Kurz: Die Auswertung überrascht nicht. Die skandalisierenden, veröffentlichten Schlüsse stammen bei Durchsicht des Abschlussberichts nicht aus den empirischen Daten. Die Auswertung zeigt bekannte Themen auf zu denen durchaus Handlungsbedarf besteht, wie zum Beispiel die Sprachförderung der Kinder. Bedrohliche oder extremistische religiöse Tendenzen sind im Auswertungsteil nicht vorhanden.
Woher kommen also die öffentlich transportierten und skandalisierenden Elemente der Studie? Diese stammen aus der Dokumentenanalyse, die in keinem empirischen Kontext entstanden ist und wissenschaftlichen Kriterien auch nicht standhalten kann. Dafür wurden aus einer – als subjektiv qualifizierbaren – Perspektive Materialien zusammengetragen, die Argumentationslinien stützen sollen. Der dem zugrunde liegende Arbeitsprozess wurde nicht transparent gemacht und ist demnach nicht nachvollziehbar.
S. 104 bis 112, Resümee, Ausblick und Schlussbemerkung
Das Ende des Abschlussberichtes zur Evaluierung islamischer Kindergärten beginnt mit einem Resümee. Die Feststellung „islamische Kindergärten waren nicht bereit, am Forschungsprojekt mitzuwirken“ klingt angesichts des Medienrummels, der von Minister Kurz und Prof. Aslan verursacht wurde, ist absurd. Ein ganzes Feld vorzuführen, Anschuldigungen vorzubringen und ein mediales Tamtam in diesem Ausmaß zu verursachen, führt dazu Glaubwürdigkeit zu verlieren. Warum sollte ein islamischer Kindergarten zur Kooperation bereit sein, wenn die Ergebnisse einer Vorstudie tendenziös und skandalisierend in die Medien getragen wurden?
Dies ist nicht, wie auf S. 104 angeführt, eine „methodische Einschränkung“, sondern schlicht unprofessionell. Dies als Grund anzuführen eine „Analyse der Ideologie einiger Trägervereine und Kindergartenbetreiber“ durchzuführen quasi eine forschungstechnische Quadratur des Kreises. Jede wissenschaftliche Untersuchung, auch eine Dokumentenanalyse, muss reliabel und valide durchgeführt werden. Die 40 Seiten im vorliegenden Abschlussbericht sind dies nicht. Weder ist die Auswahl der Materialien dokumentiert und gesampelt, noch ist der Weg der Analyse erklärt: Wie diese Ergebnisse zustande kamen, ist nicht nachvollziehbar. Sie können dementsprechend als Meinung qualifiziert werden und nicht als wissenschaftliche Ergebnisse.
Punkt 2 auf Seite 104 zeigt eines der Prinzipien bzgl. der Vorgangsweise in der Evaluation: Die Leitungen der Kindergärten legen Wert auf islamische Prinzipien – eine Aussage, die nicht weiter verwundert. Damit hat sich der Bezug auf die tatsächlich erhobenen Daten. Alles Weitere bleibt Spekulation, wie selbst formuliert wird: „Es ist aufgrund des bisherigen Standes der Analyse davon auszugehen, dass salafistische bzw. islamistische Organisationen in der Kinderbetreuung nicht so einfach auf ihre politischen Ziele verzichten können. Die in der Studie kurz angeführte Darstellung der Ideologie der Vereine bzw. dieser Akteure schlägt sich zweifellos auf die Pädagogik nieder.“ Übersetzen könnte man dies mit: Aus den erhobenen Daten lässt sich dies zwar nicht herleiten, aber trotzdem wird es so sein.
Die weiteren Zusammenfassungen bergen keine Überraschungen: Islamische Kindergärten enthalten religiöse Erziehungselemente, die Qualität der Sprachförderung ist unterschiedlich, Eltern ist die Zusammenarbeit mit den Kinderbetreuungseinrichtungen wichtig und religiöse Praxis hat für Eltern einen Stellenwert.
Dementsprechend enthalten auch die Empfehlungen für Veränderungen keine Überraschungen: Sprachförderungen sollten, ebenso wie die Qualifikationen von Betreuenden, gesteigert werden und Konzepte für den Umgang mit kultureller Vielfalt erarbeitet werden. Alles Empfehlungen, die ebenso für jede andere Kinderbetreuungseinrichtung oder auch Schule in Wien gelten können. Dies ist (leider) im gesamten Bildungssektor zutreffend. Hier zeichnen die Daten aus der Evaluation das gleiche Bild, das auch im restlichen Wiener Feld anzutreffen ist.
Punkt 5 der Ausblicks ist dann wiederum fast amüsant: Den Kontext des medialen Trubels aus dem Forschungsprozess auszublenden und mit einem Kontrollempfinden bei den nicht-teilnehmenden Kinderbetreuungseinrichtungen zu argumentieren ist, wie vorhin schon angeführt, absurd. Damit vermehrte, notwendige Kontrollen zu begründen dementsprechend sinnvoll. (Anm.: Veränderungen bzgl. Kinderbetreuung in Wien ist sinnvoll, da sind sich viele und sehr unterschiedliche Seiten einig. Anlassreglements für einzelne Gruppierungen sind aber etwas anderes.)
Punkt 6 und 7 beinhalten Allgemeinplätze, die auch sonst im Bildungssektor zu hören sind. Organisationsentwicklung wäre in so vielen Organisationen wünschenswert – egal welcher Ausrichtung. Die Zusammenarbeit von Schulen und Kindergärten im Allgemeinen anstrebenswert, auch hier unabhängig von der Ausrichtung.
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