Dass von 15 angefragten Kinderbetreuungseinrichtungen nur 8 zugesagt haben, verwundert angesichts der Berichterstattung nicht. Ein Feld in dieser Art und Weise in die öffentliche Debatte zu bringen, hat dementsprechende Folgen.
S. 15, 4.4 Untersuchungsinstrument – Leitfadengestützte Interviews
Nachdem der Anspruch der Grounded Theory fallengelassen wurde, brauche ich meine methodologische Kritik an der Instrumentenwahl nicht nochmals wiederholen. Leitfadeninterviews sind häufig eingesetzte und sehr übliche Wege, um zu Material zu kommen und auch für reduktive Verfahren gut nutzbar. Ob anderes sinnvoller wäre darüber ließe sich diskutieren. Die entwickelten Leitfäden sind zugänglich, sie sind strukturiert und logisch. Die Fragen sind zwar teils nur bedingt erzählgenerierend und eher knapp, aber dies ist Entscheidungsspielraum der Durchführenden und insofern passend.
S. 17-S. 21, Begriffsklärungen zu Kinderbetreuungseinrichtungen und Personal
Diese Abschnitte haben in der Erstfassung der Vorstudie gefehlt. Jede sozialwissenschaftliche Arbeit braucht eine Erklärung der verwendeten Begriffe und des notwendigen Wissens, um der Studie folgen zu können. In diesem Abschnitt wird mit den Quellen korrekt umgegangen und diese jeweils passend angeführt.
S. 21-61, 8. Theologische und politische Orientierungen in islamischen Kindergärten und -gruppen
Auf 40 Seiten werden in diesem Abschnitt diverse Organisationen und Ausrichtungen beschrieben. Angegeben wird, dass diese die hinter den Kinderbetreuungseinrichtungen stehen. Die Fundierung in Quellen und Materialien wird teils unspezifisch vorgenommen. Gleich zu Beginn des Kapitels werden in den Fußnoten lange Listen von weiterführender Literatur angegeben, dies ist zumindest ungewöhnlich und mir in dieser Form noch nie begegnet. Dieser Textabschnitt ist deskriptiv und allgemein gehalten, der Zusammenhang zu den Kinderbetreuungseinrichtungen ist wenig greifbar. Vorausgesetzt und postuliert wird, dass die ausgewählten Organisationen einen direkten Zusammenhang und Einfluss auf die Kinderbetreuungseinrichtungen haben. Ob dies tatsächlich so ist, kann beim Lesen, und auch beim Vergleich zu den angeführten empirischen Ergebnissen, nicht festgestellt werden.
Weitere, vor allem inhaltliche, Schlüsse müssten thematisch auf dem Gebiet tätige KollegInnen ziehen. Aus sozialwissenschaftlicher und methodischer Sicht ist dieser Teil mit 40 Seiten im Verhältnis zur empirischen Analyse sehr ausführlich geraten und das Ziel für den dann folgenden Ergebnissteil nur schwammig formuliert. Der am Ende des Abschnittes gezogene Schluss „Es wäre also eine dringende Aufgabe weiterer Forschungen zu ermitteln, inwieweit die Präsenz dieser Theologie im Alltag der Kindergärten und -gruppen den Voraussetzungen des BildungsRahmenPlans entspricht.“ (S. 61 des Abschlussberichtes) hätte auch prägnanter und mit weniger Seiten erreicht werden können.
Warum diese 40-seitige Abhandlung und wie ist diese – abschließend – zu qualifizieren?
Hier hilft ein Rückgriff auf eine andere Stelle am Beginn des Abschlussberichtes. Angeführt wird: „Für die Bereiche Kindergarten und Kindergruppen reichten die Ergebnisse der hier kurz skizzierten Forschungen allerdings nicht aus, weil kaum ein Verband oder Verein unter dem Namen der jeweiligen Dachorganisation einen Kindergarten oder eine Kindergruppe betreibt. […] Aus dieser Tatsache heraus war es notwendig, neben der Verbands- und Vereinsanalyse auch Daten zu den einzelnen Vereinen (Bereich Kindergarten/Kindergruppen) zu erheben.“ (S. 7, Abschlussbericht)
Übersetzt heißt dies: Das empirische Material war nicht ausreichend, deshalb wurde eine Analyse anderer Materialien gemacht, deren methodische Gestricktheit allerdings nicht argumentiert wird. Auch für solche Analyse gelten aber die gleichen Bedingungen wie für Interviewtexte o.ä.. Es braucht eine Darstellung des gewählten Weges, der Materialauswahl und der Auswertungsschritte. Insbesondere dann, wenn dieser Teil als Argumentationsgrundlage eingeführt wird und den empirischen Auswertungen vorangestellt wird. Dieser ausführliche Teil der Studie, immerhin mehr als ein Drittel der Seiten des Berichts – der Anhang wird hier nicht gezählt, hat den Ausführungen im Bericht folgend mehr mit dem Meinungsteil einer Tageszeitung als mit einer wissenschaftlichen Untersuchung zu tun.
S. 61- S.69, 8.3 Kindergärten und -gruppen als Wirtschaftsunternehmen: Interessenlos-pragmatischer Umgang mit kultureller und religiöser Vielfalt und 8.4. Kindergärten mit Offenheit für andere Kulturen und Religionen
Der weitere Teil des Kapitels 8 beschäftigt sich mit den Voraussetzungen der Gründung einer Kinderbetreuungseinrichtung, den Interessen dahinter und unterschiedlichen Konzepten. Umfangreich werden Zitate aus Interviews übernommen, dazwischen an mehreren Stellen nur kurze Bemerkungen. Dies entspricht nicht üblicher wissenschaftlicher Praxis. Zitate sollen getroffene Erkenntnisse darstellen und illustrieren, nicht aber für unkommentiert für sich stehen. Das Verhältnis von Zitattexten zu selbstverfassten Stellen ist hier unpassend. In einer studentischen Arbeit wäre dies nicht akzeptabel.
S. 71, 9. Über die Bedeutung der pädagogischen und religiösen Profile der Trägervereine für die Erziehungsarbeit in den Kindergruppen und die Notwendigkeit einer vertieften mehrjährigen Studie
Vier Ausrichtungen werden an dieser Stelle des Berichts aus den Analysen, anzunehmen ist aus den vorangegangenen 40 Seiten, dargestellt. Ausgeführt wird: „Nicht im Fokus der empirischen Untersuchung standen hingegen die Zielsetzung, die alltagspraktische Bedeutung von theologischen Strömungen sowie die Formen religiöser Erziehung in den entsprechenden Kindergärten, Kindergruppen und Horten zu beobachten.“ (S. 71, Abschlussbericht) Gerade diese alltagspraktische Umsetzung, sprich wie der gelebte Alltag in den Kinderbetreuungseinrichtungen aussieht, wäre aber das Interessante. Ein Punkt den ich in meiner Erstkritik beleuchtet habe.
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