In den letzten 30 Jahren hat sich, weltweit betrachtet, die Lebenssituation unglaublich vieler Menschen massiv verbessert. Damit einher ging ein gigantischer Anstieg der Güterproduktion, dessen Umweltauswirkungen nur zum Teil durch bessere Technik minimiert werden konnten. Für die Betrachtung des Erdklimas interessiert es leider nicht, um wie viele Größenordnungen heute Kohlenstoffdioxid- und Schadstoffausstoß bei Produktion und Vertrieb, von mir aus eines Fernsehers, niedriger liegen als 1960. Die absoluten Zahlen sind entscheidend – und die steigen nach wie vor ohne absehbares Ende an.
Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Städten. Viele sind akut vom steigenden Meeresspiegel betroffen, weil sie auf Meereshöhe oder wenige Meter darüber liegen. Mehr als die Hälfte der Landwirtschaftlichen Nutzfläche liegt im Einzugsgebiet dieser Städte. Wegen der steigenden Weltbevölkerung ist nicht anzunehmen, dass sich an diesem Bild in Zukunft allzuviel ändert: Arbeit gibt es eher in Städten als auf dem Land – für Schwellenländer trifft das in besonderem Maß zu.
Langfristig stört das, was den Menschen in Indien und anderswo Massenwohlstand bringen kann massiv die Lebensgrundlage eben dieser Menschen. So massiv, dass die Kosten der Anpassung vielleicht den Nutzen übersteigen. Landwirtschaftlich nutzbare Fläche ist weltweit knapp und wird immer knapper. Unwirtliches Land urbar zu machen ist aufwändig und teuer. Und auch Brachflächen bzw. Urwälder haben ihren Sinn – verschwinden sie, hat das das Auswirkungen. Und dann werden die Leute dort genauso ungern hören, dass sie mit ihrem Lebensstil dazu beitragen, wie heute die Leute hier. Das ist ein kompliziertes Problem.
Unser Wohlstand äußert sich ja nicht nur durch größere Autos und bessere Mobiltelefone, sondern auch durch bessere Medikamente und bessere Diagnose, durch AED in jeder U-Bahnstation, durch Kommunikationsmittel und damit die Verbreitung von Ideen, Wissen, Meinungen, von denen selbst Jules Verne nicht zu träumen gewagt hätte. Was wir haben können wir anderen schlecht vorenthalten, wenn sie eine Chance für sich sehen.
Ihre Umwelt zu verändern, damit die Lebensbedingungen für sie besser werden, haben Menschen zu allen Zeiten getan. Und zu allen Zeiten gab es Beispiel dafür, dass das evtl. katastrophal schief gehen kann. Für das Leben der Menschheit spielte das Schicksal einzelner Gruppen von Menschen bisher nie wirklich eine Rolle, denn die Auswirkungen kurzsichtigen Wirtschaftens mit den natürlichen Ressourcen waren lokal begrenzt.
Der Klimawandel ist da anders – er geht uns alle etwas an, weil er uns alle betrifft. Und wie er sich wirklich auswirkt, werden wir erst wissen, wenn all jene Menschen, die heute die Weichen für die Zukunft stellen längst das Zeitliche gesegnet haben.
Nebenbei eine Frage an die Experten: Ohne das jetzt an irgendwas festmachen zu können sieht der Anstieg der Temperatur infolge der Erhöhung der Kohlenstoffdioxid-Konzentration für mich aus, wie eine S-Kurve, deren Wendepunkt noch nicht erreicht ist. Das erscheint mir plausibel, weil diese Kurvenform generell das Verhalten einer Größe in einem System mit mehreren Energiespeichern abbildet (Siehe z.B. Hier, s.15 ff), was für Temperaturen oft der Fall ist.
Ein kleines Beispiel: Tun wir so, als sei die Erde ein Prozessapparat, dessen Wärmeeintrag (und damit dessen Temperatur) von der Konzentration bestimmter Stoffe in seinem Innern abhängt. Diese Konzentration wird rampenförmig erhöht, die Temperatur folgt dieser Rampe mit P-Tn-Verhalten (n ≥ 2). Das bedeutet: Bei linear Erhöhung der Konzentration in Abhängigkeit der Zeit steigt die Temperatur erst stark an und würde, wenn die Konzentration einen Endwert erreicht, zunächst für eine gewisse Zeit stark weiter steigen, dann irgendwann einen Wendepunkt erreichen und asymptotisch gegen einen Endwert laufen.
Kann man sich die Erwärmung der Erde infolge Anstiegs der Kohlenstoffdioxid-Konzentration so vorstellen?
Ist, wegen der Geschwindigkeit des Anstiegs im Vergleich zur Verzögerungszeit, die Antwort der Erdatmosphäre auf die steigende Kohlenstoffdioxid-Konzentration überhaupt einigermaßen eine Rampenantwort oder kann man sie schon als Sprungantwort beschreiben? Oder weder noch?
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