Effizienz ist zu einem Wort geworden, das wahlweise Wunderding oder Schimpfwort ist. Zum Wunderding wird es, weenn behauptet wird, das man Energie einsparen kann. Zum Schimpfwort wird es meistens, wenn man sagt, dass man Geld einsparen kann.
Das Problem dabei ist, dass Effizienz ein subjektiver Begriff sein kann. Es geht immer um den Vergleich zwischen dem Aufwand und dem Ergebnis das dabei heraus kommt. Schwierigkeiten gibt es dabei auf beiden Seiten. Was zählt man zum Aufwand und was zählt man zum Ergebnis? Der Begriff findet sich deswegen in allen möglichen Zusammenhängen wieder und kann auch überall eingeführt werden. Egal ob es um die Effizienz eines Motors geht, die Kapitaleffizienz eines Unternehmens oder das effiziente Schreiben eines Blogartikels. (Eine Kunst die ich auch nicht gemeistert habe.)
Je nach dem wie eng oder weit man beides betrachtet, kann man fast jede beliebige Effizienzangabe bekommen. Will man eine möglichst hohe Effizienzangabe ohne etwas an dem System zu verändern, kann man auch einfach das Ergebnis möglichst breit definieren und die Arbeit möglichst eng. Dann kommt man auf eine tolle Effizienz und braucht sonst keinen Finger zu rühren. Leider bringt so ein Ansatz aber auch Probleme mit sich. Und zwar wenn man nicht von außen auf die Effizienz des Systems schaut, sondern von Innen das System verändern will.
Wenn ich als Schreibarbeit nur die Zeit rechne, in der meine Hände die Tastatur berühren, dann bin ich ein unglaublich effizienter Schreiber. Dabei würde ich aber die ganze Zeit außer Acht lassen, in der ich einfach nur über das nachdenke, was ich gerade schreiben möchte. Und die Zeit, in der ich recherchiere. Diese Zeiten sind wesentlich länger und wenn es überhaupt etwas zu ändern gäbe, dann dort.
Ich würde zum völlig falschen Ergebnis kommen, wenn ich ein effizienterer Schreiber werden will. Ich würde versuchen, noch schneller zu tippen, weil die ca. 300 Anschläge/Minute, die ich schaffe, noch lange nicht das Ende der Fahnenstange in der Schnellschreibkunst sind. Ich bezweifle jedoch sehr, dass sich das Schreibergebnis am Ende des Tages mit 400 Anschlägen/Minute deutlich verbessern würde.
Effizienz der Wertschöpfung
Ein ganz ähnliches Denken lag auch hinter der Mode beim Outsourcing in vielen Unternehmen während der 90er und frühen 2000er Jahre. Ein Beispiel ist Boeing, wo ein Angestellter des Unternehmens selbst eine sehr treffende Analyse veröffentlichte. Natürlich ging es dabei nicht um die Maximierung des geschriebenen Textes mit den Fingern an der Tastatur, sondern um die Maximierung der Wertschöpfungsquote.
Das hat man dann versucht, indem man die Unternehmensteile mit besonders niedriger Wertschöpfung ausgegliedert oder an Fremdfirmen übergeben hat. Das sah auf der Bilanz natürlich erst einmal sehr gut aus. Die Wertschöpfung stieg und damit natürlich auch die Profitquote des eigenen Unternehmens. Da lag daran, dass man die Aufgaben die viel Arbeit erfordern, aber in der bis dato gültigen Buchhaltung keinen großen Anteil am Profit zugerechnet bekamen, nun nicht mehr in der Kostenbilanz auftauchten. Stattdessen tauchten sie jetzt in einem anderen Posten auf, nämlich dem für Aufträge an andere Unternehmen. Also nur Zahlenschieberei und sonst alles wie bisher?
Nicht ganz.
Die Vergabe von Aufgaben an Fremdunternehmen verursacht mehr Arbeit. Das eigene Unternehmen muss Aufträge schreiben und vergeben. Das andere Untenehmen muss sie kontrollieren und annehmen. Das eigene Unternehmen muss die Kontrolle übernehmen und so weiter. Und das kann manchmal noch das kleinere Problem sein. (Tatsächlich sind die Fremdunternehmen teilweise direkt in der Fabrik untergebracht um die Koordinationsprobleme zu minimieren.) Das wichtigste Problem ist, dass die anderen Unternehmen das gleiche Ziel haben. Auch sie wollen Profite haben. Es ist egal, ob das was sie tun früher wenig Profit abwarf. Jetzt sind sie ein Unternehmen das eine unentbehrliche Aufgabe erfüllt und sitzen was den Preis angeht am längeren Hebel. Denn die Firma kann es nicht mehr selbst tun. Plötzlich hat man ein Unternehmen mit maximaler Wertschöpfung, das trotzdem Verluste macht.
Heizungen
Manchmal ist es sinnvoll einen Teil des eingesetzten Aufwandes trotzdem zu ignorieren. Aber man muss sehr genau wissen, weshalb man das wozu tut. So verwendet man bei Brennstoffen für Heizungen sehr oft den unteren Heizwert von Brennstoffen. Praktisch alle Brennstoffe bestehen aus Kohlenwasserstoffen (oder es ist Wasserstoff). Wenn man damit heizt, entsteht bei der Verbrennung Wasserdampf. Dieser Wasserdampf könnte noch kondensiert werden, wobei nochmal relativ große Energiemengen frei würden. Bei Heizöl macht das etwa 5% der Energiemenge aus, bei Methan etwa 10% und bei reinem Wasserstoff ungefähr 20%.
In den meisten Heizungkesseln wird diese Wärme nicht genutzt, weil der Wasserdampf mit dem Abgas an die Außenluft abgegeben wird. Nun schauen die meisten Verbraucher nicht die technischen Daten ihrer Heizungen. Genauso wie sie nicht ausrechnen, wieviel der Strom kostet, den eine Glühbirne verbraucht. Wenn man Heizöl und Erdgas strickt nach Brennwert verkauft, dann würden sich bald die Nutzer von Erdgas bald beschweren, dass weniger Wärme in ihrer Wohnung ankommt, als sie bezahlt haben.
Deswegen werden Erdgas und Heizöl nicht nach Brennwert, sondern nach dem unterem Heizwert verkauft. Man tut den Verbrauchern den Gefallen, dass man die ungenutzte Energie, in Form von Wasserdampf, von Anfang an heraus rechnet. Das war auch alles schön und gut, bis erste Anlagen auftauchten, in denen der Wasserdampf nun doch kondensiert und zum Heizen benutzt wurde.
An dem Punkt hätte man bei diesen Anlagen eigentlich sofort zurück zum Brennwert gehen müssen. Denn endlich hatte man Heizungen, die die komplette Energie aus der Verbrennung auch für die Heizung hätten nutzen können. Aber der Heizwert wurde natürlich schon überall inflationär benutzt, so sehr, dass man solche besseren Anlagen als Brennwertkessel bezeichnete. Anstatt also vernünftiger Weise den Brennwert des Brennstoffsanzugeben, machte man lieber Werbung mit höherer Effizienz der Heizung. Die ging dann auch schon mal über 100% hinaus, was für einen Heizkessel vollkommener Blödsinn ist, aber in der Werbung natürlich gut aussieht.
Die Werte über 100% kamen nicht daher, dass mehr Energie entsteht als aus den Brennstoffen selbst heraus kommen kann. Sie kommen daher, dass man einen Teil der Energie früher nicht genutzt hat.
Das mag nun schön und gut sein, wenn man eine Heizung verkaufen will, oder seine Wohnung heizen will. Ein echtes Problem ist es aber, wenn man den Brennstoff selbst erzeugt hat und selbst Energie dafür aufgewendet hat. Dann darf man die Energie die man in Form von Wasserdampf im Abgas verliert nicht mehr ignorieren. Denn es war Teil der Energie die man gebraucht hat, um den Wasserstoff oder das Methan zu erzeugen. Wenn man es nicht tut, kommt man auf merkwürdige Ergebnisse.
Ein Gas- und Dampfkraftwerk kann 50% des Energiegehaltes von Methan oder Wasserstoff in elektrischen Strom umwandeln. Solche Kraftwerke benutzen die Wärme der Abgase einer Gasturbine um Wasserdampf zu erzeugen und damit eine Dampfturbine zu betreiben. Dabei wird selbstverständlich auch der Wasserdampf kondensiert um dessen Energie zu nutzen.
Es gibt nun einige Kreise, die diese Kraftwerke ganz besonders effizient aussehen lassen wollen. Diese Leute benutzten dann nicht den gesamten Energiegehalt des Methans oder des Wasserstoffs als Grundlage für die Effizienzberechnung, sondern den unteren Heizwert. Diese Leute schreiben auch Wikipediaartikel.
Das Resultat ist dann, dass die Effizienz von Gas- und Dampfkraftwerken ohne jede Änderung der Technik, nur durch einen Trick auf dem Papier, steigt. Und zwar bei Erdgas als Brennstoff von etwa 50% auf etwa 60% und bei Verwendung von Wasserstoff als Brennstoff von etwa 50% auf etwa 70%. Man sollte auf keinen Fall den Fehler machen, diesen Werten zu glauben.
Effizienz ist ein Wort, das sehr leicht misbraucht werden kann. Man muss es immer hinterfragen. Und zwar um so gründlicher, um so mehr es die eigenen Ziele, Hoffnungen und Wünsche unterstützt.
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