zwischen CO2 und antarktischer Temperatur.
3) Dann, vor mittlerweile auch schon wieder einem Jahr, gab es ein Paper von Jeremy Shakun der Temperatur-Zeitserien basierend auf den verschiedensten Proxys und verteilt über den ganzen Planeten mit den Eis- und Gas-Zeitserien aus der Antarktis verglich. In der Schlüsselgrafik (siehe Bild 2) erkennt man, dass die Südhemisphäre dem CO2 Anstieg vorläuft, es also dort zuerst wärmer zum Ende der letzten Eiszeit wurde (Termination I), dann das CO2 anstieg und dann auch der Rest des Planeten (Tropen und Nordhemisphäre) erwärmte. Mein Problem damit, war eigentlich nur auf der Seite des Kohlenstoffzyklus, nicht auf der Seite der Klimadynamik. Das verspätet austretende CO2 hat eben mit einem Verzug von ein paar 100 Jahren in das Spiel der Feedbacks eingegriffen und hauptsächlich dazu beigetragen, die Regionen ausserhalb der mittleren und hohen Breiten der südlichen Hemisphäre zu erwärmen. Kein Problem. Was mich aber störte oder zumindest etwas überraschte ist die lange Zeit, in der der sich erwärmende südliche Ozean angefangen haben soll, das CO2 auszugasen. 600-800 Jahre sind doch eine lange Zeit. Der Aufschrei in der klimaskeptischen Gemeinde war einhellig (hier etwa der RWE Klimakaspar) und die Argumente zu Shakun auf dem gewohnten Niveau. Wie konnte es sein, dass einer ihnen dieses geliebte Argument wegnehmen konnte, dass das CO2 der Temperatur folge und nicht umgekehrt? Unerträglich! Selbst wenn das unterschiedliche Timing all dieser Zeitserien zum Ende der letzten Eiszeit längst vorher bekannt war.
4) Und jetzt kommt es noch schlimmer. Und zwar so schlimm anscheinend, dass absolut keiner der üblichen Verdächtigen auch nur das geringste Wort dazu verliert. Basierend auf neuen und ziemlich umfangreichen Eismessungen eines anderen Gases, nämlich Stickstoff, und seiner Isotope ist es der gleichen Gruppe von meinem ehemaligen Labor, dem LSCE, die auch schon das Caillon et al. Paper herausgebracht haben, gelungen, zu einer genaueren Aussage bzgl. des Timings von Temperatur und CO2 zu kommen. Das 15N gibt eine fast kontinuierliche Abschätzung der sogenannten Abschlusstiefe (also die Tiefe des Firn, in der sich die Poren schliessen und das Gas nicht mehr mit der Atmosphäre austauschen kann).
Diese Tiefenabschätzung wurde mit anderen unabhängigen Methoden geprüft und das schliessliche Resultat sieht man in Bild 3. Es gibt keinen signifikanten Verzug mehr zwischen CO2 und den Temperaturen der Antarktis und auch die Methanmessungen in der Nord- und in der Südhemisphäre sind nun in perfekter Synchronisation. Die globale Enteisung der letzten Eiszeit begann in der Antarktis ab etwa 18.000 Jahren vor heute und war praktisch instantan von entsprechenden CO2 Änderungen begleitet. Gleiches gilt für alle folgenden Klimaschwankungen während des Übergangs zur holozänen Warmzeit.
Bild 2: Grafik aus Shakun et al. 2012. Es zeigt das CO2 und verschieden global verteilte Temperaturproxies. In dieser Grafik wurde noch angenommen, dass das CO2 im antarktischen Eis dem CO2 ca 800 vorläuft. Die gestrichelte Lag 0 Linie im unteren Bild, welches Temperaturproxies aus Süd- und Nordhemisphäre relativ zum CO2 zeigt, müsste nach den neusten Ergebnissen der Eiskerngruppe aus Frankreich also 800 Jahre nach links verschoben werden.
Was sind die Konsequenzen dieses neuen Papers?
1) Das Monnin et al Paper (siehe Bild 1) hatte noch einen Verzug des CO2 von ca. 800 Jahren für die gleiche Temination I berechnet. Es basierte auf einer Modellrechnung, die es erlaubte die Porenabschlusstiefe direkt aus Temperatur und Akkumulation zu berechnen. Es sieht so aus, dass diesem Firnmodell Elemente fehlen. Im Papier hier wird über den Grad zusätzlicher Verschmutzung des Eises durch Staub spekuliert, welcher einen Einfluss auf Porenbildung, Größe, etc. nehmen könnte. Mehr oder weniger Staub hätte dann einen unterschiedlichen Einfluss auf die insgesamt 8 Eiszeit/Zwischeneiszeit Übergänge, die mittlerweile in den Eiskernen dokumentiert sind. Das wird noch spannend.
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