Definition zu islamischen Kinderbetreuungseinrichtungen
Positiv fällt auf – und so sollte dies auch in Bezug auf das Sampling gemacht werden – dass die Kriterien für die Definition ausführlich transparent gemacht werden. (S. 11 ff) In einem so unklaren Feld, wie den schnell gewachsenen Kinderbetreuungseinrichtungen in Wien, sind Kriterien oftmals nicht eindeutig. Hier anzusetzen und klar zu transportieren wie es zur Auswahl der Grundgesamtheit an islamischen Kigas und Kigrus kam, entspricht einem korrekten wissenschaftlichen Vorgehen. Ähnliches sollte dann auch in Folge bei der Fallauswahl (eigentlich) geschehen.
Transparenz der Quellen und Anhang
Im Text wird auf Interviews verwiesen, die aber im Anhang nicht angeführt werden. Auch wenn es nicht notwendig ist gesamte Transkripte in den Anhang zu inkludieren, so ist es zielführend eine Übersicht der geführten Interviews mit Datum, der maskierten Bezeichnung und weiteren, relevanten Informationen in einer Liste im Anhang anzuführen. Damit ist gewährleistet, dass interessierte KollegInnen das Datenmaterial nachfragen können bzw. bei etwaigen Zweifeln diese durch das transparent machen der Quellen ausräumen zu können. Wäre ich an Stelle der Auftraggeberin würde ich, so wie dies auch bei universitären Qualifizierungsarbeiten üblich ist, vom Auftragnehmer verlangen die Transkripte zur Verfügung zu stellen – natürlich anonymisiert und so bearbeitet, dass die Identität der Interviewten geschützt ist.
Warum im Anhang Listen mit den Nachnamen von Kindern veröffentlicht werden, nicht aber eine Übersicht über die geführten Interviews inkludiert ist, ist nicht nachvollziehbar und auch nicht zielführend. Auch eine Aufzählung des weiteren Datenmaterials, wie z.B. der Handakten, Websites von BetreiberInnen, usw. wäre sozialwissenschaftlich korrekt.
Im Anhang fehlt der Leitfaden für die durchgeführten Interviews. So bleibt intransparent was genau und wie gefragt wurde und wie dieser gestaltet war. Auf S. 9 der Studie werden lediglich die groben Überschriften der Themenbereiche des Leitfadens angeführt, etwas das als nicht ausreichend qualifiziert werden kann.
Methodische Intransparenz: Auswertungsstrategie unklar
Der einzige Hinweis auf die gewählte Auswertungsstrategie fällt mager aus: „Die Analyse des Datenmaterials orientierte sich grundsätzlich an den Prinzipien der „interpretativen Sozialforschung“ (Rosenthal 2005), gemäß denen Konzepte, Begriffe, Kodierungen und Kategorien auf Grundlage des qualitativen Datenmaterials entwickelt werden (vgl. Kelle und Kluge 2010, 18).“ (S. 10) Unabhängig davon, dass es _die_ interpretative Sozialforschung nicht gibt, weil dies schlicht ein Überbegriff für mehrere Ansätze ist, reicht dies als Erklärung nicht aus. In Forschungsarbeiten werden die gewählten Wege transparent gemacht und die Vorgangsweise dargestellt. Ziel ist dabei natürlich den wissenschaftlichen Gütekriterien Genüge zu tun und für andere Forschende Überprüfbarkeit und Anknüpfungspunkte zu schaffen. Ein reines Anführen von Literatur macht den Forschungszugang nicht zugänglich.
Literaturverzeichnis
Strauss, 1998, wird im Kontext von Memos erwähnt, findet sich aber nicht im Literaturverzeichnis wieder. Meine Vermutung ist, dass dies eines der Überbleibsel der ersten Version ist, die Grounded Theory als Forschungsstrategie flog ja, nach meiner ersten Kritik, aus der Endfassung.
Fehlendes Modell bzw. gegenständliche Theorie
Im Titel der Studie ist von Motiven und Strategien die Rede, eine Konzeptualisierung dieser Ankündigungen fehlt im Text. Die Worte Typologie oder Typik finden sich im gesamten Text nicht, dies wären aber eigentlich aufgrund der Ausrichtung der Studie und Ankündigung erwartbare Ergebnisse.
Inhaltliche Anmerkungen
Abseits der methodischen Analyse sticht die Argumentation in der Studie ab S. 16 ins Auge. Die von Aslans Arbeit verursachten öffentlichen Diskurse werden als Ausgangspunkt der Untersuchung bzgl. der Reaktionen der MA 11 gewählt und argumentiert. Auf S. 25 wird angeführt die Reaktionen fielen „einigermaßen hektisch“ aus und die Ergebnisse wären „mit großer Aufregung zur Kenntnis genommen“ worden. Die MA 11 wäre dem Thema mit „Ratlosigkeit“ begegnet, wird auf S. 26 weiter ausgeführt. Wenn schon derartige Wertungen in einen wissenschaftlichen Text aufgenommen werden, dann sollten diese zumindest profund untermauert und analysiert werden. Nur die Wertung zu postulieren ohne Begründungen anzuführen, entspricht keiner guten wissenschaftlichen Praxis.
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