Wenn man ein Ziel verfolgt, sollte man auf keinen Fall vergessen was sich im Rest der Welt abspielt während man das tut. Das “Plusenergiehaus” und das “Effizienzhaus Plus” gehören genau zu den Dingen, die unbeirrt in eine Richtung entwickelt werden und den Rest der Welt vergessen.
Das wichtigste am Haus ist niemals das Haus. Wäre das Haus das wichtigste, würden Häuser überall stehen und auf keinen Fall auf einem teuren Grundstück. Die drei wichtigsten Kriterien bei Immobilienmaklern sind bekanntlich: die Lage, die Lage und die Lage. Wenn man sich die Vorschläge für die Häuser anschaut, dann bekommt man auch eine Vorstellung dafür, wie die Lage einmal aussehen wird. So, wie hier auf dem Bild der Forschungsinitiative Effizienzhaus-Plus jedenfalls nicht:
Es geht mir hier nicht um die abscheuliche, gänzlich unpraktikable und verlogene Architektur. (Solche Fenster wurden schon oft in modernistischen Häusern verbaut. Noch nie haben sich die Bewohner über die Aussicht gefreut, dass ihr gesamtes Leben für jeden einsehbar sein wird. Von dem ganzen Haus wird nur die eine Hälfte bewohnt die man hier sieht. Die andere ist eine glorifizierte Garage für die Elektroautos und ein Träger für mehr Solarzellen, damit die Werbung stimmt.)
Nein, es geht mir um den Standort. Der kam nicht zustande, indem sich ein normaler Mensch gedacht hat, wo baue ich denn am besten ein Haus hin. Ein Mensch, der wohnen und arbeiten will und das Haus selbst bezahlt. Niemand, der nicht ein viel zu großes Forschungsbudget hat und sich wegen des grünen Anstrichs seiner “Forschung” für seine absurden Ausgaben niemals zurechtfertigen muss, würde so ein Haus bauen. Forschung braucht keinen Architekten der für diesen unpraktikablen Unsinn fraglos zigtausende Euro in Rechnung gestellt hat. Noch dazu steht alles mitten in der Innenstadt, wo Grundstücke unbezahlbar sind.
Überhaupt. Wie sähen wohl die Grundstücke aus, auf denen normale Menschen den Bau eines solchen Hauses in Erwägung ziehen würden, wenn die damit verbundene Zukunftsvision wahr werden würde? Wenn also alle Menschen in solchen Häusern lebten. Dieses Bild von David Shankbone zeigt es wohl am ehesten:
So sieht eine Stadt aus, in der jede Familie ihr eigenes Einfamilienhaus hat. Mit dem Effizienzhausplus hätte man natürlich noch weniger, dafür aber größere Häuser. In der Siedlung würden entsprechend noch weniger Menschen leben. Dabei haben schon diese amerikanischen Suburbs eine dermaßen niedrige Siedlungsdichte, dass sich öffentlicher Nahverkehr nicht lohnt. Es lohnt sich auch nicht, in Laufnähe einen Laden zu haben oder einen Friseur. Es gäbe dafür einfach nicht genug Kunden. Daher kommen wohl auch die Autos in dem Plusenergiehaus – ohne sie kommt man nicht aus. Man sollte also nicht glauben, die Autos wären ein Bonus. Sie sind unverzichtbar.
Genauso unverzichtbar sind natürlich die Straßen. Mit Einfamilienhäusern wird die Fläche der Straßen maximiert, denn jedes Haus muss mit dem Auto erreichbar sein. In dem halbrunden Siedlungsteil unten im Bild stehen knapp 90 Häuser, also 90 Wohnungen. Es hätten auch drei fünfstöckige Wohnhäuser mit je drei Treppenaufgängen sein können. Auf der gleichen Fläche hätten viel mehr Menschen leben können. In einer Großstadt hätte die Siedlung wohl auch eine eigene U-Bahn Station. In jedem Fall aber Einkaufsmöglichkeiten in Laufnähe. Es kommt noch besser: Es bliebe für all diese Menschen auch viel mehr grüne Fläche übrig und sie kämen sogar ohne Auto dort hin.
Eine vernünftige Siedlung bräuchte insgesamt viel weniger Infrastruktur. Egal ob Datenleitungen, Strom, Wasser oder Abwasser. Um so dichter die Menschen leben, um so weniger braucht es von all dem. Das Haus im Grünen ist ein Albtraum für die Umwelt. Es braucht alles das – Straße, Daten, Strom, Wasser, Abwasser in Überlänge. In einem Wohnhaus braucht eine zusätzliche Wohnung eine zusätzliche Abwasserinfrastruktur die aus einem 3m langen Fallrohr besteht. Weiter nichts. Das gleiche gilt auch für den Rest. Ein großes Wohnhaus braucht auch viel weniger Aufwand bei der Dämmung. Die Decke einer Wohnung muss nicht isoliert werden, wenn darüber kein Dach, sondern eine weitere Wohnung istt. Große Mehrfamilienhäuser sind inhärent effizienter als es ein gleichartiges Einfamilienhaus jemals sein könnte. Eine Jahrtausende alte Erkenntnis, die man in Städten auf der ganzen Welt umsetzte, nur an den “Forschern” an Plusenergiehäusern mit ihren Millionenbudgets ging sie offenbar vorbei.
Aber ein großes Mehrfamilienhaus kann kein Plusenergiehaus oder Effizienzhaus Plus sein. Es braucht seine Energie von anderswo. Aber das ist kein Fehler, das ist nicht schlecht. Es wird nur behauptet es wäre ein Makel. Man kann viel freier entscheiden, wie man die Energie dann erzeugt. So ein Plusenergiehaus kann praktisch immer nur für eine Familie gebaut werden. Sie müssen viel mehr Raum einnehmen als ein normales Haus. Sonst reicht die Fläche der Solarzellen am Haus nicht aus. Nur ein viel zu großes Haus kann so viel Energie erzeugen, wie die wenigen Einwohner darin verbrauchen. Das ist aber ein völlig falsches Ziel, denn es wird nebenbei der Energiebedarf, die verbaute Fläche und das nötige Baumaterial maximiert.
Wenn es hier Forschungsbedarf gibt, dann daran wie man das Leben in großen Wohnhäusern attraktiver machen kann. Es gab immer wieder Projekte von Großsiedlungen die gescheitert sind. Aber kaum Forschung daran, weshalb sie scheiterten. Wahrscheinlich liegt es daran, dass man bei dieser Forschung nicht mit Millionenetats um sich werfen und Star-Architekten engagieren kann. Sehr oft scheint es bloße Verwahrlosung zu sein, weil man wegen der wenigen Häuser und der kleinen Fläche die große Zahl der Einwohner unterschätzt. Dabei ist eine Verbesserung der Lebensbedingungen in großen Wohnsiedlungen tatsächlich jeden Aufwand wert. Aber man spricht nicht eine wohlhabende Klientel an. Die heute vom schlechtem Gewissen geplagt werden. Die glauben, jetzt dringend “etwas gutes für die Umwelt” tun zu müssen, in der Hoffnung sich von früheren Sünden rein waschen zu können.
Diese Hausprojekte schreien aus jedem Winkel, dass sie exklusiv für reiche Menschen gebaut werden. Sie haben sich so weit von jeder Lebensrealität entfernt, wie es nur geht. Es hat jeden Spott verdient, den man in diesem Land noch aufbieten kann. Einem Land, in dem man sich schon Jahrzehnte dagegen sperrte einen Mindestlohn einzuführen. In dem die Politik eines Kanzlers, der einen “Niedriglohnsektor auf Weltniveau” haben wollte, noch immer nicht zurückgenommen wurde und dabei Applaus und Unterstützung von seinen grünen Koalitionären bekam.
So wie die meisten der Grünen Projekte sind sie ein Hohn an unserer Gesellschaft. Längst abgehoben, lassen sie den normalen Bürger hinter sich. Viel zu oft schon wurden solche Utopien in Gesetze gegossen, deren Profiteure ausschließlich in den wohlhabendsten Schichten zu finden sind. Man fragt sich, wer soll diese Utopien noch bezahlen?
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