Im ersten Teil der Besprechung von James Hansens letztem Paper ging es hauptsächlich um eine möglichst quantitative Einordnung der jetzigen anthropogenen Warmphase relativ zu vorherigen “natürlichen” Warmphasen, dem Holozänen Optimum (HO) und dem Eem. Hansen stellt fest, daß das aktuelle Temperaturniveau bereits knapp über dem Langzeitmittel des HO liegt, und wir somit nur noch ca. +0.5-1C bis zum Eem brauchen, die vorletzte interglaziale Warmzeit mit einem bekanntlich deutlich höheren Meeresspiegel. Was ist also zu tun? Treibhausgasemissionen reduzieren, logisch. Schauen wir also mit James Hansen zuerst nochmal auf die jüngste Historie der beiden wichtigsten Treibhausgase, CO2 und CH4.
Bild 1: CO2 Emissionen der letzten 60 Jahre und das, was in der Atmosphäre davon übrig bleibt: die airborne fraction.
In Bild 1 sieht man also den Anstieg der CO2 Emissionen in den letzten 40 Jahren und welcher Anteil dieser Emissionen in der Atmosphäre geblieben ist. Wir liegen momentan bei Emissionen von ca. 10 Gigatonnen C pro Jahre. Ungefähr die Hälfte (5 GTC die arborne fraction) bleibt davon in der Atmosphäre. Eine kleine Rechnung dazu: 5GTC entsprechen 5*(12+32)/12 GTCO2, i.e 18.3 GTCO2. Der globale Bodendruck beträgt ungefähr 1bar=1000 HPa auf einer Fläche der Erde von ca. 5*10^8 km2 bei einer Erdbeschleinigung vom 10m/s2. Somit kommen wir auf ein Gesamtgewicht der Atmosphäre von 5*10^18 k und schließlich auf einen Gewichtsanteil der 18.3 GTCO2 von 18.3/5*10^-6=3.66*10-6. Wir wollen aber Volumenanteile und nicht Gewichtsanteile, das heißt die 3.66 müssen noch mit dem Gewichtsverhältnis von Luft zu CO2 multipliziert werden, also 3.66*28,8/44*10-6=2,4 ppm; ; das ist ziemlich genau die Erhöhung, die wir momentan beobachten. Stimmt also alles. Eine exponentielle Beschleunigung in den atmosphärischen CO2 Konzentrationen ist offensichtlich zu sehen, wenn man Eiskern und Firndaten über die letzten 200 Jahre dazunimmt. Aber selbst über die letzten 50 Jahre betrachtet muss man von einer Beschleunigung der globalen CO2 Konzentrationen sprechen, wenn es auch deutliche Schwankungen gibt und die unterliegenden Prozesse kompliziert sind (siehe etwa hier bei Tamino auf openmind). Unabhängig von dieser empirischen Beschreibung des atmosphärischen CO2 bleibt es ein kleines Misterium, warum denn nun die airborne fraction schon seit mehr als einem Jahrhundert bei ca 0.6-0.5 stagniert. Allgemein geht man davon aus, daß die verschiedenen Kohlenstoffreservoire irgendwann sich der Sättigung der Sättigung nähern, allen voran die Ozeane (als ein Beispiel unter vielen siehe etwa hier). Trotzdem: bislang ist die airborne fraction weit entfernt von einem signifikanten Anstieg und man kann nicht von einer beginnenden Sättigung der Biosphäre/des Ozeans sprechen.
Bild 2: Atmosphärischer Methanverlauf der letzten 30 Jahre.
Umstritten sind auch die Gründe des exakten Verlaufs des zweitwichtigsten Treibhausgses, des Methans. Nach einem starkem Anstieg in den 90ern, einem Hiatus (endlich mal ein richtiger Hiatus!) von fast einer Dekade, sind wir jetzt mit 10ppb Anstieg per annum in den Jahren 2014/2015 wieder auf dem Niveau des Anfangs der Messungen. Da wir über Messungen von chemischen Folgeprodukten der Ozon getriebenen Zersetzung von Methan verfügen, kann man wohl ziemlich sicher sein, daß der entscheidende Faktor bei den in Bild 2 dargestellten Variationen die globalen Methan-Quellen und eben nicht die Senken sind. Wie hier auf Primaklima bereits einmal diskutiert, sehen einige Wissenschaftler insbesondere Methanquellen im Zusammenhang mit den enomen US-amerikanischen Frackingaktivitäten verantwortlich . Andere (mein Favorit) vermuten eher die Emissionen tropischer Feuchtgebiete als Ursache der Schwankungen. Zusammengefasst: es gibt in den empirischen Daten zu den aktuellen Treibhausgas-Konzentrationen keinen Anlass zu glauben, daß eine irgendwie unterirdische und quasi unsichtbare technische Revolution bereits vor sich gehen und das Problem der Treibhausgasemissionen lösen würde.
Bild 3: Einfache Hansensche Emissionsszenarien im Vergleich zu den offiziellen RCP Szenarien des IPCC.
Hansen macht nun etwas, was ich für Klimadiskussionen nun wirklich sehr hilfreich finde. Er reduziert die Komplexität der IPCC Annahmen und Modelle enorm, sodaß sie sich auf zwei/drei anschauliche Zahlen herunterkochen lassen. Zuerst einmal haben hier sicher die meisten schon gehört, daß der IPCC nicht mehr mit den uralten makroökonomischen Szenarien der 90er rechnet. Sie hatten so Namen wie A1B oder B2 beschrieben unterschiedliche Grade globaler Integration (da hat noch keiner beim IPCC an den Donald gedacht) und unterschiedlicher technologischer Entwicklungen (11.000 Kernkraftwerke bis 2100 in A1T). Mittlerweile gibt es die neuen RCP (Representative Concentration Pathway, siehe etwa hier) Szenarien, die natürlich ebenfalls gewisse makroökonomischen Annahmen machen müssen. Diese werden dann für das Ende des Szenariozeitraums anschaulich auf eine Zahl kondensiert, dem Treibhausgas-Strahlungsforcing im Jahre 2100: RCP8.5 entspricht also einem Emissionsverlauf, an dessem Ende satte 8.5 W/m2 extra den Planeten wärmen. Übrigens sind diese 8.5W/m2 natürlich nicht das energetische Ungleichgewicht, das Sateliten messen würden. Das beträgt lediglich etwas in der Größenordnung 0.6-1W/m2, da die sich erwärmende Erde natürlich auch stetig mehr abstrahlt. Was aber bedeutet so ein RCP8.5 anschaulich und wieviel würden sich denn die Emissionen in den verschiedenen Szenarios ändern?
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