Schadensausmaß und Schadenseintritts-Wahrscheinlichkeit gibt man jeweils in Klassen an. Das ist nötig, um die Vielfalt einigermaßen handhabbar zu machen. Eine Klassifizierung könnte in etwa so aussehen:
Die Risikomatrix
die Dn und Pn bilden Zeilen und Spalten der sogenannten Risikomatrix, des mitunter wichtigsten Hilfsmittels bei der Risikoanalyse. In den Elementen der Risikomatrix stehen die jeweiligen Risiken. Sie ergeben sich aus der Multiplikation der jeweiligen Dn und Pn.
Man beachte, dass die Einteilung hier quantitativ ist und in rohen Zahlen angegeben werden kann. Da aber wir Menschen semantische Ausdrücke besser erfassen und intelektuell verarbeiten können, empfiehlt es sich, die Risiken entsprechend ihrer Größe in Risikoklassen einzuteilen, die einen einigermaßen breiten, aber auch ausreichend präzisen Bereich verschiedener Risiken abdecken.
Das ist das Prinzip der Risikomatrix, wie sie überall von Unternehmen und Behörden zur Abschätzung von Risiken angewendet wird, die selten und nur zu bestimmten Zeiten auftreten. Sie korrespondiert mit Schutzsystemen, die darauf ausgelegt sind, nur selten zum Einsatz zu kommen, aber dann zuverlässig funktionieren zu müssen. Wir nennen das eine niedrige Anforderungsrate und sie bemisst sich in der Regel in Anforderungen pro Jahr. Solcherart ist der überwiegende Teil der Risiken einer Chemieanlage: Das Schutzsystem wird bei Verletzung der Betriebsparameter aktiv, was selten passiert.
Der Risikograph
Für die zweite Klasse von Risiken gibt es ein anderes Hilfsmittel, zu dem wir im folgenden kommen. Wenn es Risiken gibt, die nur selten vom Schutzsystem beherrscht werden müssen gibt es bestimmt auch noch ein anderes Ende des Spektrums, in dem das Schutzsystem quasi ständig aktiv sein muss, um Risiken zu vermeiden. In der Tat finden wir solches häufig an Maschinen, die von Menschen bedient werden und bei Fehlbedienung, Unfall oder Unachtsamkeit schwere Verletzungen anrichten können. Das können z.B. hydraulische Pressen sein, Schweißautomaten, Stanzen, Wälzeinrichtungen oder CNC-Maschinen. Von Maschinen gehen vor allen Dingen mechanische Gefährdungen aus. Das Schadensausmaß ist auf Verletzung des Bedieners beschränkt und deswegen gibt es auch nur zwei Schadensklassen:
D1 leichte (normalerweise reversible) Verletzung, z.B. oberflächliche Schnittverletzungen
D2 schwere (normalerweise irreversible) Verletzung einschließlich Tod, z.B. Verlust von Gliedmaßen, des Augenlichtes oder Lebens
Da das Risiko dauernd besteht, muss man nicht fragen, wie oft es auftritt. Aber man muss wissen, wie häufig der Bediener ihm ausgesetzt ist:
F1 selten bis öfters und/oder kurze Dauer, also längstens Minuten
F2 häufig bis dauernd und/oder lange Dauer also bis zu mehreren Stunden
Da die Gefährdungen mechanischer Natur sind, kann es unter Umständen möglich sein, sie durch weitere Maßnahmen wie mechanische Sicherungen, sichere Standorte, langsame Bewegung die ein Ausweichen möglich macht, etc. zu vermeiden. Auch das muss in den Kalkül gezogen werden:
P1 Vermeiden des Schadens ist möglich unter bestimmten Bedingungen
P2 Vermeiden des Schadens ist kaum möglich
Auf dieser Grundlage wird ein Entscheidungsbaum, der sogenannte Risikograph für ständig vorhandene Risiken erstellt:
Er korrespondiert mit Schutzsystemen, die darauf ausgelegt sind, oft bzw. dauernd zum Einsatz zu kommen und immer zuverlässig funktionieren zu müssen. Wir nennen das eine hohe Anforderungsrate. Sie hat die Besonderheit, dass man keine Anforderungsrate bestimmen kann, weil das Schutzsystem dauernd aktiv ist. Man kann nur die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls angeben und tut dies üblicherweise als Ausfallwahrscheinlichkeit pro Stunde. Solcherart ist der überwiegende Teil der Risiken von Maschinen: Das Schutzsystem wird im normalen Betriebsablauf aktiv, was sehr oft passiert.
Mit dem Risiko umgehen
Wir haben jetzt zwei Methoden an der Hand, wie wir das Risiko einigermaßen sinnvoll klassifizieren können: Die Risikomatrix für Risiken mit niedriger Anforderungsrate und den Risikographen für Risiken mit hoher Anforderungsrate. Man sieht ihnen an, dass ihnen ähnliche, aber nicht gleiche Philosophien zugrunde liegen. Mit der Risikomatrix behandelt man Risiken von potentiell katastrophalem Ausmaß, die nur selten auftreten; der Risikograph ist für häufig auftretende Risiken da, die zwar persönliche, aber keine allgemeinen Katastrophen auslösen können. Bevor wir uns Gedanken darüber machen, wie wir mit den Risiken umgehen, wollen aber einen kleinen Blick darauf werfen, wie Menschen Risiken wahrnehmen.
Kommentare (4)