Als Flamanville-3 genehmigt wurde, ging man von ca. 3,3 Milliarden € Kosten und einer Bauzeit von 5-6 Jahren aus. Für Olkiluoto-3 nahm man ähnliche Zahlen an. Geworden sind es am Ende mindestens (Ich hab für Olkiluoto nur Zahlen von vor Inbetriebnahme gefunden) 13 bzw. 11 Milliarden, gedauert hat es 17 bzw. 18 Jahre. Das sind nur die Overnight-Kosten für den Bau. Eine Rückstellung für den späteren Rückbau und vor allem Finanzierungskosten kommen on top. Bei solchen Projekten sind die oft der Kicker. Die hohen Gesamtsummen verlangen nach langen Abschreibungszeiträumen, damit der Cashflow der Anlage in jedem Jahr positiv bleibt.
Aber auch das ist nicht alles. Unter allen Nebenbedingungen erwartet der französische Rechnungshof in einem Bericht ab Seite 27ff Gesamtkosten für Flamanville-3 von etwas unter 24 Milliarden € in Preisen von 2023. Erwartbar sind damit in Preisen von 2023 ca. 120-170 €/MWh Stromgestehungskosten unter Idealbedingungen (> 85 % Auslastung -> 4-7 % Rendite). Gleichzeitig geben die französischen Beamten zu bedenken, dass in der Geschichte von EDF eher 75 % Auslastung realistisch waren und bei einer Rendite von 4 % Gestehungskosten von 138 €/MWh nötig wären. Im Frühjahr 2025 beträgt der durchschnittliche Börsenpreis an der EEX, gemittelt über einen Tag, ca. 80 €/MWh. Langfristige Verträge, die nicht an der Börse ausgehandelt werden, liegen typischerweise darunter. Außerdem erscheint mir fraglich, ob das Kraftwerk ein Gutteil seiner angedachten 60 Jahre Laufzeit so arbeiten wird, da sich das Marktumfeld so schnell wandelt. Mehr dazu weiter unten. Diese Zahlen miteinander zu verheiraten überlasse ich Euch.
Zu Olkiluoto-3 habe ich keine so detaillierte Aufschlüsselung gefunden, wie sie der französische Rechnungshof abgibt, aber bis zum Beweis des Gegenteils tendiere ich dazu, dass für ähnliche Anlagen desselben Bauherrn unter Europäischem Recht auch ähnliche Kostenkalkulationen gelten. Es sieht mau aus, in Finnland und Frankreich. Die Anlagen laufen und stellen CO2-arme Energie bereit, wunderbar. Aber ein Geschäft waren sie nicht. Und das sich verändernde Marktumfeld macht es fraglich, ob Kernkraftwerke in der Zukunft ein Geschäft sein können.
Allerdings enthält der Bericht ein interessantes Detail zu den beiden in China gebauten EPR Taishan-1 und -2. Auf Seite 34 kann man lesen, dass der für die beiden Anlagen festgelegte Strompreis für je 7.500 Stunden pro Jahr 435 RMB pro MWh beträgt, das sind zurzeit etwa 55 €. Das ist etwa der durchschnittliche chinesische Industriestrompreis, wie von der staatlichen Kommission für Entwicklung und Reform festgesetzt und nur ganz zögerlich Marktmechanismen unterworfen. Auch in China, wo die internen Märkte nun wirklich nicht gerade liberalisiert sind, ist es anscheinend nötig, die Einspeisevergütung bis zur Grenze des staatlich festgesetzten zu erhöhen, wenn man ein Kernkraftwerk gebaut haben will. Bemerkenswert. Aber zurück nach Europa.
Als das Projekt Hinkley Point C in 2013 genehmigt wurde, sollte das Kraftwerk mit beiden Reaktoren ca. 18 Milliarden Pfund bzw. zum damaligen Wechselkurs 23 Milliarden € Kosten. Zu diesem Zeitpunkt war das schon moderat höher als die erwarteten Kosten für Flamanville-3 und Olkiluoto-3, die in 2013 je um die 8 Milliarden € lagen. Anscheinend hatte man aus der Vergangenheit gelernt.
Tatsächlich soll Hinkley Point C laut Bericht des französischen Rechnungshofs aber nicht nur bis zu 34 Milliarden Pfund (46 Milliarden €; in dem Bericht wird fälschlicherweise beide Male Pfund geschrieben) in Preisen von 2015(!) für 3.200 MW elektrische Leistung kosten, die eingespeiste Energie wird auch mit einem Strike Price verkauft, der mit Basisjahr 2012 an die Inflation angepasst wird, ab Inbetriebnahme für 35 Jahre gilt und Stand jetzt ca. 150 €/MWh beträgt. Geplanter Inbetriebnahmetermin soll zwischen 2029 und 2031 sein. Der Strike Price wird bis zur ersten eingespeisten Megawattstunde also vermutlich noch etwas höher werden und noch etwas höher, wenn sich der Termin noch mal verschieben sollte. Bis 2036 haben die Bauherrn zeit, dann darf die Regierung Seiner Majestät den Vertrag kündigen. 150 €/MWh ist zurzeit etwa 50 % teurer als der Marktwert elektrischer Energie im VK und etwa doppelt so teuer wie das langjährige Mittel der letzten zehn Jahre.
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