Drüben bei Tobias kam gerade die Diskussion um die derzeitigen Klimaveränderungen auf, und Tobias und Ludmila haben mich gefragt ob ich dazu mal mit dem Blick hinein in die Tiefenzeit schreiben kann. Das mach ich doch gerne.
Vorweg möchte ich aber noch ein paar Worte sagen. Diese Kurven, die die Geochemiker und Sedimentologen ausgerechnet haben zeigen eindeutige Zusammenhänge von Diversität, Bioproduktivität, der Zusammensetzung der Atmosphäre, der tektonischen Aktivität und der Höhe der Meerespiegel. All diese Variablen sind durch extrem verschachtelte Rückkopplungsmechanismen miteinander verbunden. Das heißt auch: die Zusammensetzung der Atmosphäre, die tektonische Aktivität und die Höhe des Meerespiegels wurde in der Erdgeschichte ganz wesentlich von der Aktivität der Lebewesen mitbestimmt, und zwar schon immer und von Anfang an. Darin sind wir Menschen mit unseren Autos und den Zementfabriken und Kettensägen im Urwald also nichts Besonderes.
Das Verständnis der Klimageschichte der Erde hat den Zweck, die Mechanismen zu verstehen durch die die biologische Aktivität (auch die unsrige) die Welt verändert. Das heißt wenn wir optimistisch sind, dann glauben wir daran, dass wir durch unser politisches Handeln den menschengemachten COzwei-Anstieg beeinflussen können und damit so, wie wir vor 250 Jahren vielleicht angefangen haben die Flüsse zu regulieren, demnächst damit Anfangen das Klima zu regulieren. Das ist vielleicht utopisch und erschreckend, wir wissen ja was dabei herausgekommen ist, als wir begannen die Flüsse zu regulieren (Artensterben, Hochwasserfluten etc). Und trotzdem kommen wir um eine gemässigte (softe?) Regulierung der “unbändigen Natur” nicht herum. – Wir machen uns die Welt wie sie uns gefällt – Es ist in gewissem Maß einfach die alte Geschichte; die Natur bereitet uns Katastrophen (die wir zum Teil selbst verursachen) und wir müssen damit umgehen. Ich bin überzeugt, das die kommenden Klimaveränderungen für sehr viele Menschen eine Katastrophe sein werden: Wir müssen uns das mal Vorstellen, was das heißt, wenn die mittlere Temperatur nur um 4 Grad steigt (die meisten Hochrechnungen gehen derzeit von 6 Grad aus). Vorstellen kann man sich das, wenn man einfach mal im Schnitt immer 6 Grad draufrechnet, also an einem schönen Junitag 36 Grad statt 30, und an einem Januartag 2 Grad statt minus 4… Man kann sich vorstellen was das in Madrid im August bedeutet oder im Süden Indiens.
Hier noch einmal die Kurve des IPCC zur Erinnerung (siehe hier)
Aber, ich wollte ganz kurz reviewen, wie die Entwicklung des O2/CO2 in der Atmosphäre und die Entwicklung des Meerespiegels über die letzten 600 Millionen Jahre aussah. Die letzten 600 Millionen Jahre, das ist das Phanerozoikum, die Zeit seit dem es höhere Tiere gibt.
Dies ist wohl die aktuellste Referenzdarstellung der Entwicklung des CO2-Gehalts der Atmosphäre durchs Phanerozoikum (Berner, 2006, frei zu haben hier):
Und dies ist Berners modellierte O2 Kurve über denselben Zeitraum:
Was man da sieht ist, dass der CO2-Gehalt seit dem Erscheinen der Tiere stetig abnimmt, und dass er im Karbon schon einmal extrem niedrig war, in der Zeit, als all die Kohle in der Erde abgelagert wurde die wir heute so verbrennen. Man sieht auch, dass der Sauerstoffgehalt in eben jener Zeit besonders hoch war und das er sich ansonsten aber recht konstant zwischen 15 und 25 % gehalten hat. Vielleicht ist noch wichtig zu betonen dass der geologische Record eindeutig zeigt, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre positiv mit der mittleren Temperatur korreliert (nachlesen kann man das hier)
Spannend ist nun zu sehen was der Meerespiegel so getrieben hat. Dazu zeige ich hier die wohl aktuellste Referenz (Miller et al. 2005, frei zu haben hier:
Man sieht hier keinen direkten Zusammenhang mit der Zusammensetzung der Atmosphäre. Der Meeresspiegelstand ist im großen Maßstab an die tektonische Aktivität gekoppelt, also an die spreading Raten an den mittelozeanischen Rücken. Was aber in unserem Zusammenhang wichtig zu bemerken ist, dass der Meerespiegel am Ende der Kreidezeit locker mal 250 m über dem heutigen Null lag….
Die Verbindung von Meerespiegelstand und Bioproduktivität der Meere habe ich nicht mitausgeschnitten ist aber im Originalartikel dargestellt und zwar anhand des Proxis Acritarchen. Acritarchen sind fossil gut überlieferbare Primärproduzenten der Meere und ihre Diversität geht in etwa parallel mit der des Meeresspiegels.Das heißt je höher der Meeresspiegel, je mehr wird Primärproduziert und damit geht es bis hinauf an den Top der Nahrungskette allen besser. Je höher der Meeresspiegel je höher die Diversität im Meer, eigentlich logisch.
Hier ist noch eine Kurve. Das ist die Kurve von Cornette et al (2002).
Dort sieht man zu den dicken blauen Punkten und dem blauen Bereich, welche Berner and Kothavalas (2001) CO2-Kurve + Error Margin ist, eine gezackte schwarze Kurve. Diese Kurve stellt die Zahl der Entstehung neuer mariner Organismen-Gattungen pro Zeiteinheit dar. Ich denke die Korrelation ist unübersehbar. Was diese Kurve nicht zeigt, ist, dass die Aussterberate ebenfalls ungefähr parallel mit dem CO2 Gehalt sinkt.
Man könnte aus dieser Kurve nun schließen, je mehr CO2 in der Atmosphäre, je diverser die Organismen. Dem ist jedoch nicht so: Das größte Aussterbeereignis aller Zeiten gab es an der Wende Perm / Trias. In dieser Zeit stieg der CO2-Gehalt rasant an.
Dies ist die aktuellste Berechnung der Entwicklung der globalen Biodiversität über das Phanerozoikum (Stanley 2007).
Wie man bei in dieser Kurve sieht, steigt die marine Biodiversität seit 600 Millionen Jahren beinahe exponentiell an. Die Diversität steigt, die evolutiven Raten und das CO2 in der Atmosphäre sinken, der Meerespiegel spielt dazu Musik.
Ich könnte jetzt ein ganzes Buch darüber schreiben, welche Interpretationen es zu diesen vielen Kurven gibt. Das hebe ich mir vielleicht für später auf. Aber ich denke es wird deutlich, dass wir in einer Welt leben, die mächtig in Bewegung ist und zu erwarten alles bliebe beim Alten wäre naiv. Die nächsten Katastrophen werden bestimmt kommen. Ich bin allerdings ganz entschieden der Meinung, das wir als Menschen (wie übrigens die meisten anderen Organismen auch) die Macht haben diese Veränderungen zu verändern. Wir könnten zB. damit anfangen unsere Ressourcen-plündernde Ökonomie zu stoppen. Aber das ist Politik.
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