Die Erhöhung der Eintrittswahrscheinlichkeit für das Auftreten von Krebs ist im Vergleich mit anderen Chemikalien zwar hoch, aber gemessen an ganz anderen Risikofaktoren wie falscher Ernährung oder Übergewicht klein. Ich wäre deswegen überrascht, wenn es überhaupt messbar wäre. Panik oder generelle Umstellung des Lebenswandels aufgrund von Acrylamid sind wohl eher nicht angebracht (Zu viel Pommes frites bringen vermutlich mehr Menschen durch zu viel Fett ins Grab). Für die Verbraucher wird sich nicht wirklich was ändern, außer, dass die Pommes jetzt vielleicht 30 s länger frittieren müssen. Wer zu Hause die Fritteuse anwirft, macht das je eh nicht gewerblich, also kann da auch keiner was wollen. Panikmache ob des Regulierungswahns der EU halte ich für nicht angezeigt.

Persönlich befasse ich mich nicht so lange intensiv mit diesem Thema und bin deswegen noch etwas unsicher, aber die Zahlenwerte weißen tatsächlich darauf hin, dass man mit ganz kleinen Maßnahmen jedes Jahr einige zehn, Hundert oder gar Tausend Krebserkrankungen vermeiden kann. Schon am unteren Ende der Abschätzung mit 6 zusätzlichen Krebserkrankungen pro 10.000 Individuen kann man in Deutschland mit seinen rund 250.000 neu auftretenden Krebsfällen pro Jahr mit zusätzlich 150 durch Acrylamid ausgelösten Fällen rechnen. Am oberen Ende der Bandbreite wären es gar 2.500. Im Gegensatz zu Fipronil und vielen anderen Stoffen ist für Acrylamid keine Aktute Referenzdosis ermittelbar, es gibt also keinen unteren Grenzwert, unter dem eine Schädigung nicht mehr nachweisbar ist. In diesem Sinne machen die Regeln in meinen Augen Sinn. Wie sie gelebt werden, steht natürlich in einem anderen Buch.

 

 


 

 

 

[1] Zwei Jahres Acrylamid – eine Bilanz aus Sicht der Risikobewertung Stand 19.03.2004
[2] Acrylamid in Lebensmitteln – Stellungname des BfR Stand 21.01.2013

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Kommentare (14)

  1. #1 Omnivor
    Am 'Nordpol' von NRW
    13. April 2018

    Ich meine in den letzten Jahren Berichte gelesen zu haben, nach denen der Mensch als einziges feuermachendes Tier sich an Acrylamid angepasst hätte.
    Google ist heute nicht mein Freund, ich habe die Stellen nicht wieder gefunden.

  2. #2 rolak
    13. April 2018

    Eine Frage zur ‘anderen Seite’: Klar, Meister Pollmer poltert gerne, doch wie stehts denn (mittlerweile) um seine Schlüsse, seine Datenbasis?

  3. #3 rolak
    13. April 2018

    Dir wurde ungewollt geholfen, Omnivor, und wenns zutrifft, darfst Du weiterhin Deinem nick gerecht werden.

    Nordpol

    Noch ‘über’ Lübbecke?

  4. #4 RPGNo1
    13. April 2018

    Schön, eine nüchterne Analyse zu lesen und nicht die reißeren Nachrichten so mancher Online-Medien.

  5. #5 RPGNo1
    13. April 2018

    Korrektur: Es soll “reißerischen” heißen

  6. #6 uwe hauptschueler
    14. April 2018

    Das Leben besteht aus Risiken. Um Risiken abschätzen zu können benötige ich einen händelbaren Wert.
    Rauchen verringert, je nach Quelle, die Lebenserwartung um fünf bis zehn Jahre. Da kann ich abschätzen ob mir das das wert ist.
    Was kostet mich aber Acrylamid, in Form von Brot oder Fritten, oder Zucker oder Alkohol oder Impfverweigerung oder Nichtteilnahme an Krebsreihenuntersuchungen an Lebenserwartung? Ich hätte da gerne einen Wert an dem ich mein Verhalten ausrichten könnte.

  7. #7 UMa
    16. April 2018

    Hallo Uwe,

    das sind sehr interessante Fragen. Mit denen ich mich auch schon beschäftigt habe.

    Ich habe versucht, anhand der Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung, die Kosten an Lebenserwartung durch Acrylamid hochzurechnen.

    Ich bin für eine Aufnahme von 1 µg Acrylamid pro kg Körpergewicht und Tag auf etwa eine Woche gekommen, mit einer Unsicherheitsspanne von etwa einem Tag bis etwa zwei Monaten.

    Ein zuviel an Zucker oder Alkohol sollten, bei Konsum wie im Bundesdurchschnitt, jeweils mehr als ein Jahr an Lebenszeit kosten.

  8. #8 Omnivor
    Am 'Nordpol' von NRW
    16. April 2018

    @rolak #3: jau

  9. #9 Oliver Gabath
    18. April 2018

    @#1 (Omnivor):
    Das würde mich wundern, denn auch im menschlichen Organismus wird Acrylamid zu Glycidamid metabolisiert und dessen krebserzeugende Wirkung ist gut abgesichert. Außerdem macht der Mensch ja erst seit etwa 30.000 Jahren Feuer und an andere Produkte aus Verbrennungsvorgängen wie Stickoxide und Dioxine haben wir uns auch nicht gewöhnt.

    @#2 (rolak):
    Wie Du schon sagst: er poltert gerne. Ich erlaube mir deshalb, meine Zeit lieber auf das Lesen unaufgeregter Berichte zu verwenden.

  10. #10 uwe hauptschueler
    18. April 2018

    Roebroeks und Villa fanden jedoch eindeutige Hinweise auf Lagerfeuer erst ab rund 300 000 bis 400 000 Jahren vor heute

    Q.:https://www.spektrum.de/news/erst-der-neandertaler-soll-das-feuer-beherrscht-haben/1066320
    @Oliver Gabath
    Ein bisschen länger zündeln Menschen schon.

    • #11 Oliver Gabath
      25. April 2018

      Das passiert, wenn man sich auf sein Gedächtnis verlässt – danke für den Hinweis!

  11. #12 uwe hauptschueler
    20. April 2018

    Aber immerhin lebt eine Person mit 15 Minuten Sport pro Tag im Durchschnitt drei Jahre länger – das Risiko vorzeitig zu sterben, sinkt um 14 Prozent. Das ergab eine Studie, die Forscher aus Taiwan im britischen Fachblatt “The Lancet” veröffentlicht haben. 

    Q. :https://m.spiegel.de/quiztool/quiztool-60929.html?a=2131&aa=1
    So stelle ich mir eine Angabe zu einem Risiko / einer Chance vor.

  12. #13 rolak
    7. März 2020

    ~ polternd / unaufgeregt

    ..sind beides bloß gestalterische Merkmale eines Textes, haben beide nichts mit dem Inhalt zu tun. Was ist denn mit den zum Polternden inhaltsäquivalenten Texten wie zB diesem oder jenem? Immer noch zu aufgeregt?

  13. […] Die Unterteilung von Lebensmittelzusatzstoffen findet vor allem in drei Kategorien statt: Süßungsmittel, Farbstoffe sowie übrige Zusatzstoffe. Letztere umfassen eine besonders große Gruppe, unter anderem mit Geschmacksverstärkung, Stabilisatoren, Emulgatoren, Konservierungsmitteln oder Säuerungsmitteln. Die Gesetzgebung sieht bei der Zufuhr und dem Einsatz von Lebensmittelzusatzstoffen eine klare Linie vor: Sie sind grundsätzlich verboten. Nur, was die EU als unbedenklich genehmigt hat, darf in Lebensmitteln Anwendung finden. In den neuen EU-Regularien ist beispielsweise bei der gewerblichen Lebensmittelzubereitung die Acrylamid-Vermeidung vorgesehen. […]