Am Ende von 2008 werden sie alle kennen, die Seppenradenser Nebenpuzosie, denn die ist das Fossil des Jahres.

Eigentlich munkelte man ja der Brachiosaurus im Berliner Naturkundemuseum würde das Fossil des Jahres werden, Größe ist eben nicht alles. Oder doch?

Denn Parapuzosia seppenradensis mit einem erhaltenem Durchmesser von 2.03 m (und geschätztem Gesamtdurchmesser von mehr als 3 m) aus dem Naturkundemuseum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) ist der größte Ammonit.


parapuzosie.png

Ich dachte ja immer mit dem größten Ammonit verhält es sich so wie mit dem Mittelpunkt Deutschlands, alle wollen ihn haben, aber irgendwie ist er doch nirgends zu finden. Aber ich habe jetzt an verschiedenen verlässlichen Quellen gelesen, dass er es tatsächlich auch ist.

Vor ein paar Jahren ging die Meldung um, der größte fossile Nautiloide der Welt mit einer Länge von 3 m sei im Karbon des schönen Arkansas gefunden worden. Doch dieses Bildchen hier belehrt einem Besseres:

endobig.jpg

Schon im Ordovizium gab es Nautiloideen mit einer Länge von weit über drei Metern. Aber vielleicht ist die Bezeichnung “groß” für den Arkansas-Nautiloid auch nur ein Euphemismus für “dick”.

russisch.jpg

So etwas wirft natürlich die Frage auf, warum diese Tiere so groß und dick geworden sind. Krankhafte, hormongesteuerter Riesenwuchs wurde voreilig bei der Arkansas Riesenpommestüte angenommen (hier darf frei assoziiert werden) und auch schon bei der Seppenrader Nebenpuzosie vermutet.

Die Sache liegt aber anders, wie hier bei Helmut Keupp nachzulesen ist. Große Ammonitenarten gab es hin und wieder, und zwar immer dann, wenn das Meer weit über die Schelfe reichte und zwar kamen sie dann bevorzugt im flacheren Wasser vor. Auch die gigantischen Ordovizischen und Karbonischen Nautiloideen kommen in eher flacheren Gewässern vor. Das ist also ganz anders als bei den modernen Riesentintenfischen, die es ja eher in der Tiefsee gibt.

Wir groß Tiere werden ist ein faszinierendes Forschungsfeld. Man muss sich vorstellen, dass die Größe eine Funktion von Lebensalter und Wachstumsgeschwindigkeit ist. Beide Parameter sind ökologisch extrem komplex verwoben.

Man weiß seit einiger Zeit, dass je länger eine Tiergruppe existiert desto größere Arten hervorbringt. Dieser als Copes Rule bezeichnete Trend ist ziemlich klar ein Ergebnis der Selektion. Größere Tiere sind nämlich meistens den kleineren Überlegen wenn es um den mittelfristigen Fortpflanzugserfolg geht [1, hier frei]. Keupp vemutet folglich, dass der Riesenwuchs bei den Ammoniten direkte Konsequenz einer räuberischen Eskalation in den dicht besiedelten Flachwassern war.

Eigentlich müßte man sich daher nun Fragen warum so viele Ammoniten überhaupt so klein sind. Aber das ist vielleicht eine Frage, die dann mit dem nächsten Fossil des Jahres aufgeworfen werden könnte z. B. mit dem süßen kleinen Urpferdchen von Messel.

Kommentare (3)

  1. #1 Charlie
    Januar 11, 2008

    Dumme Frage: Von was ernähren sich Ammoniten eigentlich und sind die innen so etwas wie Schnecken oder Scampi? Und weshalb werden die dann im flachen Schelf besonders groß?

  2. #2 Chris
    Januar 11, 2008

    Dies sind ein paar der noch lebenden Verwandten:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Perlboote

  3. #3 björn
    Januar 11, 2008

    Naja, dass stimmt so nicht. Perlboote sind nur insofern mit den Ammoniten verwandt, als dass sie auch zu den Kopfüßern und den Neocephalopoden gehören. Perloote sind allerdings Oktopoden und die Oktopoden haben sich bereits im Devon von den Vorgängern der Ammoniten abgespalten. Zehnarmige Tintenfische sind sicher näher mit den Ammoniten verwandt als Oktopoden.

    Ammonitengehäuse sehen zwar auf den ersten Blick aus wie Schneckengehäuse, mit den Schnecken sind die Ammoniten jedoch nicht näher verwand als die Muscheln mit den Schnecken. Ein kleiner link auf meinen alten Artikel im Tiefen Leben sei hier gestattet:

    https://www.tiefes-leben.de/2007/05/31/fleischlos/

    Die Ernährungsweise der Ammoniten war sicherlich sehr weit gefächert. Es gab räuberische Ammoniten mit starken Kiefern und welche, die nur kleine Tiere gefressen haben. Alle Ammoniten waren jedoch Fleischfresser.

    Da sich heutzutage im tropischen euhalinen Flachwasser sehr viele Tiere tummeln und sich dort auch eine recht starke räuberische Eskalation entwickelt hat, nehmen einige Autoren an, dies könnte der Grund sein warum die Flachwasserammoniten im Jura und in der Kreide so groß geworden sind.