Der schöne Jane Austinsche Untertitel dieses neuen Dies-und-Das Blogeintrags (der alte Dies-und-Das liegt wieder einmal bei tausend Beiträgen und läuft gerade über) soll an unsere eigenartige Art und Weise erinnern, in der wir Risiken wahrnehmen und als relevant oder eben irrelevant einstufen. Dieses völlig Rätselhafte menschlicher Risikoeinschätzung scheint fast dem doch so unerbittlichen, evolutionären Zwang zur besseren Entscheidung zu spotten: Wie haben wir nur als Art überleben können, wenn wir uns gegen großenteils fiktive Risiken mit riesigem Aufwand schützen und uns wehrlos und gleichgültig gegenüber echten Gefahren zeigen? Man vergleiche nur einmal die zwar leicht kritisch beäugten, aber weitestgehend akzeptierten Praktiken des Autofahrens und der Verbrennung mineralischer Kohle (beide verursachen weltweit Millionen an Toten und Schwerstverletzten pro Jahr, siehe etwa hier oder hier), mit der vermeintlich hochriskanten Nutzung der Kernenergie. Ich will aber um Gottes Willen nicht wieder eine Kernkraftdebatte lostreten (please!). Mir geht es nur um die so offensichtlich eigenartige Wahrnehmung von Risiko durch Menschen, und zwar sowohl auf sozialer, wie auf individueller Basis. An einen meist , aber selbst das nicht immer, realen Kern eines Risikos heften wir unsere kulturellen und anthropologisch-verwurzelten Vorstellungen, unsere politischen (Vor-)Urteile und individuellen Wünsche an. Was dann aus einer echten Gefahr und einem echten Risiko in unserer Vorstellung wird, hat meist nichts mehr mit der anfänglichen Statistik zu tun. Die schlichte Wahrheit ist, Nilpferde sind 50 mal gefährlicher als Haie und die wiederum können es beim Menschenumbringen nicht im Mindesten mit den Hunden aufnehmen (Faktor 80).
The World’s Deadliest AnimalWhat’s the deadliest animal in the world? The answer may just surprise you.
Posted by GOOD on Monday, March 21, 2016
Hinzu kommt die große menschliche Gabe des Vergessens. Wer erinnert sich eigentlich noch an den RAF, IRA oder ETA Terror der 70/80er Jahre? Ich selbst habe durchaus das Gefühl, Europa wird gerade von einer nie dagewesenen Terrorwelle überschwemmt. Doch weit gefehlt. Selten war es hinsichtlich der Terrorgefahr so ruhig, wie in der letzten Dekade. Über Facebook wurde mir gerade die hier eingestellte Statistik der Huffington Post zugespült (siehe auch hier ). Gerade die Opferzahlen vor 40 Jahren in England und Spanien scheinen einem fast unglaublich, vergleicht man sie mit seiner inneren Reaktion auf die Ereignisse der letzten Jahre.
Ich habe keine Ahnung, ob wir unbedingt in einer besseren Welt leben würden, wenn wir jedes der Risiken, die uns umgeben, in exakt den Relationen wahrnehmen würden, die uns die Statistiken und die Wissenschaft vorgibt. Aber ich habe doch das Gefühl, dass es momentan so verdreht ist, dass das Risikogefühl, i.e. die an sich doch nützliche Angst, einem eher im Weg steht, halbwegs richtige Entscheidungen zu treffen.
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