Wie steuert man eine Kettenreaktion? So mancher wird sich das beim Gedanken an einen Kernreaktor schon gefragt haben. Die beste Antwort darauf ist: Gar nicht.
Man lässt die Reaktion sich selbst steuern. Alles was man dafür braucht, ist eine negative Rückkopplung. Dafür reicht es einen Kernreaktor so zu bauen, dass er diese negative Rückkopplung von sich aus hat. Dann steuert der Reaktor sich selbst, ohne dass irgendein Ventil oder Steuerstab bewegt werden müsste.
Wer darüber mehr und detaillierter wissen will, dem empfehle ich die Vorlesungsunterlagen zum MIT Kurs Nuclear Reactor Safety.
Aber bevor wir von Kernreaktoren reden, sollten wir erst einmal klären, was eine negative Rückkopplung ist.
Schon die ersten Dampfmaschinen waren mit dem Problem konfrontiert, dass sie sich wenn möglich weder sich selbst noch die angeschlossenen Maschinen zerlegen durften. Wenn sich die Dampfmaschine zu schnell dreht, dann kann genau das passieren. Wenn der Maschine zu wenig Widerstand entgegengesetzt wird, fängt sie an, sich immer schneller zu drehen. Selbst wenn die Maschine an einem Stück bleibt, kann die teure Maschine dabei extrem Verschleißen.
Anfangs stand deswegen ein Mensch neben der Maschine und kontrollierte was sie tat. Wenn sich die Maschine zu schnell drehte, musste er das Dampfventil vom Kessel ein wenig öffnen, damit der Druck sinkt. Weniger Druck heißt weniger Kraft, weniger Kraft heißt weniger Drehzahl. Drehte sie sich zu langsam, musste er das Ventil wieder schließen und so weiter. (Während das genau so auch funktionieren würde, wäre es ziemlich dumm, die Dampfmaschine so zu regeln. Wie mir in den Kommentaren auch zurecht gesagt wurde.) Wenn sich die Maschine zu schnell dreht, muss die Dampfzufuhr vom Kessel verringert werden, damit der Druck im Arbeitskolben reduziert wird und damit die Kraft, die die Maschine ausüben kann. Dreht sie sich zu langsam, muss die Dampfzufuhr vom Kessel wieder erhöht werden. Eine äußerst stupide Aufgabe.
Seit 1788 kam deswegen ein Ventil mit Fliehkraftregler zum Einsatz:
So ein Fliehkraftregler tut genau das. Er wird mit der Dampfmaschine verbunden und um so schneller er sich dreht, um so weiter wird das Ventil geschlossen. Um so langsamer sich der Fliehkraftregler dreht, um so mehr wird es geöffnet. Einmal richtig eingestellt, tut die Maschine nun von allein was sie soll. Wird der Maschine mehr Widerstand entgegengesetzt, läuft sie langsamer und mehr Dampf bleibt in der Maschine. Werden mehr Kohlen ins Feuer gebracht und es entsteht mehr Dampf, fängt die Maschine an sich schneller zu drehen, der Regler schließt das Ventil und mehr Dampf und der Druck im verringert sich in der Maschine. Es ist also egal woher die Veränderung kommt, der Regler regelt das schon.
Zumindest regelt er es so lange, wie noch genug Dampfdruck zur Verfügung steht um ausreichend Kraft zu erzeugen. Wenn die Last der Maschine mehr Widerstand bietet als der maximale Dampfdruck überwinden kann, dann kann auch der Fliehkraftregler nichts mehr ausrichten.
Wie macht das ein Kernreaktor?
Ein Kernreaktor braucht keinen Fliehkraftregler um sich selbst zu steuern. Ein Kernreaktor braucht nur die Temperatur. Wenn die Temperatur des Reaktors steigt, wird die Kettenreaktion von allein langsamer. Wenn die Temperatur sinkt, wird sie wieder schneller. Auch das ist eine negative Rückkopplung. Denn um so schneller die Kettenreaktion ist, um so mehr Wärme wird in dem Reaktor freigesetzt, womit die Temperatur steigt.
Die Steuerstäbe sind nicht dafür da, in jedem Moment minutiös die Leistung des Reaktors einzustellen. Es gibt keinen unglaublich wichtigen Menschen, der zu jeder Zeit Steuerstäbe in den Reaktor hinein und hinaus fährt um den Reaktor unter Kontrolle zu halten. Das tut der Reaktor von ganz allein.
Die Steuerstäbe sind nur dafür da einzustellen, auf welcher Leistung sich die Reaktion von selbst einstellen soll. Aber wie genau geht das? Dafür gibt es mehrere Gründe:
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