Warum soll man also nach Patalong so nicht mehr reden? Nun, weil er in dieser “der Mensch stammt ab”-Sprechweise tieferverwurzelte moralisch-ethische Probleme vermutet und die sollen durch eine andere Sprechweise beseitigt werden:
“Die archaische, religiöse Trennung von Mensch und Natur war die ideologische Rechtfertigung für jeden Raubbau daran: “Macht euch die Erde untertan…” Das Menschsein als “Ort” in der Natur zu begreifen, öffnet hingegen Horizonte und macht uns klar, dass Raubbau Selbstgefährdung bedeutet. Ich persönlich habe keinerlei Problem damit, Primat zu sein. Es macht uns zu besseren Menschen.”
Ich habe auch kein Problem damit, ein Trockennasenprimat zu sein. Ich bin es sogar ausgesprochen gerne. Ich bleibe aber skeptisch, durch Anderssprech die Welt zuerst anders wahrzunehmen und dann verbessern zu können. Erstens kenne ich immer noch keine empirische Studie, die zeigen würde, dass durch eine andere Sprechweise, die realen Umstände geändert wurden. Umgekehrt, also veränderte Umstände benötigen eine andere Sprache, scheint es mir weitaus plausibler. Es bleibt für mich daher fraglich, ob durch die Bannung von “Der Mensch stammt vom Affen ab” viel gewonnen ist, solange man in der Sache gleicher Meinung ist (also meinethalben sich auf den Abstammungsbaum des Menschen einigen kann). Zweitens ist der Mensch schon Natur (da hat Patalong natürlich recht) und sein Ort ist ebenda mittendrin, aber andererseits ist er es auch nicht mehr. Es könnten schon mehr als “archaisch, religiöse” Vorstellungen sein, die den Menschen dazu veranlasst haben, so strikt zwischen sich und allen anderen Tieren zu unterscheiden: Mittlerweile sprechen wir vom Anthropozän, davon dass der Mensch die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre, die Temperatur derselben und bald 70% der Erdoberfläche geändert und ummodelliert hat. Für ihn ist mittlerweile die kulturelle Evolution weitaus wichtiger als die natürliche seines Körpers. Man denke nur an all die Menschen, die durch mehr oder minder fortschrittliche Medizin (bei der Heilung oder Verwaltung von schwerer Blinddarmentzündung bis zu Diabetes) Gott sei Dank am Leben gehalten werden können und deren Krankheit selbst auf die Zahl ihrer Nachkommen keinen merklichen Einfluss hat. Kurz, die taxonomisch falsche Dichotomie der Alltagssprache zwischen Mensch und Tier (oder meinethalben Affe) ist durchaus augenfällig und beschreibt die Umstände einfach besser. Wer, wie Patalong oder auch ich möchte, dass sich der Mensch mehr als Teil dieser Natur sieht und für sie Verantwortung durch z.B. Artenschutz übernimmt, kann und soll das tun. Aber er sollte nicht die Taxonomie zur Ummodellierung der Umgangssprache benutzen, damit dieses Ziel gewissermaßen unbemerkt durch die Hintertür erreicht wird.
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