Ich musste mich entschließen, diesen Artikel zu schreiben. Ich habe lange gezweifelt, ob ich ihn schreiben sollte. Das allein zeigt das Problem. Ja, ich schreibe mit der Schere im Kopf und ich habe keine Lust mehr dazu.

(Eins vorweg: Wer die Kommentare der letzten Tage nicht gelesen hat, braucht diesen Artikel nicht zu lesen.)

Seit Wochen schiebe ich nun schon jede konkrete Diskussion von Kernreaktoren und Kernkraftwerken vor mir her. Um die Entwicklung nuklearer Raketentriebwerke habe ich mich herum gedrückt und sie nur für Insider verständlich verklausuliert angedeutet. Kein konkreter Satz steht irgendwo über eine ganze Reihe von Kernreaktoren die für den Einsatz in Raumsonden und Satelliten entwickelt wurde, um nur nicht die immer gleichen Diskussionen los zu treten.

Die Unsäglichkeit des Missbrauchs der Landwirtschaft zur Brennstofferzeugung habe ich nicht angetastet, weil die Aneinanderreihung der Buzzwörter “nachwachsende erneuerbare Rohstoffe” jede Rücksicht auf Schäden vergessen lässt und die Folgen für die Nahrungsmittelherstellung von Lobbygruppen weitflächig geleugnet werden.

Ich habe nichts über Windkraft geschrieben, weil es dabei unvermeidlich ist hinzuweisen, dass besonders in Ostdeutschland die Grenze des akzeptablen teilweise weit überschritten wurde. Was auch an völlig fehlender Einbeziehung der Bevölkerung liegt. Die hat man schon deswegen nicht gefragt, weil ihr die Windkraftanlagen nicht gehören – die Investoren kommen von außerhalb, in Ostdeutschland gibt es kaum Menschen mit dem nötigen Kapital. Die Bevölkerung lehnt weitere Windkraftanlagen ab, weil sie keinen Nutzen davon hat, aber den Schaden tragen muss. Dazu kommen höhere Strompreise, weil der Netzausbau per Gesetz nicht von den auswärtigen Profiteuren des EEG, sondern von lokalen Netzanbietern geleistet werden muss. Die Ablehnung hat also gute Gründe, aber ich wollte den Artikel nicht schreiben, weil die Diskussion von längst vorgefertigten Meinungen dominiert wird.

Nun habe ich  einen Artikel geschrieben, in dem ich sagte, dass die Bevölkerung keine Solarkraftwerke akzeptieren wird, die hunderte Quadratkilometer bedecken. Ich habe auch die offensichtliche Erkenntnis zum Ausdruck gebracht, dass solche Anlagen einen ökologischen Schaden darstellen (man beachte die sorgsame Aussparung der Landebahn):

solaranlage

Ökologische Schäden wurden nun vehement bestritten und behauptet, das wäre sogar positiv für die Natur. Andere waren der Meinung, dass die Bedeckung Deutschlands mit solchen Anlagen in der Größenordung ganzer Bundesländer vertretbar oder gar die “einzige Alternative” wäre (also keine Alternative). Nun, ich bin strikt gegen eine solche Zukunft und damit nicht im Ansatz allein. Um so mehr solche Anlagen gebaut werden, um so mehr wird der Widerstand wachsen, auch wenn er jetzt noch von Aktivisten und PR-Agenturen mit Hilfe der Presse lächerlich gemacht wird.

Das gleiche gab es schonmal mit der Kernkraft. Kritik wurde unterdrückt und lächerlich gemacht, bis das Pendel in die Gegenrichtung ausschlug. Die “Energiewende” ist längst am äußersten Rand angekommen.

“Was Geht” beschäftigt sich nicht nur mit dem, was technisch machbar ist. Es geht auch darum, an welcher Stelle Machbarkeit in Machbarkeitswahn umschlägt. Dieser Punkt ist hier längst überschritten. Man hätte es merken können, als die sonst so kapitalismuskritischen Grünen in der Debatte um die Kürzung der EEG-Umlage für PV auf zweistellige Renditen für die Käufer von PV-Anlagen bestanden. Reichen Investoren und wohlhabenden Hausbesitzen wurden wenigstens einhundert Milliarden Euro sicherer Profit garantiert, finanziert durch EEG Umlagen. Die Kosten tragen jene, die kein Kapital für die Investitionen hatten. Die bloßen Kosten für die EEG Umlage, die eigentlich kostenneutral hätte sein sollen, geht in die hunderten Milliarden. Kosten für Netzausbau, für stillgelegte, neu gebaute Kraftwerke, für Subventionen, Steuervergünstigungen, Anlegerbetrug, Konkursverschleppung und vieles andere nicht mitgerechnet.

Man hätte es merken können, als man 2010 einer Dürre in Russland und Australien, die zusammen etwa 18Mio Tonnen Weizen vernichtete, die Schuld an steigenden Lebensmittelpreisen auf der Welt gab. Während gleichzeitig allein in den USA 140mio Tonnen Mais zu Ethanol vergoren wurden. Man hätte es merken können, als die “Alternativen Energien” von einer zweiten Möglichkeit zur einzigen Alternative, zur einzigen Möglichkeit, wurden. Sie wurden zu genau dem, aus dessen Ablehnung sie entstanden.

Es ist ironisch, dass nun genau jene dem Machbarkeitswahn verfallen sind, die ihn so lange so sehr kritisiert haben.

Ich lege keine zweite Messlatte an, nur weil etwas als umweltgerecht bezeichnet wird. Es muss sich bewähren, nicht nur dem Namen nach. Ich lege die gleiche Messlatte für alle Formen der Energieerzeugung an. Dabei mögen mir Fehler unterlaufen. In Anbetracht der emotionalen Debatte ist das, aus Erfahrung, zur Zeit sehr viel wahrscheinlicher als sonst.

Ich diskutiere sie gerne. Aber ich diskutiere nicht auf einer Grundlage, bei der das Ergebnis schon vorher feststeht. Also alle Solar- oder Windkraftwerke gegen jede Kritik verteidigt werden müssen oder die Nutzung von Kernkraftwerken mit keinem Argument begründet werden darf. Das war zuletzt spätestens an der Stelle der Fall, als Solarkraftwerke zum wertvollen Ökosystem erklärt wurden und mein Argument, dass ein freies Ökosystem ohne Solarkraftwerk wohl offensichtlich besser wäre, als “ohne sachlichen Grund” abgelehnt wurde.

Es gibt keine Form der Energieerzeugung die ich hier genannt oder im Blog beschrieben habe, die ich generell ablehne. Aber es gibt Grenzen der Möglichkeiten und genau die will ich auch sinnvoll diskutieren können. Das kann ich nicht, wenn schon so offensichliches wie die Tatsache, dass großflächige Solaranlagen einen ökologischen Schaden hinterlassen, zu kleinlichen Streitereien ausarten.

Wer sich von den Aussagen in diesem Artikel angegriffen fühlt, dem rate ich, diesen Blog nicht weiter zu lesen.

Meine Gedanken bewegten sich zuletzt in einer Orwell’schen Wolke, in der ich mich immerzu gefragt habe, welche Gedanken denn nun für einen Artikel statthaft sind und welche nicht. Ob ich denn nun schreiben darf, dass 2+2=4 ist oder ob ich schreiben muss, dass 2+2=5 ist. Ich habe mich selbst zensiert.

Was ich schreibe wird von der Schere im Kopf immer schlechter und meine Laune noch viel mehr. Ich verliere dadurch mehr Leser als ich durch den ständigen Abgleich der Realität mit dem Orwell’sches Paralleluniversum einiger Kommentatoren hier behalte. Also erspart euch Erpressungsversuche vom Schlage eines “dann muss ich aber gehen” und geht einfach.

Ich rate des weiteren davon ab, mir Drogenprobleme zu unterstellen, Grüße aus dem Logikloch zu übersenden oder sonstwie beleidigende Kommentare zu schreiben.

Alle anderen: Danke für eure Leserschaft.

Kommentare (29)

  1. #1 PDDOW
    29. Mai 2015

    Daumen hoch :-)
    Und immer entspannt bleiben!
    Ich lese gerne hier, auch aufgrund der Vielfalt der Themen.
    Gruß und ‘en schönes Wochenende

  2. #2 DasKleineTeilchen
    29. Mai 2015

    respekt! ich ziehe gerade alle mützen vor dir (hüte hab ich ja keine).

    ich grübel seit deinem artikel immer wieder, inwieweit ich positionen angenommen habe, die ich anderen gerne vorgeworfen hatte. inwieweit ich bereits mit kognitiver dissonanz bezüglich EE unterwegs bin/war. an welchen stellen ich mir besonders gerne in die tasche log/lüge.

    gerade erst fiel mir erstmals auf, wie die solarbranche konsequentest ihre angaben *grundsätzlich* in KW/MWp (peak) angibt, und man schon *sehr* suchen muss, bis man auf die reelen durchschnittswerte stösst. ziemlich unredlich, das. ziemlich *beschissen*, das. weia, komm ich mir gerade dämlich vor.

    mannmannmann. meinen ausgesprochenen dank dafür, was du in meine weichen birne angestossen hast.

  3. #3 DasKleineTeilchen
    29. Mai 2015

    keine schere im kopf bitte. ich benehm mich und ich bemerke (endlich) was das für ein verlust wäre, wenn du nicht so schreibst, wie dus solltest und willst. danke nochmalst.

  4. #4 DasKleineTeilchen
    29. Mai 2015

    verdammt, KOMM ich mir dämlich vor!

  5. #5 Peter
    Königs Wusterhausen
    29. Mai 2015

    Danke für diesen Beitrag – das wurde schon lange mal Zeit!!!!
    Natürlich bist Du nicht allein, wenn es um eine vernünftige (also wissenschaftliche) Bewertung der Kern- bzw. PV-Energie geht. Das Problem ist nur, dass in den öffentlichen Medien kaum noch Vernunft zu Wort kommt. Natürlich bist Du nicht der einzige der angesichts dieser “Energiewende” nur noch hilflose Wut empfindet – aber damit ist wenig getan. Bitte mach weiter mit solchen sachlichen, fundierten Beiträgen zur Energieerzeugung – das brauchen wir jetzt besonders dringend. Wenn wir mit der Energiewende so weitermachen, dann können wir auch die Raumfahrt vergessen!

  6. #6 Ludger
    29. Mai 2015

    Kontroverse Diskussionen sind im Internet bisweilen ruppig. Das wirkt manchmal wie Pfeffer. Nimms nicht persönlich. Wenn jemand ein “argumentum ad hominem” benutzt, hat er/sie offenbar kein besseres Argument. Zum Widerlegen der Behauptung 2+2=5 braucht man kein “argumentum ad hominem”. Ansonsten: weiter so aber bitte ohne Schere im Kopf aber mit dickerem Fell.

  7. #7 hsg
    29. Mai 2015

    Auch ich kann nur sagen: Ich bin äußerst dankbar für diesen wundervollen Blog, der mir viele Themen näher bringt. Und das bezieht den Artikel über Solaranlagen mit ein. Nicht immer wird einem bewusst, was für ein Problem mit der Technik tatsächlich bereitet wird und der “ökologische” Mantel verschleiert viel zu sehr, was wirklich dahinter steckt.
    Vielleicht, wenn die Schere im Kopf geschlossen ist, magst du mal einen Artikel über die Solarkraftwerke schreiben, die über einen zentralen Turm in der Mitte des Feldes den Strom erzeugen (sorry, der Fachbegriff fällt mir gerade nicht ein :( ) Die ökologischen Folgen solcher Anlagen ist m.A. noch kritischer zu betrachten.
    Und mich würde interessieren, welche Energieerzeugung für dich in Ordnung wäre.
    Ich weiß, ich will von dir sehr kontroverse Artikel :)
    Aber ich werde auch weiterhin dein Blog lesen, denn er ist einfach zu interessant!

  8. #8 fherb
    29. Mai 2015

    Unbedingt weiter machen und die Ohren steif halte. Wir sollten nicht vergessen, daß die Saat dieser oft hysterischen Debatten ohne Sachkenntnisse darauf beruhen, dass vor wenigen Jahrzehnten Verharmlosungen der Politiker, die die Kernkraft im Sinne von Lobbyisten den Menschen näher bringen sollten und Radioaktivität als unsichtbares Medium sehr viel Potential für Angst bietet. Dazu die militärischen Bedrohungen im Kalten Krieg… Kein Wunder, dass die Reaktionen dementsprechend sind. Dazu kommt, dass die Grünen und eine ganze Reihe Symphatiesanten keine, absolut keine Ahnung von Ökologie in einer Region haben, in der faktisch die gesamte Landschaft inkl. den hier lebenden Tieren und der großen Vielfalt eben durch die intensive Kultur des Menschen so entstanden ist. Hier ist eine Ideologie entstanden, die nichts mit Wissenschaft und Kultur zu tun hat. Um vom jetzigen Standpunkt aus weiter zu kommen, muss alles auf den Tisch und auch fachlich diskutiert werden. Wenige haben ein Gefühl dafür, dass es sich hier im Ganzen um eine hoch komplexe Problematik handelt, die Chaostheorie und die Theorie dynamischer Systeme in den Schatten stellt. Entweder man muss die Kommentarfunktion abstellen, was nicht im Sinne eines Blogs ist oder einfach sämtliche unqualifizierte Kommentare ignorieren. Du als Blogger, damit Du Dich eben nicht wuschig machen lässt und wir Komentatoren, indem wir gar nicht auf Kommentare eingehen, die fern jeglichem Grundlagenwissens sind.

  9. #9 werner
    29. Mai 2015

    Zuallerst einmal: Es ist DEIN Blog, auf dem DEINE Meinung von DIR veröffentlicht wird. Dass nicht jeder damit konform geht liegt in der Natur des Menschen. Es wird heutzutage soviel Blödsinn in den Kommentaren verzapft (und durch das allgegenwärtige Internet auch noch weltweit verbreitet), dass eine eigene Meinung schon fast zum Luxusgut wird. Daher: Solange eine (gerne auch kontorverse) Diskussion sachlich mit nachprüfbaren Argumenten geführt wird:ok. Wenn nicht: Klemm sie ab. Auch wenn dann das “Zensur !”-Geschrei zunimmt. Wie gesagt: Es ist DEIN Blog.,

  10. #10 bugei
    Miriquidi
    29. Mai 2015

    Chapeau!
    Sowohl davor, daß Du diesen Artikel verfasst hast als auch vor Deiner Ansicht zu Diskussionen über die ( Zynismus an) ach so tollen alternativen Energien ( Zynismus aus).
    Ich kommen aus dem Osten ( Miriquidi ist ein altes Wort für eines der Gebirge hier) und kenne die Problematik mit den Windkraftanlagen aus eigener Erfahrung. An manchen Stellen kraust es den Hund mitsamt der Hütte.
    Nebenbei hab ich mein Diplom in Chemie auf dem Gebiet der Siliziumverbindungen gemacht ( Photovoltaik war damals der neueste Schrei) und weiss so in etwa, wieviel Energie man in die Produktion des Siliziums für eine Solarzelle stecken muß, von netten Zwischenprodukten wie chlorierten Silanen mal gar nicht zu reden. Und für was? Für einen Wirkungsgrad von irgendwas bei 10%, wenn ich das gerade richtig im Hinterkopf habe. Ganz prima, begeistert mich immer wieder. Noch mehr, wenn ich dann sehe, wie auf Flächen, die früher mal Wiesen oder Felder waren, plötzlich Solarzellen wachsen. Sowas ist fast so ein toller Anblick wie ein Tagebaurestloch….
    Aber ehe ich micht hier weiter in Rage rede: Ich bin begeistert von Deinem Blog. Mach einfach weiter so und laß Dir von irgendwelchen Dummschwätzern oder Engstirnigen nicht an die Karre pi**en!

  11. #11 Biegemoment
    30. Mai 2015

    Biegemoment, bitte schreib das Kommentar nochmal so, dass es hier keinen Streit gibt. Danke.

  12. #12 MartinB
    30. Mai 2015

    Erst mal: Natürlich solltest du so schreiben, wie du magst, aber ich kann das Gefühl mit der “Schere im Kopf” gut nachvollziehen – geht mir bei anderen Themen genauso (wenn ich mal wieder nur weibliche Formen in nem Text verwende, denke ich auch immer “Oh Mist, darüber regt sich bestimmt wieder irgendwer auf und es gibt ne sinnlose Metadiskussion”).

    Noch was anderes: Gerade bei der Vielzahl der Artikel, die du schreibst, wäre es beim Lesen sehr hilfreich, wenn du die auch verlinken würdest – dann könnte ich die Diskussion zu den Solarkraftwerken jetzt durch einen Klick finden, statt mich durch die Liste deiner Artikel durchzuwühlen…

    • #13 wasgeht
      30. Mai 2015

      Deswegen ist das Posting “Was ging” ganz oben auf der Seite. Dort ist erst einmal fast alles verlinkt, bis zum nächsten derartigen Artikel.

  13. #14 bruno
    30. Mai 2015

    …da bist du ja recht fix an eine grenze des bloggens gestossen ;) da sind sicher noch mehr grenzen zu finden… florian liess und lässt uns seit jahren immer wieder mal daran teilhaben… vermutlich braucht das “dicke fell” eine weile zum wachsen.
    leser zu verlieren und (unsachlich/ unsinnig/ persönlich) angegriffen zu werden – zumal für die mühe die man sich als blogger macht – ist “unspassig”.

    aber das hier ist ja der scienceblog und nicht der wasallehörenwollenblog.

    also hintern steif halten und ohren zusammenkneifen – auch wenn die schiere zahl der leser genugtuung bringt ist die qualität der leser doch auch eine auszeichnung für gelungenes bloggen.
    und grade bei den mainstream-meinungen der “medien” ist doch eine vorbehaltlosere meinungsäusserung samt plausiblen belegen umso wichtiger!
    ich denke – bei allen emotionen – bewegst du damit manchen leser, seine bisherige meinung doch noch einmal zu überdenken…

  14. #15 bruno
    30. Mai 2015

    …meinung zu überdenken…
    mich zum beispiel… da mich dieses energie”zeugs” (wie erzeugung, wende…etc.) weder besonders interessiert noch angeht, kenne ich nur die “diskussionen/ meinungen” der “medien”.
    und das die oft miesest recherchieren und statt dessen lieber nur nachplappern oder sich an reisserischen/ provokanten thesen klammern beweist ja nicht zuletzt der aktuelle “schokoladen-diät-skandal”… (https://www.facebook.com/groups/127048064017801/?ref=ts&fref=ts
    bzw von hier:
    https://scienceblogs.de/geograffitico/2015/05/28/schokoladendiaet-mit-bitterem-nachgeschmack/)

    …mir zuletzt schockierend vor augen geführt, als das ard-journal “kontraste”, das ich für halbwegs plausibel erachtete, in einer sendung zuerst einen beitrag brachte, dass und wie medien “skandale” erschaffen und aufblasen mit unsinniger faktenlage und durch weglassen von relevanten informationen…. … und 5min. später im folgebeitrag (ging um behördliche nutzung von windows-xp – trotz einstellung des ms-supports…) sich genauso so einen “skandal” selbsbasteln mit unsinniger faktenlage und durch weglassen von relevanten informationen….

    umso wichtiger die “alternative” aufarbeitung von themen, auch und gerade gegen den media-mainstream – und auch und gerade mit “alternativer” meinung!

  15. #16 IO
    30. Mai 2015

    “… die sonst so kapitalismuskritischen Grünen”

    Besonders kapitalismuskritisch sind die Grünen schon sehr, sehr lange nicht mehr. Seit mehr als 20 Jahren um genau zu sein:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_von_Bündnis_90/Die_Grünen#Reorganisation_der_Gr.C3.BCnen_und_Auszug_des_linken_Fl.C3.BCgels_.281990.E2.80.931993.29

  16. #17 wereatheist
    30. Mai 2015

    Dein blog gefällt mir überwiegend sehr gut, auch wenn ich wahrscheinlich ziemlich oft nicht Deiner Meinung sein werde (ursprünglich), und mich sicher auch nicht jedesmal überzeugen lassen werde. Aber ich kann Deinen Standpunkt i.d.R. verstehen. Also: nur zu!

  17. #18 Markus
    30. Mai 2015

    Es ist genau das was ich an diesem Blog so liebe, die pragmatische Auseinandersetzung mit dem was geht und was nicht. Es wird nicht gepredigt was gerade hipp ist, oder was gerade politisch korrekt ist.
    Über das Thema Energiewende zu diskutieren fällt mir in unserer Gesellschaft auch schwer, aber die Physik wird wohl Recht behalten. Ich tröste mich immer damit, dass ein Land es ja ausprobieren musste, auch wenn ich die Kosten für das Experiment etwas hoch angesetzt sehe.
    Meine Befürchtung ist, dass der missionarische Eifer der Grünen Bewegung bei uns zu einer ähnlichen Gegenbewegung wie die “Rollin’ COAL” in den USA führen wird. Nur nicht in den supersize-me dimensionen.

    Mach bitte weiter wie bisher, ohne Denkverbote und ohne Rücksicht auf Ersatzreligionen.

    ps: Habe dieses Jahr eine PV Insel Anlage installiert, so ist das eben, wenn man ideologiefrei sein will. Wenn’s geht, warum nicht? Und für manche Nischen ist PV auch nicht verkehrt, das ging aber schon in der Vergangenheit ohne planwirtschaftliche Förderung.

  18. #19 wereatheist
    30. Mai 2015

    Die Physik, die Physik, die hat immer recht :)
    Achtung, etwas OT:
    Ich hatte sowas wie ne Erleuchtung über KKW ausgerechnet durch die sog. “Fukushima-Katastrophe”.
    Wir erinnern uns: ein hochbetagtes KKW wurde von einer vorhersehbaren, wenn auch nicht vorhersagbaren Naturkatastrophe getroffen, für die es irgendwie nicht so recht gewappnet war (criminal negligence).
    Die sympathische Betreiberfirma benahm sich wie der Kapitalist aus einer maoistischen Propagandafibel der 70er Jahre.
    Anschließend ging kaputt, was kaputt gehen konnte. In den Worten Loriots: es hat “puff” gemacht. Mehrmals.
    Die Bilanz: null Strahlentote.
    Einige zehntausend Evakuierte. Damit der zu erwartende Anstieg von Krebserkrankungen statistisch insignifikant bleibt.
    In den nächsten Jahren wird man wohl dekontaminieren. Schon weil die exorbitant hohen Bodenpreise in Japan das attraktiv machen.
    Seitdem denke ich, es wäre besser, die heimischen KKW weiter zu nutzen. Als Reserve, und zum Plutoniumvernichten.
    Was “Wiederaufarbeitung” voraussetzt.
    Sorry für den Riemen.

    • #20 wasgeht
      30. Mai 2015

      Das Thema bespreche ich irgendwann mal, wenn ich auf die (dann vorhandenen) passenden Posts zu Untersuchungen von möglichen Unfällen und Sicherheitsvorkehrungen in Kernkraftwerken verweisen kann.

      Wäre mir jetzt zu viel Aufwand bei der Erklärung.

  19. #21 wereatheist
    31. Mai 2015

    Nochmal etwas OT:
    “Ideologiefrei” Geht Nicht. Wir alle sind von “Ideologie” stark beeinflusst. Leute, die das Gegenteil behaupten, lügen(sich selbst an).

  20. #22 Alderamin
    31. Mai 2015

    @whereatheist

    Bei mir war’s genau umgekehrt. Vor Fukushima war ich ein glühender Anhänger der Kernenergie. Am Tag nach Tschenrobyl (da war ich Anfang der Zwanziger) noch trotzig Tennis im Freien gespielt und natürlich weiterhin Pilze gegessen. Unfähige Sowjets, halt, und die grün-verseuchten Medien.

    Was mir aber erst bei Fukushima klar wurde (mir war vorher völlig klar, dass die das Ruck-Zuck im Griff haben werden): wenn die Brennstäbe nicht dauernd gekühlt werden, wenn aufgrund des Zusammenbruchs der Stromversorgung von außen die Pumpen nicht mehr laufen (ich weiß, dass es Notstromgeneratoren mit Diesel gibt), dann geraten die Kernstäbe außer Kontrolle. Trotz eines Ozeans nebenan schaffte es eine führende Industrienation nicht zu verhindern, dass ein Reaktorgebäude nach dem anderen in die Luft flog. Seitdem bin ich kein Befürworter mehr.

    Fukushima liegt am Meer, ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass der Wind günstig stand und den größten Teil des radioaktiven Materials in den ersten Tag auf’s Meer hinausgeweht hat. Wäre das alles Richtung Tokio gezogen, dann sähe die Bilanz vermutlich ganz anders aus.

    Und neulich las ich in Bild der Wissenschaft (Feburar, S. 16), dass die Wildschweine in Bayern durch das Fressen von Waldpilzen teilweise immer noch ungenießbar sind und man den Tieren besonderes Futter auslegt, damit sie das Cäsium-137 schneller wieder ausscheiden.

    Das Problem ist, dass jegliche Technik immer mal wieder versagt. Flugzeuge stürzen ab, Raketen explodieren, Züge entgleisen, trotz aller Kontrollen. Mal kommen mehrere Faktoren unglücklich zusammen (wir steuern immer mehr über Software: ich komme selbst aus der Branche, es gibt da den Witz, dass eine Gruppe von Software-Entwicklern gefragt wurde, ob sie sich selbst in das Flugzeug setzen würden, für das sie die Software geschrieben hätten; die eine Hälfte verneinte dies vehement, die andere bejahte, weil das Flugzeug dann ja ohnehin nicht abheben würde…), mal versagt der Mensch, mal ist es böse Absicht (Terrorismus, oder Fälle wie neulich Germanwings). Die Frage ist, ob man ein No-Go-Area wie um Tschernobyl mitten in Mitteleuropa im Worst Case in Kauf nehmen will. Selbst wenn man alle Leute schnell genug evakuieren könnte, was bei Großstädten ein Ding der Unmöglichkeit wäre. In Japan haben tausende Menschen ihre Heimat verloren.

    Derweil hoffe ich auf die Kernfusion und bis dahin auf Gas. Und hab’ noch nie Grün gewählt.

    • #23 wasgeht
      31. Mai 2015

      Das Problem mit Fukushima war vor allem ein Problem mit Japan. In Japan hat man 1992 zum ersten mal mit Verhandlungen angefangen, einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten, mit dem die Sicherheit der Kernkraftwerke untersucht werden sollte. Die ersten Gesetze kamen dann 2001 und zu deren Umsetzung gab es 2009 den letzten Bericht. Darin waren dann so bahnbrechende Dinge wie zwei(!) Notstromgeneratoren pro Reaktor vorzuschreiben. Davor gab es in Fukushima Daiichi für die ersten 4 Reaktoren nur 6 Notstromgeneratoren. Bei Reparaturen wurden dann auch schon mal ein oder zwei dieser Generatoren zwischenzeitlich stillgelegt.

      In Deutschland ist ein Minimum von 4 Generatoren pro Reaktor vorgeschrieben, weil man davon ausgeht, dass im Ernstfall immer gerade einer in Wartung ist und einer einen unerkannten Defekt hat und dann immernoch zwei Laufen sollen. (Teilweise sind es mehr als das.) Außerdem ist räumliche Trennung vorgeschrieben, damit nicht alle auf einmal ausfallen, falls ein Flugzeug abstürzt o.ä. – deswegen gibt es teilweise auch 6 Generatoren pro Reaktor. Beim EPR sind 6 Generatoren serienmäßig. 2 im Gebäude und 2 (von Anfang an wasserdicht geplante) Bunker mit jeweils 2 Generatoren auf beiden Seiten des Reaktorgebäudes.

      Kurz: Die Japaner waren in der Gesetzeslage weltweit ganz hinten dran und der Betreiber von Fukushima Daiichi (anders als die Betreiber anderer Kernkraftwerke in Japan) ist nicht über das Gesetz hinaus gegangen.

      Dazu kommt dann eine amerikanische Containment Konstruktion aus den 60er Jahren, die dafür gebaut war, dass im schlimmsten Fall niemand in der Bevölkerung stirbt. Mehr konnte man davon nicht verlangen, die Kontamination der Gegend war damals kein Kriterium. (In den USA gibt es Platz genug und in der Zeit waren die Anforderungen einfach nicht da.)

      An den Containments wurde trotz bekannter Schwächen nichts verändert. Gerade das Mark I Containment war spätestens seit 1975 dafür bekannt, bei einer Kernschmelze in kurzer Zeit undicht zu werden. Kontrovers war nur, welcher Schwachpunkt es zuerst sein würde. (Es wohl auch schon 1966 ein Statement dazu vom Konstrukteur, General Electric, aber ich habe noch keine primäre Quelle dazu gefunden.) Das Problem dabei ist, dass bei der Kernschmelze das Cäsium verdampft und Aerosole (feinen Staub) bildet. Die brauchen einige Stunden um sich abzusetzen (90% alle 8-12 Stunden), wenn das Containment vorher ein großes Leck hat, dann kommen die frei und die Umgebung wird kontaminiert. Mit Containmentsprays geht das auch in 20 Minuten, aber dieses Containment hat keine Sprays, es ist zu klein dafür. Und weil es zu klein ist, wird es auch so schnell undicht.

      1988 wurden in Deutschland und Frankreich Filter für alle Containments vorgeschrieben (auch für die großen Containments von Druckwasserreaktoren, die auch nach einer Kernschmelze viel länger dicht bleiben), in Schweden schon 1980. Das wurde 1988 auf einer internationalen Koferenz in Paris vorgestellt, die Japaner waren dabei und die Delegation hat hinterher das kürzeste Statement aller anwesenden Nationen abgegeben. Es gäbe keine Pläne für solche Filteranlagen. (Übrigens gehörte zu diesen Anlagen auch 1988 schon ein Katalysator, der den Wasserstoff verbrennt und ungefährlich macht.)

      P.S.: Ich habe nur begrenzt viel Zeit zum schreiben am Tag. Bitte seid mir nicht böse, wenn wenigstens ein Teil von diesem Text in einem Artikel landet.

  21. #24 wereatheist
    31. Mai 2015

    Dazu kommt noch die Standortwahl: sowas gehört nicht an die japanische Ostküste (im Westen gibts weniger/ nicht so hohe Tsunamis…)

    • #25 wasgeht
      31. Mai 2015

      Die Tsunamis sind kein Problem für die Kernkraftwerke, sondern ein Problem für Japan. Die Zahl der Toten und Obachlosen durch den Tsunami spricht da eine eindeutige Sprache.

      Es hatte die gleiche Ecke getroffen wie schon 1896 und 1933 und auch 2011 gab es tausende Tote, weil man schlicht nicht daraus gelernt hat. Es gab exakt einen Ort, namens Fudai, in dem eine ausreichend hohe Mauer gebaut wurde und den Ort vor dem Tsunami schützte – der Bürgermeister wurde dafür damals von der Bevölkerung lächerlich gemacht (man kann sich denken, was das für ähnliche Projekte anderswo bedeutet). Heute verehrt man ihn an seinem Grab. Genauso wie denjenigen, der durchgesetzt hat, dass das Kernkraftwerk Onagawa 15m über dem Meer gebaut wurde.

      Die Gefahr war bekannt, aber man hat sie verdrängt und die Städte wieder aufgebaut, ohne darauf zu achten. In einem Land in dem man nicht auf die Sicherheit von Städten achtet, kann es sein, dass es auch bei der Sicherheit von Kernkraftwerken blinde Flecken gibt.

      Es gibt genau an der Stelle ernsthafte gesellschaftliche Probleme in Japan, deshalb spreche ich sie hier an. Es geht nicht darum, Japan als ganzes schlecht zu machen. Jede Gesellschaft hat ernsthafte Stärken und Schwächen – die in Japan genauso wie in Deutschland, den USA, Frankreich oder wo auch immer.

  22. #26 wereatheist
    31. Mai 2015

    @Alderamin:
    Als damals Die-Wolke-von-Tschernob’l in Südbayern ankam, bin ich mit ner Freundin nach einem Konzert in der Alabamahalle (in M) durcg den Gewitterregen gelaufen.
    Das war eine feine Dusche (auch so anfang zwanzig, damals).
    Später habe ich dann schon manchmal Grüne gewählt, bis die mir zu bürgerlich wurden. Heut habe ich noch mehr Probleme mit denen…

  23. #27 Johannes
    1. Juni 2015

    Sehr gut und weiter so!

  24. #28 demolog
    2. Juni 2015

    Solche Probleme sind nicht wirklich neu. Es gibt von jedem Blogger irgendwann einen Artikel, der solches in ähnlicher Weise an/bespricht. Alle beschwören sie, sie würden keine Schere im Kopf haben wollen. Doch das geht nicht. Irgendwas wird immer zensiert im Kopf – leider.

    Das solche Details die Schere im Kopf aktivieren, ist ein Zeichen dafür, dass es in der Kultur ein wichtiges (ungeklärtes) Detail darstellt, welches gelöst zu werden verlangt. Totschweigen ist eine Lösung auf bestimmte Zeit. Und lässt die Zunft (Wissenschaft) in einem schlechtem Licht stehen.
    Das “unangenehme” Thema ist das Zeichen für die Leiche im Keller; von jedem Einzelnen – vor allem eben unseren akademisch gebildeten. Wer sonst soll denn aufklären?

    Aber da tut sich die Welt (und ihre geistigen Eliten) schwer dran. Könnte es sein, dass auch sie nur “idiotes” sind?
    Dafür keinen Entlastungsbonus – denn dieser ist abgegolten durch die angesehene Stellung in Gesellschaften (und die damit verbundenen Vorteile). Leider aber haben gerade diese eine gewisse Pflicht zur Aufklärung und müssen sich solchen Problem-Memen stellen.

    Das Problem mit der response beim Bloggen ist anscheinend jedermans eigenes Ding, mit dem umgegangen werden können muß. Wie oft habe ich eine nicht erwünschte Reaktion auf meine öffentliche Anfrage/Aussage? Oft genug.

    Zur Lösung fehlt das passende Mem im hinterkopf. Hier ist es beschrieben:
    https://www.scilogs.de/engelbart-galaxis/dawkins-memetik-und-kulturelle-evolution/

    und um diess Mem erzustellen, erfordert es Aufklärung. Was sonst. Allerdings unterscheidet sich diese nötige von der derzeitig bestehenden. Denn die derzeitige Aufklärung hat ja die Schere im Kopf nowendig gemacht und ist also nicht hinreichend. Es fehlen also offenbar noch Aufklärungsinhalte.

    Beim Thema erneuerbare Energien fehlt sicher noch die Erkenntnis, dass sie nicht a priori gut sind (ökolgisch und so), aber vor dem fehlt die Erkenntnis (oder ist vergessen worden), dass die Alternative (das fossile Energieerzeugungsding) engere Grenzen hat- etwa die Umweltverschmutzung durch Abgase/Emissionen oder auch: die Recourcenproblematik. Eine stufe darüber stünde die Idee der Unabhängigkeit von global bevorzugter Energieerzeugungsstrategie (fossil gestützt).
    Die Entscheidung zu etaws beinhalet dann auch das bezahlen der Kosten dafür. Hierbei eben den Strompreis und auch die Akzeptanz der ungewohnten Infrastruktur.

    Felder und Wiesen voller Solarpanele (oder ein leistungsfähigeres Stromnetz) sind eben der Preis für eine Unabhängigkeit vom Rohöl, Kohle (ergo Weltmärkten) und für eine sauberere Umwelt/Luft in Ballungsräumen (und damit auch Grundlage für Gesundheit der Bevölkerung). In dieser kleinen Aussage steckt das Mem, welches nötig wäre, die Energieversorgung auf ein ganz neues Fundament zu stellen und es akzeptieren zu können.

    Zum Thema “Atomindustrie” finden sich ebensolch gute Argumete.

    Für mich etwas merkwürdig, dass sich jemand über solche Problematiken beschwert, der mit dem Thema “Atomkraft” (und so) in die Öffentlichkeit geht. Das hätte er vorher wissen können – angesichts derartiger Reizthemen. Und so viel sich die Leute überall darüber auch beschweren, das Problem bleibt dennoch bestehen, solange die Ursache (das Mem und seine Bedingungen) nicht entsprechend angepasst ist.

  25. #29 Mithrandir
    3. Juni 2015

    Ich finde dein Blog auch Klasse. Wie in allen Gebieten gibt es kein Schwarz oder Weiß, die Wahrheit liegt dazwischen.
    Ich habe vor Jahren eine diplomarbeit zum Thema Radionuklidtechnik geschrieben. Damals merkte ich 8re. kurz nach Tschernobyl), dass das Wort Radioaktivität sofort Emotionen hervorruft, die eine sachliche Diskussion unmöglich machen.
    Ich war ein glühender Verfechter der Kernkraft, kann aber mit dem Ausstieg leben, allerdings hätte ich mir das nicht so rigoros gewünscht (war auch wieder schwarz oder weiß statt grau).
    BAer kommt Zeit kommt Rat, kommt mehr Zeit kommt Fahrrad. ;-)
    In diesem sinne: Weiter so