Was sind Elemente, was sind Isotope, was bedeuten all die Zahlen und wieso kommt da Radioaktivität raus?
Es gab eine Zeit, da war das mit den Elementen ganz einfach. Die Elemente sind das, aus dem alles Zeugs gemacht ist. Sie sind das, was in allem Zeugs unabänderlich ist. Sind das, was sich durch verschiedene Tricks immer wieder neu zusammensetzen läßt und neues Zeugs daraus wird.
Ganz so einfach ist es nicht mehr.
Das Zeugs aus Atomen besteht, ist nun keine neue Idee. Die alten Griechen hatten sie schon und mit einem Verweis auf den (wieder einmal viel besseren) englischen Artikel zum Atomismus in der Wikipedia werde ich es dabei bewenden lassen.
Der moderne Begriff des Atoms hat den Vorteil, dass er keine Theorie mehr ist. Und egal was man euch einreden möchte, er ist auch korrekt. Wenn man einen Gegenstand in kleinstmögliche Stücke teilen will, dann bleiben Atome übrig, die man bestenfalls noch von der einen Seite zur anderen Schieben kann. Es ist eine ganz andere Sache, was man dann mit den Dingern macht, aus dem das Zeugs um uns herum besteht.
Also, was ist nun so ein Atom? Der einfachst mögliche Atomkern besteht aus einem Proton und weiter nichts. So ein Proton ist stabil, es ist positiv geladen und wird irgendwann ein Elektron finden und an sich binden. Wenn das passiert ist, haben wir ein Wasserstoffatom. Es ist aber das Elektron, welches dieses Atom zum Wasserstoffatom macht. Alle Chemie geht von den Elektronen aus. Es sind die Elektronen, die alle chemischen Bindungen bilden die dafür sorgen, dass die Tasten auf denen ich hier tippe nicht unter meinen Fingern zerfließen.
Die Zahl der Elektronen, die ein einem Atom zugerechnet werden, ist immer genauso groß, wie die Zahl der Protonen im Atomkern. Je nach dem wieviele Elektronen so ein Atom haben kann, ändern sich die chemischen Eigenschaften. Wasserstoff hat ein Proton und ein Elektron. Helium hat zwei Protonen und zwei Elektronen. Die zwei Elektronen von Helium sind nun so glücklich miteinander, dass Heliumatome praktisch keine chemischen Bindungen mehr eingehen. Bei Lithium, das immer drei Protonen und somit drei Elektronen hat, langweilt sich das dritte Elektron, was zu heftigen chemischen Reaktionen führt.
Und so weiter und so fort, durch das ganze Periodensystem der Elemente. Jedes neue Element unterscheidet sich von den anderen durch ein anderes chemisches Verhalten, wegen der anderen Zahl von Elektronen. Manchmal ein radikal anderes Verhalten und manchmal sehr subtil. Als man versuchte die beiden Elemente mit den Ordnungszahlen 95 und 96 chemisch voneinander zu trennen, hatte man damit zunächst so viele Schwierigkeiten, dass es den Vorschlag gab das Element 95 “Pandemonium” (dt. ungefähr “heilloses Chaos”) und Element 96 “Delirium” zu nennen. Man nannte sie dann aber Americium und Curium.
Die Elemente haben also eigene Ordnungszahlen, eigene Namen, eine eigene Zahl von Protonen, eine eigene Zahl von Elektronen und damit eine eigene Chemie. Sobald man über ein Atom mit einer anderen Zahl von Protonen spricht, spricht man von einem anderen Element.
Und dann gibt es noch Isotope. Isotope sind genauso, nur anders. Isotop bedeutet auf Deutsch so etwas wie “steht an der gleichen Stelle (vom Periodensystem)” Isotope von einem Element sind alle das gleiche Element. Sie haben alle die gleiche Anzahl von Protonen wie das Element, die gleiche Zahl Elektronen, die gleiche Chemie etc.pp.
Aber Isotope sind anders, sie haben nämlich ein anderes Gewicht. Wenn man Isotope eines Elements voneinander unterscheiden muss, nennt man zuerst den Namen des Elements (und somit die Zahl der Protonen im Atomkern) und dann das Gewicht des Atomkerns. Warum die Isotope ein anderes Gewicht haben, war zunächst unbekannt. Man wusste nur, dass sich die Gewicht der Isotope nur in ganzzahligen Schritten veränderten. Diese Schritte waren genauso groß, wie das Gewicht eines Protons.
Ein Uran-238 Atom hat zum Beispiel 92 Protonen (deswegen ist es Uran) und wiegt so viel wie 238 Protonen, deshalb ist es das Isotop 238 von Uran. Hätte das Atom 94 Protonen, wäre es kein Uran, sondern Plutonium. Es gibt aber ein Isotop von Plutonium mit seinen 94 Protonen, das auch so viel wiegt wie 238 Protonen. Das ist Plutonium-238.
Es lag nun die Idee nahe, dass der Kern einfach aus zwei Arten von Teilchen besteht. Protonen und den anderen. Die anderen mussten die Eigenschaft haben, dass sie die Chemie nicht beeinflussen. Denn auf chemischem Weg kann man Isotope des gleichen Elements nicht trennen. Diese Teilchen mussten also neutral sein und folglich nannte man sie Neutronen.
Anders als Protonen haben Neutronen keine Ladung und sie sind auch nicht stabil. Ein einzelnes Neutron im freien Raum hat eine Halbwertszeit von 15 Minuten. Neutronen verwandeln sich dann ein Proton und ein Elektron. Das ist der klassische Beta-Zerfall oder genauer Beta-Minus-Zerfall, weil ein negativ geladenes Elektron entsteht das sich schnell bewegt und hier die “Strahlung” darstellt. (Die Namen folgen der Reihenfolge der Entdeckung und wurden später noch ergänzt, erwartet hier also keine Logik.)
Nun fragt man zurecht, wenn Neutronen nicht stabil sind, warum hängen so viele davon in den Atomen und warum sind die überhaupt stabil? Die genaue und einzig richtige Antwort darauf liefert die Quantenchromodynamik … und die habe ich nicht wirklich kapiert. Also tue ich hier das, was die Physiker damals auch getan haben: Ich beschreibe welche Auswirkungen die Neutronen im Atomkern offensichtlich haben. Das reichte nachweislich für den Bau von Atombomben und Kernkraftwerken. (Ja, “was geht” kann auch zur Lebenseinstellung werden.)
Zunächst einmal hat man festgestellt, dass zwischen allen Teilchen im Atomkern eine anziehende Kraft wirkt, die starke Kernkraft. Sie ist genauso groß zwischen zwei Neutronen wie zwischen zwei Protonen oder zwischen einem Proton und einem Neutron. Wenn ein Neutron und ein Proton zusammen kommen, dann kleben sie aneinander. Interessanterweise wird das Neutron dadurch stabil. Zusammen mit dem Proton bildet es ein neues physikalisches System, das weder ein Neutron noch ein Proton ist und auch kein Neutron das neben einem Proton steht. Die genauen inneren Eigenschaften von diesem System sind für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Aber es ist ein stabiles System, es hat die gleiche Ladung wie ein Proton und hat alle Eigenschaften die wir vom Wasserstoff-2 Isotop kennen und an ihm messen können. (Dieses Isotop wurde so früh entdeckt, dass es noch einen eigenen Namen bekam, der sich eingebürgert hat. Man nennt es Deuterium.)
Ein zweites Neutron kann zusammen mit dem Deuterium ein neues System bilden: Tritium. Ein Atomkern aus einem Proton und zwei Neutronen – oder besser gesagt, ein quantenchromodynamisches System das aus einem Proton und zwei Neutronen gebildet werden kann. (Ich werde diesen Teil ab jetzt weg lassen. Aber bitte denkt immer daran, dass ein Atomkern keine Ansammlung von Roten und Weißen Murmeln ist und sich mit dem Murmelmodell nichts wirklich erklären lässt. So leicht ist es leider nicht und ich wollte euch unbedingt an den Grenzen meines Wissens teilhaben lassen. Seht es als Ansporn, besser als ich zu werden – das geht nicht nur hier, sondern überall, nur allzu leicht.)
Das Problem beim Tritium ist: zwei Neutronen sind zu viel für ein Proton. Das System ist nicht stabil. Es hat eine Halbwertszeit von etwa 12 Jahren. Danach verwandelt es sich in ein System aus zwei Protonen, einem Neutron und einem Elektron. Es bildet sich ein Helium-3 Kern. Das Elektron entfernt sich dabei mit hoher Geschwindigkeit von dem Helium-3 Kern, es ist Beta-(Minus-)Strahlung.
Das ist ein typisches Verhalten für alle Atomkerne, die ein paar zu viele Neutronen für ihre Protonen haben. Sie sind instabil und bekommen ein zusätzliches Proton im Kern an der Stelle eines Neutrons. Das wegfliegende Elektron gleicht die Ladung aus. Hat ein Atomkern vielzuviele Neutronen, kann sogar ein Neutron direkt weg fliegen. (Solche merkwürdigen Atomkerne entstehen manchmal nach der Kernspaltung und das ist äußerst wichtig für die Kontrollierbarkeit und Sicherheit von Kernreaktoren.)
Die Neutronen hängen aber nicht nur im Kern herum und zerfallen, wenn es zu viele werden. Ganz im Gegenteil: Sie halten die Atomkerne wie Klebstoff zusammen. Die Protonen sind alle positiv geladen und gleiche Ladungen sollten sich abstoßen, um so stärker um so näher sie zusammen kommen. Viel näher als in einem Atomkern können sich zwei positive Ladungen aber kaum kommen. Die starke Kernkraft zieht zwar beide Protonen aneinander an, aber die abstoßende Kraft ist immernoch etwas größer. Damit ein Heliumatom (ein Atom mit zwei Protonen) entstehen kann, braucht es wenigstens noch ein Neutron. Das Neutron klebt an beiden Protonen, ohne sie zusätzlich abzustoßen und so kann das Atom stabil sein.
(Doch nochmal: Das da oben ist eine schöne Geschichte die viele Eigenschaften der Atome zufällig ganz gut beschreibt, aber keine physikalische Realität. Treibt man die Geschichte mit den klebrigen Murmeln zu weit, will gar damit rechnen, kommt Blödsinn heraus. Und ich werde die Geschichte hier noch weiter treiben und nicht alles kann im Detail Sinn machen.)
Ein Atomkern mit zu wenig Neutronen ist also auch ein instabiles System. Entweder es fliegt einem sofort um die Ohren, oder es muss etwas geschehen, das das System stabiler macht. Es braucht mehr Neutronen oder weniger Protonen. Wenn nicht zufällig ein Neutron vorbei kommt, muss ein Proton zum Neutron werden. Dazu muss das Proton seine positive Ladung los werden. Entweder es es fängt sich ein Elektron aus der Atomhülle ein und wird so zum Neutron, oder es gibt die positive Ladung in Form eines Positrons ab und wird so zum Neutron. Ein Positron ist ein lustiges Teilchen. Es hat alle Eigenschaften eines Elektrons, ist aber positiv geladen. Deswegen nennt man das den Beta-Plus-Zerfall. Er ist in der Praxis aber eher selten. Bei der Kernspaltung entstehen nur Atome mit zu vielen Neutronen und die schmeißen noch dazu mit Neutronen um sich, so dass es in Reaktoren praktisch nur Beta-Minus-Zerfälle gibt.
Wenn ein Positron auf ein Elektron trifft, lösen sich beide auf und es entsteht ein kleiner Lichtblitz aus zwei Photonen (Lichtteilchen) die in entgegengesetzte Richtung fliegen. Das Positron ist das Antiteilchen des Elektrons. Der Lichtblitz ist extrem kurzwellig, wie Röntgenlicht. Weil die beiden Photonen in genau entgegengesetzte Richtung fliegen, kann man auch genau sagen, auf welcher Linie sich das Atom befand, als es zerfiel. Zerfallen viele Atome, hat man viele solcher Linien und man kann ganz genau sagen, wo all diese Atome sind. Das ist unheimlich praktisch, wenn man vorher schon weiß, dass sich diese Atome in einem Krebstumor im Körper anreichern werden. Dann kann man genau sagen, wo der Tumor ist. Das Verfahren nennt man Positronen-Emission-Tomographie (PET).
Aber zurück zum Thema.
Es stellt sich heraus, dass große Atomkerne mit vielen Protonen mehr Neutronen als Klebstoff brauchen, als kleine Atomkerne mit wenigen Protonen. Dafür fällt es in den großen Kernen aber auch mehreren Neutronen etwas leichter, sich ein ein Proton als Partner zu teilen und somit stabil zu bleiben. Große Atomkerne haben also im Vergleich zur Zahl ihrer Protonen viel mehr Neutronen als kleine Atomkerne.
Bei den ganz großen Atomkernen kann es nun passieren, das ganze Teile aus dem Kern ausgestoßen werden. Scheinbar ist das stabilste Teil, das aus einem Kern ausgestoßen werden kann, ein Teilchen aus zwei Protonen und zwei Neutronen. Das ist ein ganz normaler Helium-Atomkern. Allerdings kommt er mit Karacho aus dem Kern geschossen. Und weil er so schnell ist und so viel Energie hat, hat man ihn zunächst für eine Art von Strahlung gehalten. Weil er so viel Energie und Masse hat, war diese Form von “Strahlung” auch die erste die man gefunden hat: Die Alpha-Strahlung.
Und weil ich jetzt bei fast 1900 Wörtern angekommen bin und ich überhaupt gar nicht so viel schreiben wollte, kommt die Gamma-Strahlung und der ganze Rest in ein zweites Posting.
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