Die Ursachen anthropogener CO2 Emissionen lassen sich herunterbrechen auf das Produkt aus ökonomischen Wachstum, Energieverbrauch pro Wachstumseinheit und emittiertem CO2 pro Energieeinheit. Wer etwas an den menschgemachten Emissionen ändern will hat also grundsätzlich drei mögliche Ansätze. Entweder er setzt auf weniger Wachstum oder aber er will bei gleichem Wachstum weniger Energie verbrauchen (Energieeffizienz) oder er ändert die Menge des pro kWh emittierten CO2 (was man manchmal als carbon efficiency bezeichnet, obwohl dieser Ausdruck auch häufig anders verwandt wird). Der erste Weg (weniger Wachstum) ist mittlerweile ziemlich out und selbst die Grünen wagen es kaum mehr, diesen Vorschlag ernsthaft in die politische Diskussion zu tragen. Dann schon lieber fleischfreier Donnerstag, denn der sollte zumindest nicht gleich die gesamte Wirtschaft der Anämie aussetzen. Die zweite Möglichkeit hat den Vorteil, dass energieeffiziente Produkte (oder Produkte, die energieeffizient hergestellt sind) Dinge im Normalfall preiswerter machen. Je nachdem wie teuer denn nun Energie auf dem Markt ist, entsteht so ein Druck, der ganz unabhängig von der Klimadiskussion emissionsreduzierend wirkt: Der Gran Torino ist ja nicht deshalb vom Markt verdrängt worden, weil irgendjemand ernsthaft auf die Idee gekommen wäre, ein Toyota Yaris sei ein schöneres Auto, sondern weil seine 20l/100km spätestens ab den 90ern ein ökonomisches Problem für den Besitzer darstellen.
Der dritte Faktor, die CO2 Effizienz, ist nun ein Faktor den niemand optimieren oder bewusst ändern würde, gäbe es das Klimaproblem nicht. Es ist also eine authentische Klimagröße, die es erlaubt verschiedene Techniken miteinander bzgl. ihres Klimaeinflusses zu vergleichen. Das IPCC hat etwa (siehe hier auf Wiki) eine Liste der CO2 Emissionen pro kWh verschiedener stromerzeugenden Techniken erstellt. Den meisten Lesern hier auf Primaklima ist diese Liste natürlich nichts neues. Trotzdem ist es immer wieder überraschend, wieviel unglaublich mehr CO2 Emssionen Kohle im Vergleich zu allen anderen Techniken produziert oder dass etwa Photovoltaik etwa vier drei Mal mehr CO2 freisetzt als die Kernenergie.
Jeder der Zahlen in der Wiki Tabelle unterliegt natürlich Änderungen der technischen Entwicklung und des jeweiligen Forschungsstands. Man könnte etwa die Anreicherung von Uran strikt mit Atomstrom betreiben und würde dadurch die dem life cycle eines Kernkraftwerks assoziierten CO2 Flüsse nochmal deutlich senken . Bei der grünsten aller grünen Stromerzeuger, der Wasserkraft, kommt eine beachtliche Unsicherheit bei der Abschätzung der Treibhausgasflüsse hinzu. Es handelt sich dabei in erster Linie NICHT um die Energie (und also CO2) und auch NICHT um den global in der Tat ein riesiger CO2 Produzenten Beton, die beim Bau der Staudämme aufgewandt wurden. Vielmehr wird ja bei der Anlage der Staudämme teilweise riesige Mengen organischen Materials unter den Wassermassen versenkt. Dieses wird dann über die Jahrzehnte mit weiterem organischen Material aus den Oberflüssen angereichert und dann zumeist anärob veratmet. Methan, das typische Produkt anaerober Veratmung, aber ist ein sehr wirksames Treibhausgas und wird in seinem GWP (global warming potential) mit einem Faktor von 20-25 höher angesetzt als das CO2.
Was also bestimmt alles den Methan- und CO2 Fluss aus einem Staudamm? Dutzende von interagierenden und wirklich schwer abzuschätzenden Faktoren: Wieviel organisches Material wurde im See verklappt? Wie alt ist der Stausee (das zu zersetzende organische Material und mit ihm der Methanfluss sollte ja langsam weniger werden)? Methan perlt entweder in Bläschen an die Oberfläche oder diffundiert innerhalb der Wassersäule nach oben. Was genau kontrolliert das Bläschen zu Diffusions-Verhältnis? Je langsamer der Diffusionsprozess zur Oberfläche hin dauert, umso mehr Zeit haben methanumsetzende Bakterien, das Methan in das weit weniger klimaaktive CO2 umzusetzen. Wie sehr wirken die Turbinen der Stauseen, an denen der Strom erzeugt wird, als eine Art gewaltiger Mixer, der stets das Hypolimnion und das Epilimnion (das Unten und das Oben des Seewassers) durchmischt, und somit als eine Art Methanbypass, der das methanreiche Wasser von der Tiefe der Stauseen direkt an die Oberfläche befördert? Ähnliche Fragen gelten natürlich auch für über den Seen herrschenden Windverhältnisse (wie sehr sorgen sie für eine effektive Vermischung des Seewassers etc.).
Tabelle 1 aus Yang, Lu und Wang 2014. Ich konnte Sie leider nicht sauberer kopieren. Hier das pdf:TableStaudamm
So könnte es noch eine ganze Zeit weitergehen. Ein eigentlich relativ rezenter großer Datenüberblicksartikel (20% aller Stauseen global) vergleicht Stauseen in mittleren und hohen Breiten einerseits mit Stauseen in tropisch/subtropischen Zonen. Letztere produzieren natürlich allein schon auf Grund der deutlich größeren Menge an organischem Material und der höheren Temperaturen (bakterielle Aktivität) viel größere Emissionen. Hat man nun den Eindruck, dass sich das alles auf die recht akzeptablen 4gCO2_eq/kWh aus der Wiki Tabelle oben hinmitteln könnte? In einem jüngst in EOS erschienenen Artikel zu Messungen an verschiedenen südostasischen Stauseen kommen die chinesischen Forscher Yang, Lu und Wang zu der Zusammenstellung in der Tabelle 1. Nur fünf der untersuchten Seen liegen zumindest annähernd im Bereich der obigen 4gCO2_eq/kWh. Die anderen liegen teils mehrere Größenordnungen über diesem geschätzten globalen Wert. Einige produzieren dermaßen viel Methan (was dann in CO2 Äquivalente umgerechnet wird), das selbst Braunkohlekraftwerke da fast wie “von Jim Hansen empfohlen” erscheinen lassen.
Stauseen wurden abgeschätzt, global an 0.5% der anthropogenen CO2- und an 1% der anthropogenen Methan-Emissionen beteiligt zu sein. Ich weiss nicht wie sehr sich diese obigen Zahlen damit vertragen. Beim Betrachten der Tabelle scheint es ja immerhin so zu sein, dass die größten Energieproduzenten, also die wirklich riesigen Stauseen, eher CO2-effektiv sind. Die großen Methan/CO2 Produzenten (pro Energieeinheit) finden sich dagegen eher bei den relative kleinen Stauseen. Aus CO2- und Klima-Sicht könnte man vielleicht sagen: Wenn schon ein Stausee in den Tropen, dann gleich ein riesiger!
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