Jetzt wo wir wissen welche Stoffe man woher bekommt, stellt sich die Frage: Wie erzeugt man Strom aus Wärme? Und wie tut man das im Weltraum?
Das ist Teil 4 einer (wahrscheinlich) 5-teiligen Serie. Teil 1 hat sich damit beschäftigt, warum man Radioisotopenbatterien braucht. Teil 2 beschrieb, welche Anforderungen man an die Radioisotopen für so eine Batterie stellen muss. Im Teil 3 steht, woher man die Radioisotopen bekommt.
Bevor wir darüber reden, wie man das im Weltraum anstellt, sollte man sagen, wie wir das hier auf der Erde tun. Und das fing ganz ohne Wärme an, sondern nass und kalt, mit Wassermühlen.
Ein Wasserstrom kann ein Mühlrad antreiben. Woher kommt der Wasserstrom? Von Stromaufwärts. Wohin geht der Wasserstrom? Stromabwärts. Nur durch den Höhenunterschied kommt der Wasserstrom zu stande. Noch wichtiger als der Höhenunterschied ist aber, dass das Wasser nicht ausgeht. Bei der Wasserkraft übernimmt diesen Job der Regen. Im bestreben mehr Energie aus dem Wasser zu gewinnen, entwickelte man schließlich die ersten Wasserturbinen mit Turbinenschaufeln aus Stahl die auch große Wassermengen mit hohen Geschwindigkeiten aushielten.
Immernoch feucht, aber dafür um so heißer wurde es dann, als aus der Wasserturbine die Dampfturbine entwickelt wurde. Dampf strömt durch eine Turbine und bringt sie dabei wegen der Form der Turbinenschaufeln zum drehen. Woher kommt der Dampf? Von dort wo viel Druck ist. Viel Druck ist da, wo der Dampf heiß ist, im Heizkessel. Wohin geht der Dampf? Dahin wo wenig Druck ist. Wenig Druck ist da, wo der Dampf gekühlt wird und wieder zu flüssigen Wasser kondensiert. Im Kondensator. Das flüssige Wasser wird zurück in den Heizkessel gepumpt, wo es wieder verdampft wird. Der Dampf ist in einem geschlossenen Kreislauf, der vom Heizkessel auf der einen Seite und dem Kondensator auf der anderen Seite am Laufen gehalten wird. Das sieht dann ungefähr so aus (Quelle):
Der Kondensator ist einfach nur ein Kühler der von außen gekühlt wird. Entweder kühlt man direkt mit dem Wasser aus einem nahen Gewässer oder man verdampft einen Teil dieses Wassers in einem Kühlturm um so die Kühlwirkung zu verstärken. Auch möglich ist Luftkühlung. Die erfordert aber entweder äußerst große Kühltürme um einen großen Kamineffekt zu erzeugen oder ein leistungsstarkes Gebläse, das die Effizienz der Stromerzeugung verhagelt.
Wir werden noch über andere Wege als Dampfturbinen sprechen, wie man aus Wärme Strom gewinnen kann. Aber das eine bleibt immer gleich: Einer Seite wird eingeheizt. Eine Seite wird abgekühlt. Dazwischen steht eine Maschine die Strom erzeugt. Um so größer der Unterschied zwischen heiß und kalt, um so effizienter kann die Maschine werden. (Genau genommen: Um so größer das Verhältnis zwischen der hohen und niedrigen Temperatur in Kelvin.)
Es ist dabei extrem hilfreich, wenn die Maschine nicht schmilzt, verdampft oder sich sonstwie in ihre Einzelteile auflöst.
Im Weltraum gibt es keinen Ozean als Kühlreservoir und keine Luft die einen Kamineffekt erzeugen könnte. Da ist nur ein Vakuum und die kosmische Hintergrundstrahlung mit einer Temperatur von 3K. Zum Kühlen kommt also nur Wärmestrahlung ins Weltall in Frage. Effektives Kühlen ist schwieriger als auf der Erde, gerade wenn man sehr viel Wärme los werden muss. Der wichtigste Unterschied ist, dass kein Techniker mitfliegt der defekte Teile austauscht oder repariert.
Thermoelemente
Am besten nimmt man also keine Maschine, sondern ein Gerät das seine Arbeit ohne bewegliche Teile tut. Thermoelektrische Elemente können das. Man heizt eine Seite auf, die andere kühlt man ab und schon hat man an zwei Drähten eine nutzbare Spannung. Dahinter steckt der Seebeck-Effekt. Die Elektronen in einem Metall bewegen sich um so schneller, um so heißer es ist. Ist ein Ende eines Metallstücks kälter als das andere, werden einige der schnellsten Elektronen der heißen Seite schon per Zufall von allein zur kalten Seite finden, umgekehrt jedoch viel weniger.
Das reicht aber noch nicht. Wenn die Elektronen im gleichen Metallstück wieder zurück driften, dann fließt noch kein Strom. Aber man kann den Elektronen ein zweites Metallstück mit einem schwächeren Seebeckeffekt als Rückweg zur heißen Seite anbieten. Dort driften zwar auch die Elektronen von heiß nach kalt, aber viel weniger als in dem anderen Metall. Im Endeffekt sammeln sich damit tendenziell mehr Elektronen auf der kalten Seite als auf der heißen und man hat eine nutzbare elektrische Spannung.
Der Seebeck-Effekt funktioniert um so besser, um so besser die Elektronen durch das Metall fließen können und um so größer der Temperaturunterschied ist. Das ist ein echtes Problem. Denn hohe Leitfähigkeit für Strom geht auch mit hoher Wärmeleitfähigkeit einher. Stromgeneratoren die mit dem Seebeck-Effekt arbeiten sind deswegen nicht sehr effizient, typisch sind Werte von 6% +/- 2%. Der ganze Stromgenerator sieht dann so aus:
Aus der Tabelle von Radioisotopenbatterien von der Wikipedia sticht hier aber ein Modell heraus. Nicht nur, weil es mit einem Stern markiert ist, sondern auch weil es eine Effizienz von etwa 28% aufweist. Wie haben die das gemacht?
Stirling-Motoren
Das S in ASRG (genauere Beschreibung) steht für den Stirling Motor, der zur Energieerzeugung genutzt wird. Ein Motor ist leider keine so elegante Lösung wie ein Thermoelement, weil er bewegliche Teile hat. Bewegliche Teile bedeutet Reibung und Reibung bedeutet Verschleiß. Man hofft dennoch, den Motor im Weltraum ohne Wartung für 17 Jahre laufen lassen zu können. Allerdings wurde die Entwicklung des ASRG vor zwei Jahren zu Einsparmaßnahmen in der NASA gestrichen. Das ist äußerst Schade, wo doch der ASRG mit einem Viertel oder Fünftel der Menge Plutonium auskommen würde.
Der Stirling Motor unterschiedet sich von anderen Motoren dadurch, dass er von außen geheizt und gekühlt wird. Es findet keine Verbrennung im Inneren statt, was ihn für den Einsatz mit einer Hitzequelle wie einem Radioisotopengenerator ideal macht. In der Hinsicht funktioniert er wie eine Dampfturbine. Tatsächlich gibt es auch wenigstens einen Vorschlag für die Nutzung von Dampfturbinen in der Raumfahrt, eine Effizienz von 10% macht ihn aber im Vergleich wenig reizvoll. Aber es gibt noch andere Möglichkeiten.
Thermophotovoltaik
Die Stromerzeugung bei der Thermophotovolatik beruht zunächst auf den gleichen physikalischen Prinzipien wie die normale Photovoltaik. Der Unterschied ist die Wellenlänge. Anstatt von sichtbarem Licht, wird die Photozelle auf die Nutzung von Infrarotlicht optimiert. Theoretisch könnte man damit eine Effizienz über 50% erreichen, braucht dafür aber eine glühend heiße Wärmequelle. Im wahrsten Sinn des Wortes. Das Infrarotlicht für die Photozellen ist das Glühen der Wärmequelle.
Die hohe Effizienz kann man erreichen, weil nicht jeder glühende Körper eine Schwarzkörperstrahlung aussenden muss, wie es etwa die Sonne tut. Normalerweise wird das emittierte Licht eines heißen Körpers über große Teile des elektromagnetischen Spektrums verteilt, was es schwer macht die unterschiedliche Energie der Photonen effizient zu nutzen.
Mit geschickter Auswahl der Materialien die zum Glühen gebracht werden sollen (zum Beispiel Wolfram) oder speziell bearbeiteten Oberflächen, kann man das Emissionsspektrum verändern und auf einen kleineren Wellenlängenbereich begrenzen. Das dann ausgesendete Licht hat eine viel kleinere Entropie und kann auch mit vergleichsweise einfache Photozellen effizient umgewandelt werden. Mehr dazu habe ich letztes Jahr in meinem alten Blog geschrieben. auch wenn die Heizquelle dort keine Radioisotopenbatterie, sondern konzentriertes Sonnenlicht war. Übrigens entkommt man auch hier nicht der Notwendigkeit der Kühlung. Denn um so heißer die Photozellen werden, um so ineffizienter werden sie.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Hohe Effizienz und keine beweglichen Teile. Der Nachteil der hohen Temperatur macht die Sache aber technisch zu einer großen Herausforderung. Nicht nur müssen alle Teile die Temperaturen aushalten, zumindest beim Start müsste man die Wärmequelle wohl zunächst in einem anderen Behälter aufbewahren, der sich nicht zu stark aufheizt.
Sicherlich gibt es noch andere Verfahren wie Thermionik oder Beta-Voltaik, die man hier genauso beschreiben könnte. Aber lassen wir es damit bewenden, bei Interesse gibt ja auch noch die Kommentarfunktion.
Im fünften und wohl letzten Teil muss auf jeden Fall die Sicherheit besprochen werden und einer für große Raumsonden in fast jeder Hinsicht besseren Alternative, mit einem erheblichen Image-Problem.
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