Fracking und leider nicht irgendeine andere, gar regenerative Art an Energie zu gelangen, war DIE energietechnische Neuerung der 2000er. Die Pros und Cons sind allesamt recht umstritten und es gibt offensichtlich viele, die Fracking als die Lösung aller mittelfristigen Probleme des Okzidents sehen und andere als den Antichrist in Gasform. Fracking hat den Vorteil nicht von religiös-fanatischen, körperteileabschneidenden Regimes betrieben zu werden sondern eben von “uns” und, wenn es auch nicht so günstig ist wie saudi-arabisches Öl, es war bis vor Kurzem, als der Barrel noch bei 100$ lag, einigermaßen konkurenzfähig. Dagegen sprechen eine Reihe von letztlich nie so ganz dingfest gemachten möglichen Umweltproblemen, von denen meiner Meinung nach die exotischste besagt, daß Fracking Erdbeben produzieren würde.
Abbildung 1: Atmosphärische Methankonzentration auf Mauna Loa, welche in etwa den Nordhemisphärischen Werten entsprechen dürften.
Am Ende des Tages pumpt man immerhin eine Mischung von Chemikalien und heißem Wasser ins Erdreich, um das Gas irgendwie aus dem Boden zu lösen. So ganz gesund hört sich das auch nicht an. Gas aber wird an sich gerade in der anvisierten Energiewende benötigt. Es soll den Übergang von einer reinen atomar-fossilen Energieversorgung in die regenerative Zukunft ebnen. Gerade wenn von gestern auf jetzt die Windräder stillstehen, sollen die schnell anspringenden, kleinen Gaskraftwerke Energielücken schliessen. Also besser in den sauren Frackingapfel beißen. Das bisschen Beben…
Eine neue Studie zu den Methanemissionen der Vereinigten Staaten fügt der Liste der Vor- und Nachteile des Fracking eventuell noch einen weiteren Punkt hinzu. Methan ist ein klimaaktives Gas, dessen Wichtigkeit in IPCC Berichten meist mit einem Faktor von ca.20 gegenüber dem CO2 angegeben wird. Dieses viel grössere sogenannte “global warming potential” (GWP) liegt in erster Linie daran, daß Methan in weit geringeren Absolutkonzentrationen (~2000ppb statt der 400 ppm des CO2) in der Atmosphäre vorliegt und somit seine absorbierenden Infrarot-Banden, die ja entscheidend für den Treibhauseffekt eines Gases sind, weitestgehend ungesättigt sind. Betrachtet man statt der atmosphärischen Konzentrationen die Quellen und Senken eines Treibhausgases kommen einige sogar auf ein GWP des Methans von 30-40! In jedem Fall trägt das Methan momentan mit ca 1W/m2 radiativem Forcing zu ungefähr einem Drittel zum erhöhten Treibhausgaseffekt und somit zur aktuellen Erwärmung bei. Umso beunruhigender ist es, dass die komplizierte OH-Chemie des Methans (seine natürliche Senke) und seine vielen natürlichen und anthropogenen Quellen nicht völlig verstanden sind. Entgegen Annahmen, die auch in die älteren IPCC Berichte eingingen, stoppte das Methan seinen atmosphärischen Anstieg in den 90ern und startete erst in der Mitte der 2000er wieder durch. Ursache für diese Schwankungen ist vermutlich eine Reduktion und dann erneuter Anstieg anthropogener Quellen (siehe hier). Aber welche genau?
Abbildung 2: GOSAT Methantrends (über die gesamte atmosphärische Säule) in % Anstieg pro Jahr. GOSAT misst seit 2010. Der Anstieg ist relativ zum Nordpazifischen “Background”. Die Punkte markieren statistisch signifikante Trends.
Mittlerweile gibt es mehrere satellitengestützte Beobachtungssysteme, die zwar nicht die Präzision wie laborgestütze, in-situ Messungen von Methankonzentrationen haben, aber durch ihre hohe zeitliche Auflösung und gute räumliche Abdeckung doch ideal sind, um auf der Ebene von zumindest Kontinenten Methanemissions-Trends aufzuspüren. A.J.Turner und Kollegen (insbesondere von der Harvard Chemiegruppe von Daniel Jacob) verglichen nun GOSAT und Bodenmessungen in und rund um die Vereinigten Staaten und fanden ein konsistentes Bild. Ab ca. 2003 kann man einen klar ansteigenden Trend in den Methanemissionen in den USA feststellen. Ab 2010 erlauben GOSAT Messungen etwa Trends auf der Basis eines 4*4 Grad Gitters zu erstellen (Abbildung 2), welches zeigt, daß der Anstieg in der Mitte, respective der südlichen Mitte der USA besonders stark ausfällt.
Nimmt man noch die Bodenmessungen dazu kommt man schliesslich auf einen Anstieg von ca. 2.2TG Methan pro Jahr. Diese Zahl würde sich mit allen Unsicherheiten zu einem beachtlichen 30%-60% Beitrag zum erneuten globalen Anstieg der Methankonzentrationen addieren. Zeitlich und teilweise räumlich (Kansas, Oklahoma, etc.) passt das sicher alles gut zum Anstieg der Öl- und Gasproduktion in den USA. Einige Gebiete aber, die besonders mit dem Frackingboom der letzten Jahre verbunden sind, wie etwa North Dakota (“Gasland”) tauchen in der Karte nicht als Gebiete auf mit starken Anstieg der Methanemissionen. Es bleibt also vorerst eine Vermutung, daß der Rückgang von Pipeline-gasverlusten in den letzten Dekaden womöglich vom Fracking und der Schiefergasgewinnung wieder völlig konterkariert und aufgehoben würde.
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