Die Glühbirne hat eine lange Geschichte und es ist absehbar, dass diese Geschichte bald ganz zu Ende sein wird. Was ich durchaus gut finde, denn sie verbraucht unglaublich viel Strom. Nach und nach wird nun der Verkauf neuer Glühbirnen verboten, was ich für eine unglaublich dumme und völlig verfehlte Politik halte.
Dabei gab es auch davor schon Streit um die Glühbirne und ihre Lebensdauer. Wäre es nicht viel besser gewesen, wenn man Glühbirnen mit längerer Lebensdauer als 1000 Stunden gebaut hätte? Man hätte sich den Bau vieler Glühbirnen sparen können! Was zu einer Verschwörung der bösen Industrie aufgebauscht wurde, hatte durchaus gute Gründe.
Die Lebensdauer wurde in der Tat in einem Kartell von Glühlampenherstellern auf 1000 Stunden begrenzt. Das war eine sehr gute Entscheidung. Hätte es das Kartell nicht getan, hätte es der Staat tun sollen. Natürlich, es klingt nach geplanter Obsoleszenz, einer Verschwörung gegen den Verbraucher und ein Komplott mehr Glühbirnen zu verkaufen. Und es ist völlig unbestritten, dass auch viel mehr Glühbirnen verkauft wurden. Das war sicher auch der Grund, der das Kartell erst möglich machte.
Aber warum schreibe ich, dass es ansonsten der Staat hätten tun sollen? Es geht nicht darum, den Glühbirnenherstellern einen Gefallen zu tun. Es ging darum, den Verbrauchern einen Gefallen zu tun und den Stromverbrauch der Gesellschaft als ganzes zu reduzieren.
Damit das einleuchtet, muss man sich vor Augen halten, dass der Energieverbrauch einer Glühbirne hauptsächlich nicht bei der Produktion stattfindet, sondern beim Leuchten. Eine 100W Glühbirne verbraucht 100kWh Strom während ihrer auf etwa 1000 Stunden begrenzten Lebenszeit. Das ist verdammt viel Strom. Die Erzeugung von einer Tonne Stahl braucht etwas mehr als 5000kWh Strom – 100kWh reichen also für etwa 20kg Stahl. Ich empfehle also jedem eine Glühbirne auf einen 20kg Stahlblock zu legen und darüber zu meditieren, ob die Herstellung der Glühbirne mehr oder weniger Energie verbraucht hat.
Man kann es auch anders verdeutlichen. 100kWh Strom kosten selbst bei vor-Energiewende-Preisen von 20ct/kWh ganze 20 Euro. Man hätte sich das Verbot der Glühbirne komplett sparen können, wenn man einfach nur den Preis des in 1000 Stunden verbrauchten Stroms auf jede Packung gedruckt hätte. Die Schockwirkung des Preises wäre in jeder Hinsicht effektiver gewesen, als die Bilder von Lungenkrebs auf Zigarettenpackungen. Auf der 5er Packung 100W Birnen für 4,99 Euro, hätte ein Strompreis von 100 Euro gestanden.
Das Verbot der Glühbirne hat nur wieder alle Vorurteile gegenüber der Politik im allgemeinen und der EU im besonderen bestätigt und damit einen nachhaltigen Schaden angerichtet. Mit der einfachen Maßnahme den Strompreis auf die Packung drucken zu müssen, hätte man das gleiche völlig ohne Widerstand und viel schneller erreicht. Die Leute hätten es sogar begrüßt.
Ok. Aber woher das Loblied auf das Kartell, das die Lebensdauer der Glühbirnen begrenzt hat? Dazu kann man sich den englischen Wikipediaartikel zu Hilfe nehmen, in dem die Zusammenhänge zwischen Lebensdauer und Effizienz von Glühbirnen erklärt werden. Eine vor dem Kartell übliche Glühbirne mit doppelter Lebenszeit, aber gleicher Leuchtstärke wie eine danach übliche 100W Glühbirne, braucht etwa 112W Strom. Nach 2000 Stunden hätte man also 24kWh mehr Strom verbraucht (5kg Stahl oder 4,80 Euro), aber eine Glühbirne eingespart.
Selbst bei Strompreisen von 5ct/kWh wäre die zusätzliche Glühbirne im Einzelhandel billiger gewesen. Für den Verbraucher war es also eine gute Sache und gleichzeitig hat man bei der Beleuchtung über 10% des Stromverbrauchs eingespart.
Stellt sich noch die Frage, wozu das Kartell?
Nun, wie wir alle wissen, wusste praktisch nie jemand, wieviel der Strom kostet den eine Glühbirne verbraucht. Deswegen wäre der Aufdruck auf die Packung auch so wirksam gewesen. Die Herstellung langlebiger Glühbirnen hat aber keinen größeren Aufwand bedeutet, als die Herstellung anderer Glühbirnen. (Eher einen kleineren, weil man dazu ein dickeres Filament verwendet.)
Nun ist man in der Situation, in der ein Käufer nur sieht, was die Glühbirne kostet und wie oft er sie ersetzen muss. Er sieht nur am Ende des Jahres, wieviel Strom er bezahlen muss, aber nicht, woher die Kosten kommen. Wenn jetzt ein Hersteller Glühbirnen verkauft, die länger Leben aber viel mehr Strom kosten, dann hat der einen Vorteil. Die Leute kaufen seine Glühbirnen, weil sie länger Leben und von den (für sie) versteckten Kosten nichts wissen.
Gleichzeitig ist es auch schlecht für alle anderen Glühbirnenhersteller. Sie verkaufen weniger Glühbirnen. Dabei ist der Konkurrent unredlich, weil er Glühbirnen, die den Käufern teuer zu stehen kommen, billig aussehen läßt. Und ganz nebenbei müssen die Leute im Kraftwerk (damals fast immer Kohlekraftwerke) mehr schuften um mehr Strom herzustellen, weil die Leute Glühbirnen kaufen die bei der gleichen Leuchtleistung mehr Strom verbrauchen.
Das ist eine Situation, in der man nach dem Staat rufen kann. Er soll gefälligst dafür sorgen, dass kein Glühbirnenhersteller Glühbirnen herstellt, die unnötig viel Strom verbrauchen. Aber in dem Fall haben die Unternehmer selbst ein Interesse an der Maßnahme. Und deswegen kann man ihnen die Regulierung auch selbst in einem Kartell überlassen und sich sicher sein, dass die Maßnahmen aus purem Eigeninteresse umsetzen. Noch dazu ganz ohne Gesetzgebungsverfahren und staatlicher Bürokratie bei der Überprüfung. (Bürokratie im Unternehmen hingegen schon!)
Hatten die Neoliberalen also recht? Sollte man einfach alles dem Markt überlassen? Nein. Aber nur weil es nicht überall geht, heißt das nicht, dass es nicht im Einzelfall funktioniert. Hier ist so ein Einzelfall in dem es sehr gut funktionierte.
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